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Alberto Stella: «Als Sizilianer bin ich sensibler als meine toskanischen Kollegen»

Seit 2019 leitet der junge Winzer die Geschicke des Weinguts «Castello di Meleto». Mit Falstaff hat Alberto Stella über frischen Wind für das fast 800-jährige Anwesen im Chianti Classico, das Besondere am Parabuio und die Trends der Toskana gesprochen.

Falstaff: Sie sind ursprünglich Sizilianer. Wie sind Sie ins Chianti Classico gekommen?

Alberto Stella: Meine Familie ist, als ich 12 war, nach Verona umgezogen. Dort begann auch meine Liebe zum Wein, mit Amarone della Valpolicella. Ich beschloss, in Trento Önologie zu studieren. Anschliessend arbeitete ich ein paar Jahre in Sizilien, in der Toskana und im Ausland. Als ich wieder zurück in Verona war, bekam ich das Angebot von Castello di Meleto.

Ich fing im August 2019 an, dort zu arbeiten und hatte nur 15 Tage Zeit, mich auf die Ernte vorzubereiten. Es war für mich ein Sprung ins kalte Wasser. Um das Terroir zu verstehen, kaufte ich Weine aus der ganzen Chianti Classico Region. Ich sah riesiges Potenzial! Besonders schön waren aber die Weine des «Castello di Meleto». Ich merkte, dass wir sehr gute Lagen besitzen.

Es ist Herbst, Erntezeit. Wie sieht der «Castello di Meleto» Jahrgang 2023 aus?

Dieses Jahr hatten wir grosse Probleme mit falschem Mehltau, einer Pilzerkrankung. Wir unternahmen viel, um unsere Rebberge zu schützen, verloren aber trotzdem 10 bis 15 Prozent der Ernte. Vor allem beim Merlot, der etwas empfindlicher darauf reagiert als Sangiovese. Wir sind froh, dass wir es trotz des biologischen Rebbaus, den wir praktizieren, geschafft haben, die Verluste klein zu halten. Qualitativ schaut die Ernte aber sehr gut aus, wenn das Wetter schön bleibt, sollte auch 2023 ein hervorragender Jahrgang werden!

Wie Sie selbst erwähnt haben, ist das Weingut seit ein paar Jahren biologisch zertifiziert. Wie kam es zu diesem Entscheid? Welche weiteren Entwicklungen zeigen sich bei Castello di Meleto?

Ja genau, wir sind seit 2021 biologisch zertifiziert. Wir wollten, dass unsere Reben ihr Terroir besser reflektieren und widerstandsfähiger werden, damit sie auch in schwierigen Jahren gute Trauben liefern. Das ist heute besonders wichtig wegen des Klimawandels. Dazu brauchen wir gesunde Böden; die Wurzeln sollen tiefer gehen, um Wasser zu finden. Wir möchten unsere Rebberge 60 oder 70 Jahre wachsen lassen, anstatt sie alle 30 oder 40 Jahre neu zu bepflanzen, wie sie es auch in Frankreich machen. So werden die Weine besser und lagerfähiger.

Auch haben wir, seit ich 2019 angefangen habe, festgestellt, dass sich in einiger unserer Parzellen hervorragende Früchte verstecken und daraus unsere Sangiovese-Lagenweine «Casi», «Poggiarso» und «Trebbio» gekeltert. Früher machten wir daraus unsere «Riserva». Unser Lagen-Merlot «Parabuio» gibt es bereits seit 2018.

Was ist denn das Besondere am Parabuio? Sonst produzieren Sie fast nur Weine aus Sangiovese.

Er wächst im drei Hektar grossen Parabuio-Rebberg, einem ganz besonderen Ort. Er befindet sich mitten im Wald, unter dem Dorf Vertine. Es ist dort schattig, ein Fluss fliesst am unteren Teil des Rebbergs vorbei, er ist also kühl und feucht. Warum die Leute in den 90er-Jahren beschlossen, dort Merlot anzupflanzen, weiss ich nicht. Die Beziehung zwischen Merlot und diesem Ort ist aber magisch! Die Trauben können wir hier lange hängen lassen, sie trocknen nie aus. So erreichen sie eine optimale Reife. Wir ernten an drei oder vier verschiedenen Tagen. Die Gärung findet in kleinen Tanks statt, mit wilden Hefen, aber temperaturkontrolliert. Nach dem biologischen Säureabbau kommt der Wein für 18 Monate in neue Holzfässer mit leichtem Röstgrad. Die Herstellung des «Parabuio» erfordert viel Organisation und Feingefühl. Aber ich bin ja Sizilianer und deswegen sensibler als meine toskanischen Kollegen (lacht)!

Was sind heute allgemeine Trends und Bewegungen in der Toskana?

Ich sehe gerade einen grossen Trend zur Reduktion, weniger ist mehr. So arbeiten wir auch im Castello di Meleto seit ein paar Jahren. Für mich ist das Terroir wie ein Fussabdruck: Arbeitet man im Rebberg zu intensiv, dann wird er schwächer. Dasselbe passiert, wenn man im Keller zu viel Eichenholz verwendet oder die Weine zu sehr extrahiert.

Es wird heute wieder öfter reinsortiger Sangiovese gekeltert. Ein Barrique ist für mich zu intensiv für diesen, er braucht grosses Holz, um seine Identität zu bewahren; zwischen 3000 und 5000 Litern. Meiner Meinung nach geht heute das ganze Chianti Classico in diese Richtung, aber auch andere Regionen.

Parabuio

Seit 2018 stellt Castello di Meleto diesen besonderen Lagenwein aus Merlot her. Im ersten Jahrgang wurden davon nur 3900 Flaschen abgefüllt. «Parabuio» ist in der Schweiz exklusiv erhältlich in den Schuler Vinotheken.

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Larissa Graf
Larissa Graf
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