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Sushi wie in Japan: Vom Omakase-Menü um Hunderte Dollar bis zur exzentrischen Sake-Party

Außerhalb der japanischen Inseln gibt es nirgendwo eine bessere Auswahl an hochwertigem Sushi als in der Ostküsten-Metropole. Derzeit halten 13 New Yorker Sushi-Restaurants einen Michelin-Stern.

Was ist es, das uns an säuerlichem Reis in Zimmertemperatur und rohem Fisch nur so fasziniert? Der amerikanische Journalist und Autor Trevor Corson (geb. 1969) gibt in seinem preisgekrönten Buch »The Story of Sushi« spannende Einblicke in diese japanische Spezialität. Was als Konservierungsmethode begann – in gekochtem Reis fermentierter Fisch hält bis zu einem Jahr lang –, ist seit den 1980er-Jahren ein fester Bestandteil der amerikanischen Restaurantszene. Damals waren generell viele Produkte aus Japan im Westen schwer angesagt und galten als modern: Autos, Unterhaltungselektronik, Musik – und eben auch das Essen.

In New York haben sich sogar einige Sushi-Lokale aus dieser ersten Zeit gehalten: Das älteste heißt »Hatsuhana« und liegt zwischen Fifth und Madison Avenue. Seit 1976 versteht es sich als eine Art kulinarische Botschaft und serviert hochwertige Spezialitäten in ungezwungener Atmosphäre. Auch das 1984 eröffnete »Hasaki« pflegt seine Tradition – bei schönem Wetter im Zen-Garten im Freien. Bei beiden liegt der Preis für ein Verkostungsmenü bei rund hundert Dollar (zzgl. Steuern und Trinkgeld). Das ist üblich in den Sushi-yas der Mittelklasse, doch nach oben hin gibt es kaum Grenzen …

Foto beigestellt

OMG-Omakase

Derzeit halten 13 New Yorker Sushi-Restaurants einen Michelin-Stern, und eines trägt sogar drei Sterne. In dieser Kategorie sind 400 Dollar und mehr für ein Menü mittlerweile Standard. Nur wenige kulinarische Erlebnisse genießen so hohen Respekt wie »Omakase« – das japanische Äquivalent zum Verkostungsmenü. Das Wort bedeutet »Ich überlasse es Ihnen«. Wer es bei der Bestellung ausspricht, legt sein Glück also in die Hände des Kochs – pardon: des »Itamae«.

Von den Hunderten Sushi-Meistern im Big Apple hat es einer auf den Zenit geschafft: Masayoshi »Masa« Takayama (geb. 1954). Sein Omakase-Tempel im Deutsche Bank Center (ehemals Time Warner Center) besteht seit 2004. Die 400-Dollar-Grenze wurde dort längst überschritten – das Omakase kostet 750 Dollar zuzüglich Getränke und Steuern; für weitere 200 Dollar mehr darf man dabei an der Sushi-Theke aus japanischem Zypressenholz Platz nehmen, die jeden Tag abgeschliffen wird.

Wurden ob der (auch finanziellen) Ex­travaganz in den ersten Jahren noch Köpfe geschüttelt, gilt das Restaurant spätestens seit der Zuteilung von drei Sternen (als erstes japanisches Restaurant in den USA) als Traumziel für Gourmets. Sein Signature-Gericht namens »Toro Caviar« enthält Tatar vom fettigen Thunfischbauch mit einer feinen Limettennote, Osietra-Kaviar und knusprig gegrilltem Milchbrot.

Maki trifft Malz

Die Sushi-Kunst in New York City hat sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder den Gegebenheiten und den Erwartungen der Gäste angepasst. Während traditionelle Methoden in manchen Lokalen unantastbar sind, wagen andere den Schritt in ungewohnte Richtungen. Ein Trend geht etwa zur Kombination von Sushi mit speziellen Getränken. Standen bisher die Häppchen im Mittelpunkt des Geschehens, werden ihnen die Drinks mancherorts ebenbürtig. So ist es etwa bei »Moody Tongue Sushi« in Greenwich Village. Dabei handelt es sich um einen Ableger der kulinarischen Brauerei »Moody Tongue« aus Chicago, die als weltweit erstes Gastro-Pub sensationelle zwei Sterne geschafft hat. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die Sushi-Bar, die erst im Februar erstmals ihre schwere schwarze Holztür geöffnet hat. Für die Nigiri zeichnet Hiromi Iwakiri verantwortlich, den seine 25-jährige Karriere in bekannte New Yorker Adressen wie »Hirohisa« geführt hat. Das 15-Gänge-Menü wird von Bieren des Hauses begleitet, und für knapp 200 Dollar ist die Kombination ein Schnäppchen. Es können aber auch kürzere Menüs sowie Gerichte nach Karte bestellt werden. Schon drei Monate nach der Eröffnung hat der Guide Michelin dieses Konzept bemerkt: Das Lokal wird in der heurigen Ausgabe empfohlen, einen Stern hat es aber – noch? – nicht.

