Der überwältigende erste Eindruck vom »Belmond Reid’s Palace« auf Madeira ist im Grunde eine Frage der Perspektive. Auf der Straßenseite, wo heutzutage üblicherweise die Gäste ankommen, wirkt der Zugang fast schon klein, bescheiden und im Grunde etwas zu unspektakulär für eine so berühmte Hotel-Ikone wie diese. Ganz anders sieht es allerdings von der anderen Seite aus, die dem Atlantik zugewandt ist. Den Gästen, die in der Geschichte des Hotels jedoch das Glück hatten, mit dem Boot anzukommen und zum Hotel zu schippern, denen verschlug die Ansicht sicherlich den Atem: Das »Reid’s Palace« thront tatsächlich majestätisch wie ein Palast auf den schroffen Felsen der steil abfallenden Küste im Süden der portugiesischen Insel. Schon aus der Ferne ist dabei die Farbe erkennbar: ein Blickfang in Pink! Und überhaupt: Was für eine Lage für einen Palast wie diesen, der vor mehr als 130 Jahren eröffnet wurde!

Die Idee, dieses Hotel an genau dieser außergewöhnlichen Stelle zu errichten, hatte damals der Sohn eines schottischen Farmers: William Reid. Bereits im Alter von 14 Jahren verließ er sein Zuhause, landete Jahre später auf der Insel und zog dort unterschiedliche Geschäfte auf – mit Erfolg. Doch dabei sollte es nicht bleiben, denn er hatte eben noch die Vision für dieses besondere Hotel, in dem die Gäste nach ihrer Ankunft im Boot von Trägern in Hängematten die steile Küste ganz komfortabel hochgetragen werden sollten – und setzte alles daran, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Die Fertigstellung des Baus allerdings erlebte er nicht mehr. Reid starb kurz davor. Glücklicherweise sprangen seine zwei Söhne ein, vollendeten 1891 seinen Hotel-Traum und machten »Reid’s Palace« zu dem, was es bis heute geblieben ist.

Adelige und Berühmtheiten

Schnell zog dieses luxuriöse Refugium damals europäischen Adel an, der in dem Haus ein- und ausging. Auch zahlreiche Berühmtheiten aus der ganzen Welt ließen sich über die Jahrzehnte in eleganter Atmosphäre verwöhnen. John Huston und Gregory Peck erholten sich einst im »Reid’s Palace«, als sie nach Madeira kamen, um Walfang-Szenen für den Klassiker »Moby Dick« zu drehen. Der Autor George Bernard Shaw soll hier gelernt haben, Tango zu tanzen. Winston Churchill hingegen schrieb an seinen Memoiren und verbrachte Zeit mit der Malerei. Heute noch ist eine Suite nach dem britischen Regierungschef benannt. Nach wie vor zieht dieses Fünf-Sterne-Ausnahmehotel mit zeitloser Eleganz, genialer Lage und erstklassigem Service ein illustres Publikum an.

Die Kulinarik ist dem Haus entsprechend angemessen hochkarätig. Ein Klassiker im »Reid’s Palace« und eine Feier britischer Tradition ist der Afternoon Tea. Jeden Nachmittag kann man sich in der Lounge oder an einem schattigen Platz auf der Tea Terrace mit weitem Blick über den Atlantik diese opulente Auszeit nehmen. Zunächst wird ein Glas Champagner serviert, auf das erst die Finger-Sandwiches und dann die Scones mit Clotted Cream und Marmelade folgen. Zur Krönung schließlich gibt es eine Etagère mit feinster Pâtisserie, ganz so wie man sie bei den besten Adressen für Nachmittagstee in London bekommt.

Darüber hinaus gibt es noch das hervorragende italienische Restaurant »Villa Cipriani« und das »William«, das die kulinarische Königsklasse zelebriert. Benannt nach dem Hotelgründer, gehört es zur Spitzengastro­nomie auf Madeira und ist eines von zwei Michelin-Stern-prämierten Restaurants auf der Insel. Verantwortlich für den Stern ist Luís Pestana, Chefkoch und gebürtiger Insulaner. »Wir möchten Sie heute auf eine Reise über die Insel mitnehmen«, sagt der Kellner verheißungsvoll zu Beginn des Degustationsmenüs, das die Gaumen der Gäste mit der traditionellen Küche und den Produkten Madeiras verwöhnt. Jedes Gericht basiert dabei in irgendeiner Weise auf Kindheitserinnerungen Pestanas und ist typisch für die Insel, aber auf ungewohnte Weise zubereitet – mit Raffinesse und internationalen Einflüssen.

Die Jahreszeit, zu der man das »Reid’s Palace« besucht, ist im Grunde egal. Das Hotel befindet sich sprichwörtlich im ewigen Frühling. Denn die portugiesische Insel war damals schon für viele Urlauber eine willkommene Flucht aus dem grauen, kalten Winter weiter im Norden und ist das bis ­heute auch geblieben. Schließlich hat Madeira, von den Wellen des Atlantiks umspült und etwas mehr als 500 Kilometer von der afrikanischen Küste entfernt, das ganze Jahr über ein subtropisches Klima und milde Temperaturen. Dabei sind weite Teile der bergigen Landschaft mit üppigem Grün bewachsen. Um eine opulente Natur zu erleben, muss man das »Reid’s Palace« aber gar nicht mal verlassen. Das Hotel wird von Büschen, Blumen, Bäumen sattgrün umrankt: in Form eines wunderschönen, subtropischen, botanischen Gartens, der zu Spazierauszeiten in angenehmer Ruhe einlädt.

Atemberaubende Ausblicke

Das »Reid’s Palace« befindet sich an der stärker besiedelten Südküste Madeiras. Knapp zwei Kilometer vom Zentrum Funchals entfernt und damit etwas am Rande der Inselhauptstadt, die sich wie ein Amphitheater vom Meer hoch in die Berge erstreckt. Schaut man von den Terrassen oder vom Garten des Hotels Richtung Osten, sieht man am Abend ihr Meer an funkelnden Lichtern. Über die Jahrzehnte sind in der direkten Nachbarschaft auch noch weitere, teils sehr hochkarätige Hotels entstanden. Keines aber atmet die Vergangenheit so sehr wie das »Reid’s Palace«.

Vergangene Frischzellenkuren durch Renovierungsarbeiten haben an der Essenz des Hotels kaum etwas verändert. Nach wie vor strahlt das Haus überall seine klassische Eleganz aus – mit einem kräftigen Dash an Britishness. Egal, wo man sich dabei aufhält, der Atlantik dominiert oft die atemberaubenden, mitunter dramatischen Ausblicke. Von vielen der Zimmer und Suiten natürlich. Von den Restaurants, Terrassen und Pools ebenso.

Zwei Pools gibt es auf höher gelegenen Terrassen für eine willkommene Abkühlung und ein weiteres Becken auf Höhe des Meeresspiegels am Fuße der Klippen. Wer im Atlantik baden möchte, hat zudem direkten Zugang zum Meer und eine Aussicht auf das legendäre Hotel. Man muss dafür also nicht unbedingt mit dem Boot ankommen.

Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.