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Max Natmessnig verlässt München: »Ich habe mich für ein ganzes Leben im ›Alois‹ gesehen«

Nach nur einem Jahr und zwei Sternen verlässt Max Natmessnig das »Alois« in München. Gemeinsam mit seiner Frau zieht er zurück nach New York, wo er ab Oktober das »Chef’s Table at Brooklyn Fare« übernimmt. Ein Wechsel, den niemand hat kommen sehen.

Wie Falstaff bereits Mitte August berichtete, verabschiedet sich Max Natmessnig vom »Alois« in München. Zum Interview trifft man sich in den Büroräumen von »Dallmayr«. Die Natmessnigs wirken als sei das Gespräch ein Pflichttermin, etwas, das man hinter sich bringen muss, um endlich wieder zum Wesentlichen zurückzukommen: dem Kochen. Während der Unterhaltung verfestigt sich der Eindruck, dass es die beiden stört, dass es in der vergangenen Zeit so viel Gerede um den Wechsel gab, um ihre Person, wo es doch darum gehen sollte, was die beiden können.

Falstaff: Sie sind jetzt seit einem Jahr im »Alois«, wurden direkt mit zwei Sternen ausgezeichnet – und haben sich jetzt dafür entschieden zu gehen. Das hat viele überrascht.

Max Natmessnig: Überraschend kam das auch für uns.

Inwiefern?

Es hat sich die Möglichkeit ergeben, dass ich den »Chef’s Table at Brooklyn Fare« übernehmen kann. Ein Restaurant das ich schon kenne. Genau wie mein Partner, mit dem ich ab Oktober dort Küchenchef sein werde.

Sie werden das Restaurant mit Marco Prins führen.

Wir kennen uns schon seit dreizehn Jahren. Wir haben schon gemeinsam im »Oud Sluis« gearbeitet und seitdem verbindet uns eine super Freundschaft. Als ich damals nach New York gegangen bin, ist er auch rüber. Ich ins »Nomad«, er ins alte »Brooklyn Fare«. Da hat er mich dann reingebracht. Und dann hat uns Cesar Ramirez mit ins neue »Brooklyn Fare« nach Manhatten genommen.

Das heißt Sie kennen sich aus?

Wir kennen die Produzenten und Händler, kennen das Restaurant. Aber die Entscheidung hat auch sehr viel mit meiner Frau zu tun, die Amerikanerin ist. Wir waren jetzt sieben Jahre lang hier. Da ist die Sehnsucht nach ihren Freunden und der Heimat gewachsen. Also spielte beides in die Entscheidung hinein.

Werden Sie auch im »Chef’s Table« anfangen, Frau Roberts-Natmessnig?

Bekkah Roberts-Natmessnig: Ja, als Service Director.

Das klingt als sei es eine Entscheidung für das »Chef’s Table« gewesen und nicht gegen das »Alois«.

Max Natmessnig: Wie meinen Sie das?

Sie wollten nicht weg, sondern haben ein Angebot vorgelegt bekommen das Sie vor eine schwierige Wahl stellt.

Absolut. Ich habe mich für ein ganzes Leben im »Alois« gesehen. Mit den Top-Produkten mit denen wir hier arbeiten können, mit dem Wissen der Geschäftsführer. So etwas gibt’s in Europa sonst nicht. In der Welt gibt’s sowas nicht. Wo man so einen tollen Feinkostladen hat, der nicht nur eine Geschichte, sondern auch eine Zukunft hat. Das war immer schon ein Traum von mir, in so einem Haus arbeiten zu dürfen. Dann ist es wahr geworden und wir haben uns hier sau wohl gefühlt. Aber diese Opportunity kam wie aus dem Nichts, wir waren total überrascht. Keine leichte Entscheidung, das kann ich Ihnen gleich sagen.

Das klingt so.

Weil ich halt auch einer bin, der sich durch seine Arbeit erst dann wirklich bestätigt fühlt, wenn man das eine längere Zeit macht. Je länger man an einem Ort arbeitet, desto mehr Glaubwürdigkeit hat man.

