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Schweiz: Die Käse-Nation

Die Schweiz ist Heimat einiger der bekanntesten Käse der Welt. Egal, ob mit Löchern oder ohne, ob mild und cremig oder rezent und intensiv, Käseliebhaber finden in der Schweiz unzählige, charakterstarke regionale Spezialitäten.

Rund 80 Prozent des Kulturlandes der Schweiz sind für Ackerbau ungeeignet und lassen sich nur mit Tierhaltung bewirtschaften. Ohne Kühe und Rinder würde das Grasland verwildern, die Flächen gingen ver­loren, weshalb die Viehwirtschaft in der Schweiz schon immer von immenser Bedeutung ist. Funde aus der Jungsteinzeit belegen, dass schon zu dieser Zeit auf dem Gebiet der heutigen Schweiz Viehzucht ­betrieben wurde. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die Menschen schon ­damals tierische Milch nutzten und auch nach Wegen suchten, um das verderbliche Nahrungsmittel haltbar zu machen.

Jahrhunderte lang wurde in der Schweiz wie in den Nachbarländern vor ­allem Sauermilchkäse hergestellt Käse, für dessen Herstellung es kein grosses Können braucht und der vor allem der Selbstversorgung diente. Das Wissen um die Herstellung von süssen Käsen, also Käsen, für welche die Milch nicht mehr sauer werden musste, kam mit den Römern in die Alpengebiete. Aus dieser Zeit stammt auch die erste ­Beschreibung des römischen Historikers Plinius des Älteren eines «Caseus Helveticus». Ab dem 16. Jahrhundert waren es vor allem norditalienische Hirten und Senner aus dem Kanton Freiburg, die das von den Römern hinüber gerettete Wissen um die Käseherstellung in den Schweizer Alpen verbreiteten. Richtig in Fahrt kamen diese Herstellungstechniken während des Dreissigjährigen Kriegs, der von 1618 bis 1648 wütete. Während damals die landwirtschaftliche Infrastruktur in grossen Teilen Europas zerstört wurde, blieb die Schweiz vom Krieg verschont. Zu jener Zeit entstanden die bis heute bekannten harten, würzigen und dadurch exportfähigen Schweizer Käse wie etwa Gruyère und Sbrinz.

Die Kunst der Käseherstellung, wie wir sie heute kennen, brachten die Römer in den Alpenraum. »Caesus Helveticus« ist seit damals ein Begriff.

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Schweizer Exportschlager

Bereits im 17. Jahrhundert wurden diese Hartkäse im grossen Stil verschifft – bis hinauf nach Holland und hinunter an die französische Mittelmeerküste. Die Nachfrage war damals gross, denn die Marinen der Niederländer und Franzosen hatten die Schweizer Käse als vitaminreiche Nahrung für ihre Seeleute entdeckt. Nach dem Dreissigjährigen Krieg wanderten viele Schweizer aus und bauten in Teilen Frankreichs und Deutschlands die Milch- und Käseindustrie wieder auf. Mit ihnen verbreitete sich das Schweizer Käsewissen weit über die Landesgrenzen der Eid­genossenschaft hinaus. Im 19. Jahrhundert, der Zeit der Argrarindustrialisierung, brachte die Schweiz viele neue und heute bekannte Käse hervor: den grosslochigen Emmentaler beispielsweise, der sich aus dem «Gruyère de l’Emmental» entwickelte, und Vacherin Mont d’Or, dessen Herstellung damals im Jura startete. Mit der heute noch gebräuchlichen Gewürzsulz fanden auch die Appenzeller damals eine Lösung, ihre Käse qualitativ zu standar­disieren und so exportfähig zu machen.

Beliebt seit eh und je

Während der ersten wirtschaftlichen Krisen des Industriezeitalters ab 1870 wanderten viele Schweizer in die USA, das russische Reich, Slowenien, aber auch nach Österreich aus. Sie trugen mit dazu bei, dass typische Schweizer Käse heute noch in fast allen Teilen der Welt produziert werden. Die jahrhundertelange Vormachtstellung als Käsenation verlor die Eidgenossenschaft zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Damals wurde das planwirtschaftliche Kontroll- und Vermarktungsorgan namens Schweizer Käseunion gegründet, das begann, Käse in Form von Raclette und Fondue weltweit zu vermarkten – äusserst erfolgreich, aber zu Lasten der Steuerzahler, die diese Exporte über Jahrzehnte hinweg mit Millionen von Franken subventionierten. Mit dem Ende der Käseunion in den 1990er-Jahren entwickelte sich die Schweiz jedoch sehr schnell wieder hin zu einem von Diversität geprägten Käseland, das viele regionale Spezialitäten aufweist, die im In- wie im Ausland überaus beliebt sind. Pro Jahr konsumieren Schweizerinnen und Schweizer rund 23 Kilogramm Käse pro Kopf, knapp 40 Prozent der gesamten Schweizer Käseproduktion beglücken jedoch die Gaumen von Käseliebhabern in aller Welt.

Das Käsefondue ist heute ein Schweizer Nationalgericht. Seine Popularität verdankt es einer Werbekampagne in den 1950er-Jahren.
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Das Käsefondue ist heute ein Schweizer Nationalgericht. Seine Popularität verdankt es einer Werbekampagne in den 1950er-Jahren.

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Dominik Vombach
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