Ein Blick in den Bremer Ratskeller.

Ein Blick in den Bremer Ratskeller.
© Momentkonserve Bernd Langer

Bremer Weinkeller versteigert 1921er »Goldbeerenauslese«

Zum hundertsten Jahrestag eines Jahrhundertweins versteigert der Bremer Ratskeller eine Flasche 1921er Niersteiner Pettenthal allerfeinste Goldbeerenauslese.

Am 6. Juni ist Welterbetag. Am Abend vor diesem Datum findet im Bremer Ratskeller, dem selbst der Rang eines UNESCO-Weltkulturerbes zu eigen ist, eine Online-Versteigerung statt, die bereits weltweit Aufsehen erregt: Aus der Schatzkammer hat Ratskellermeister Karl-Josef Krötz eine außergewöhnliche 0,7-Liter-Flasche zur Auktion freigegeben, einen genau 100 Jahre alten edelsüßen Wein aus der Niersteiner Lage Pettent(h)al.

»Zweite Terrasse« spezifiziert das Etikett des Weinguts Bürgermeister Anton Balbach Erben. Das Weingut Balbach existiert heute nicht mehr, 1996 konnte Fritz Hasselbach vom Weingut Gunderloch die prestigereichen Weinberge dieses Betriebs übernehmen. Die zweite Terrasse existiert aber natürlich immer noch, und gilt nach wie vor als eines der Filetstücke dieser rheinhessischen Spitzenlage mit ihrem rotliegenden Tonschieferboden.

»Vor der Flurbereinigung hat das allerdings anders ausgesehen als heute«

sagt Agnes Hasselbach, »damals waren noch Weinbergsmauern im Hang«. Und ihr Sohn Johannes Hasselbach, der heute für diese Weinberge zuständig ist, ergänzt: »Die Parzelle ist heute das Herzstück für unser Großes Gewächs, weil sie in der Hangmitte noch genug Feinboden hat, um nicht allzu trocken zu stehen, so bringen die Weine eine ideale Balance aus Steinigkeit und Kraft.« Dazu komme, so Hasselbach, dass die Parzelle zu den eher kühlen Teilstücken des Pettenthal gehöre: »Durch die Flanke des Brudersberg liegt auch immer etwas Schatten auf den Reben, in einem heißen und trockenen Jahr wie 1921 war das sicher ein großer Vorzug.«

1921er Niersteiner Pettenthal  »Goldbeerenauslese«
© Momentkonserve Bernd Langer
1921er Niersteiner Pettenthal  »Goldbeerenauslese«

Spannende Bedingungen also für einen edelsüßen Wein, den man sich vermutlich wie eine Trockenbeerenauslese ohne allzuviel Botrytis vorstellen muss. Die Bezeichnung »allerfeinste Goldbeerenauslese« ist heute nicht mehr in Gebrauch. »Was für eine wunderbare Sprache«, begeistert sich Ratskellermeister Karl-Josef Krötz im Telefonat mit Falstaff. Der Ausdruck führe einem sehr plastisch vor Augen, wie die Trockenbeeren in diesem Jahrhundertjahrgang 1921 wohl ausgesehen hätten. Durch eine Hitzewelle, die von Juni bis August dauerte, entstanden damals Weine, die zu den großen Legenden des 20. Jahrhunderts gehören. Elixiere von größter Konzentration und Balance. Auch die erste Trockenbeerenauslese (unter dieser Bezeichnung und im heutigen Sinne) wurde 1921 erzeugt, an der Mosel vom Weingut Dr. Thanisch aus dem Doctor zu Bernkastel.

Der Bremer Ratskellermeister Karl-Josef Krötz
© Momentkonserve Bernd Langer
Der Bremer Ratskellermeister Karl-Josef Krötz

Wer auf die Rarität mitbieten möchte, kann sich über die E-mail-Adresse schatzkammer@ratskeller.de für die Versteigerung registrieren lassen. Gebote sind dann schriftlich bis 5. Juni, 16 Uhr möglich, oder live am selben Tage ab 18 Uhr. Der Ausrufpreis liegt bei äußerst moderat angesetzten 500,– Euro, man muss jedoch kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass der Hammer erst bei einem Vielfachen dieses Betrags fallen wird.

Weitere Informationen, auch zum Ablauf und den Bedingungen der Versteigerung, finden sich hier. Ein Live-Stream der Versteigerung wird unter www.bremer-welterbetage.de zu sehen sein.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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