Und jetzt gehen Sie schon nach einem.

Ja. Davor war ich fünf Jahre lang in der »Roten Wand«, davor vier Jahre im »Chef’s Table« – weil mir das wichtig ist. Dann hat man einen Kundenstamm, kennt seine Gäste. Insofern habe ich diese Entscheidung sehr ungern getroffen.

Wie geht es im »Alois« ohne Sie weiter?

Das Team wird hier bleiben und meine Stilistik weiterführen. Der bisherige Sous-Chef, Miguel Marquez, wird als interims Lösung die Küche übernehmen, bis dann ein Nachfolger gefunden wird.

Aber der wird gesucht?

Ja.

Cesar Ramirez, der bisher das »Chef’s Table« als Küchenchef führte, steht derzeit in einem Rechtsstreit mit den Betreibern des Restaurants, in dem es um nicht gezahlte Gehälter gehen soll. Haben Sie Angst, dass Sie dort in ein chaotisches Gefüge geraten werden?

Überhaupt nicht. Wir kennen den Eigentümer, haben uns auch schon öfter mit ihm getroffen und das alles besprochen. Und ich habe vollstes Vertrauen, dass es stimmt, was er sagt: Er will einen Neustart. Wir kümmern uns nicht darum, sondern dass wir gutes Essen kochen und zeigen, was wir drauf haben.

Spannend, dass Sie sich dazu entschieden haben, das »Chef’s Table« zu zweit zu führen.

Das ist für uns keine große Sache.

Nein?

Nein, wir haben auch schon ein Menü geschrieben, sind im ständigen Austausch. Ich sehe das als etwas Positives. Da sind riesige Schuhe zu füllen, da bin ich froh, das nicht allein tun zu müssen.

Ihr Menü steht schon? Wollen Sie verraten, was Ihre Gäste erwarten wird?

Seine wie meine DNA ist im Menü, wir arbeiten mit den besten Produkten aus Japan, Alaska, Pilze aus Oregon. Der Eigentümer will nochmal eine Schippe drauflegen mit der Produktqualität und zeigen, was möglich ist.

Worauf freuen Sie sich in New York, Frau Roberts-Natmessnig?

Bekkah Roberts-Natmessnig: Ich freue mich auf meine Freunde. Es war keine leichte Entscheidung damals, 2017, nach Lech zu ziehen. Und die Arbeit war auch immer toll. Aber es ist sehr schwierig außerhalb davon Beziehung zu knüpfen. Und natürlich freue ich mich auch auf meine Familie.

Wie haben Sie die Zeit in München wahrgenommen?

Bekkah Roberts-Natmessnig: Ich hätte gerne ein paar Jahre mehr hier verbracht. In dem Jahr, das wir hier verbracht haben, waren wir fast ausschließlich damit beschäftigt uns das »Alois« anzueignen, uns daheim einzurichten. Für mehr fehlt jetzt die Zeit.

War das Jahr Zeit genug, um als Serviceleitung die Stammgäste richtig kennenzulernen?

Bekkah Roberts-Natmessnig: Auf jeden Fall! Das »Alois« lebt nicht nur vom Team, sondern auch von den Gästen. Wir haben so viele Stammgäste, die sicher alle zwei Wochen kommen. Und die waren nicht nur in unserem vergangenen Jahr hier, sondern in den letzten fünf, zehn Jahren. Die sind mitgegangen: Über die Kunz-Jahre zu dem Natmessnig-Jahr. Das ist die größte Ehre, wenn man das schafft.

Ein Teil Ihres Jobs ist es, Erfahrungen, die Sie in einem Restaurant gesammelt haben, in das nächste zu tragen, in dem Sie arbeiten werden. Was werden Sie vom »Alois« mitnehmen?

Bekkah Roberts-Natmessnig: Das ist immer schwer im Vorhinein zu sagen. Aber ich habe sehr viel über den Service-Flow hier gelernt, über das Tempo, mit dem man die Gänge und auch Getränke zum Gast bringt. Und natürlich die Kultur: die deutsche genau wie die österreichische.

 

 


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Moritz Hackl
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