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Bauernproteste: Wie bringt man Landwirten Wertschätzung entgegen

Florian Klenk ist Autor des Buchs »Bauer und Bobo«. Im Interview erzählt er, was Bauern von Kunden erwarten, warum Landwirte das derzeitige System als eine strukturelle Benachteiligung empfinden – und warum »Boutique-Bauernhöfe« die Lösung sein könnten.

Falstaff: Herr Klenk, viele Menschen sind verwundert über das Ausmaß der Wut, das in den Bauernprotesten zum Ausdruck kommt. Wie erklären Sie sich die aktuellen Proteste?

Florian Klenk: Ich habe das Glück, dass mich mittlerweile eine Freundschaft mit dem Bergbauern Bachler verbindet, mit dem ich auch das Buch »Der Bauer und der Bobo« geschrieben habe. Deshalb bekomme ich immer mal wieder mit, was in den Whatsapp-Gruppen der Bauern los ist.

Und?

Der Agrardiesel scheint eine Art Kipppunkt gewesen zu sein. Die Bauern haben das Gefühl, seitens der Regierung immer mehr und mehr Regulierungen aufgebrummt zu bekommen und gleichzeitig müssen sie dabei zusehen, wie landwirtschaftliche Produkte importiert werden – aus Ländern, die weder die gleichen Auflagen noch die damit einhergehend gleichen Belastungen haben. Diese Landwirte empfinden das derzeitige System als eine strukturelle Benachteiligung. Der Bauer muss auf einem Weltmarkt bestehen und bekommt gleichzeitig Auflagen, die man sich nur in einer Wohlstandsgesellschaft wie unseren leisten kann und will.

Haben Sie ein Beispiel?

Der Bachler spitzt das zu auf den Punkt, dass es sich für ihn eher lohnen würde, er kaufte ukrainisches Schweinefleisch und vertreibe das, als selbst Schweine zu züchten.

Auf dem europäischen Markt wird also zu völlig unterschiedlichen Bedingungen produziert.

Und dieser Umstand führt dazu, dass sich die Landwirte mit der grundlegenden Arbeit, die sie tun, nicht gesehen fühlen.

 

Wenn sie nicht ins Luxussegment gehen, wenn sie nicht Boutique-Bauernhöfe werden, rollt die Industriewalze durch.

 

Es ist aber auch schwierig, die Arbeit der Bauern zu sehen, wenn sie durch den Supermarkt oder Discounter versteckt wird.

Schon. Es gibt aber heute so viele Möglichkeiten wie noch nie, mit denen die Bauern mit ihren Kunden in Kontakt treten können. Ob sie zum Beispiel einen eigenen Onlineshop haben, eine Whatsapp-Gruppe, über die sie ihre Ware anbieten oder einen Hofladen. Die Bauern befinden sich heute in der gleichen Situation, wie die Handwerker, Anfang des 20. Jahrhunderts.

Inwiefern?

Wenn sie nicht ins Luxussegment gehen, wenn sie nicht Boutique-Bauernhöfe werden, rollt die Industriewalze durch. Dann wird Fleisch oder Getreide industriell produziert, da können Bauern nicht mithalten. Die städtische Bevölkerung interessiert sich für die Verhältnisse von Kleinbauern eigentlich überhaupt nicht.

Was könnte man dagegen tun, wie dafür sorgen, dass die Arbeit der Bauern die Wertschätzung bekommt, die sie verdient?

Wir erleben eine Werbung für landwirtschaftliche Arbeit, die ein Klischee ist. Die Konsumenten haben überhaupt kein Problembewusstsein. Das Fleisch wird immer billiger, niemand hinterfragt das. Es braucht eine Kennzeichnungspflicht von der Politik, dass Supermärkte und Restaurants transparent machen müssen, woher ihr Fleisch stammt, wie die Tiere gehalten und geschlachtet wurden. Dann würde sich etwas ändern. Dann braucht es eine Regelung für transparente Ställe. Warum müssen Tierschützer mit versteckten Kameras die Missstände aufdecken, warum gibt es keine Pflicht zur Transparenz seitens der Bauern?

Und was können Konsumenten machen, um Bauern mehr Wertschätzung entgegenzubringen?

Also erstmal sollte man schauen, wo es Bauernhöfe in der Nähe gibt und da mal hinfahren. Wer seinen Bauern kennt, der will wahrscheinlich keine Billigprodukte mehr kaufen. Einerseits liegt das an der Qualität, andererseits wächst so ganz schnell die Wertschätzung. Fleisch darf man eh nicht im Supermarkt kaufen. Dann kann man sich eine Liste anlegen von Nahversorgern. Wenn man sich damit beschäftigt, findet man sie überall. Und ganz wichtig: Man sollte nicht beim Bauern im Hofladen anfangen zu handeln. Das hat etwas mit Respekt zu tun, dass man die Preise, die der angibt, akzeptiert. Und wenn man das macht, sollte man sich letztlich auch Gedanken zur eigenen Ernährung machen, niemand braucht täglich Fleisch und die Zeit, in der das Schnitzel links und rechts über den Teller hing, ist auch vorbei.

 

© Christopher Mavric / Piper Verlag

Florian Klenk, Jahrgang 1973, ist Jurist und Journalist. Seit 2012 ist er Chefredakteur der liberalen Wiener Wochenzeitung Falter. 2023 erschien sein Buch »Bauer und Bobo« im Piper Verlag.

Bauer und Bobo – Wie aus Wut Freundschaft wurde
Florian Klenk
erschienen am 27.04.2023
Piper Taschenbuch
160 Seiten
ISBN: 978-3-492-31919-5
12 Euro


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Moritz Hackl
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