© Evan Sung

Hat jemand Sake gesagt?

Ungleich wilder und exzentrischer geht es bei »Sushi on Me« zu: Der Adresse in Queens ist Omakase nicht so heilig wie anderen Restaurants. Die hochwertigen Häppchen werden von »bottomless Sake« begleitet, und so geht das Dinner an der Theke nahtlos in eine Party über.

Und seit 2021 bietet das »Sushi Lab Rooftop« eine ansprechende Kombination aus Sushi und Cocktails mit Namen wie »Strawberry Geisha« und »Spicy Toki«. Für hundert Dollar ist das »Lab Experiment«-Menü mit 15 Gängen ein faires Angebot – zumal man dabei eine einmalige Location genießt: Das Lokal befindet sich nämlich auf dem Dach des exklusiven Boutiquehotels »Sanctuary« am Times Square. Bei schönem Wetter sitzt man dort unter freiem Himmel. Die Atmo­sphäre in dieser kleinen Oase am Abend, umgeben von unzähligen Lichtern, ist einmalig. Dort bezeugt man, dass New York tatsächlich niemals schläft – und offenbar auch von Sushi niemals genug bekommt.


Restaurants – High End

Masa***
Omakase mit OMG-Faktor: Masa Takayamas Erfolgsrestaurant am Central Park feiert nächstes Jahr sein 20-jähriges Bestehen.

10 Columbus Circle, 10019 New York
T: +1 212 8239800, masanyc.com

Shion 69 Leonard Street*
Dieses ruhige Sushi-ya hat nur acht Sitze. Küchenchef Shion Uino bezieht Fisch und Meeresfrüchte aus seiner Heimatstadt Amakusa.

69 Leonard St, NY 10013
T: +1 212 4044600, 69leonardstreet.com

Sushi Nakazawa*
Der Küchenchef dieses 2013 eröffneten Restaurants, Daisuke Nakazawa, ist dafür bekannt, dass er in Tokios dreisternigem »Sukiyabashi Jiro« lernte und in der Dokumentation »Jiro und das beste Sushi der Welt« mitwirkte.

23 Commerce Street, New York, 10014
T: +1 212 9242212, sushinakazawa.com

Sushi Noz*
Das Lokal im Stil eines alten Tempels bildet einen festlichen Rahmen um das Menü mit über 20 -Gängen. Die Eleganz passt zur Location in der Upper East Side.

181 East 78th Street, NY 10075
T: +1 917 3381792, sushinoz.com

Yoshino*
Seit der Eröffnung im Jahr 2021 hat das Restaurant von Tadashi »Edowan« Yoshida Kultstatus. Bis 2018 hatte er Japans bestes Sushi-Lokal außerhalb der Hauptstadt geführt.

342 Bowery, New York, 10012
T: +1 917 4441988, yoshinonewyork.com

weitere restaurants

Hatsuhana
Dieses Restaurant hält sich seit 1976, was es zu New Yorks ältestem bestehenden Sushi-ya macht.

19 East 48th Street, New York 10017
T: +1 212 3553345, hatsuhana.com

Hasaki
Diese Institution mit ähnlich langer Geschichte (1984 eröffnet) liegt passenderweise im Viertel Little Tokyo.

210 East 9th St, NY 10003
T: +1 212 4733327, hasakinyc.com/menu

Moody Tongue Sushi
Diese Symbiose aus Brau- und Sushi-Kunst ist eine vielversprechende Neueröffnung von 2023.

150 West 10th Street, New York, 10014
moodytongue.com

Moko
Für 75 Dollar ist das 15-Gänge-Omakase in diesem 2021 eröffneten Lokal ein Schnäppchen.

138 2nd Ave, New York, NY 10003.
T: +1 856 3046681, mokonyc.com

Sushi Lab Rooftop
Auf dem Dach des Hotels »Sanctuary« liegt dieses ganzjährig geöffnete Sushi-Lokal für Kenner. Es verfolgt einen modernen Zugang und ergänzt das Essen mit handwerklich zubereiteten Cocktails.

132 W 47th Street, 10036 New York
T: +1 212 4320000, sushilab.com

Ume
An dieser hippen Adresse in Brooklyn sitzt man traditionell am Boden. Im Sommer lockt der lauschige Hintergarten.

237 Kent Ave, NY 11249
umenewyork.com

Geido
Ein weiteres hervorragendes Lokal in Brooklyn, das Sushi nach Karte, Platten für zwei und auch Omakase anbietet.

331 Flatbush Ave, NY 11217
T: +1 718 6388866, geido.nyc

Sushi on Me
New Yorker Exzentrik gefällig? Dieses Lokal in Queens kombiniert Omakase-Genuss mit Vorglühen. Das Essen wird von »bottomless Sake« begleitet – also Reiswein ohne Ende.

71-26 Roosevelt Ave, Queens, NY 11372
T: +1 917 8215598, instagram.com/sushionmenyc/?hl=en


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Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2023

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Lisa Arnold
Autor
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