© Thorsten Jochim

Catering: Große Bühne für kleine Gerichte

Spektakuläre Auftritte, Food-Shows und wahnwitzige Logistik im Hintergrund: Das Geschäft rund ums Catering wird immer pompöser. Und wohin gehen die Trends? Eine Analyse.

Mit großem Reichtum lassen sich verrückte Dinge anstellen. Man kann ­wieder spielen wie ein Kind. Zum Beispiel am Geburtstag. Ein krachendes Fest feiern, seine besten, sagen wir, 200 Freunde einladen und ein ganzes Wochenende Spaß haben. Für den Abend lässt man sich ein Motto einfallen, zum Beispiel Spanien. Dann kommt Ulrich Dahlmann ins Spiel. Er schickt sein Team zum Geburtstagskind und lässt im Garten kleine spanische Bars aufbauen, in denen es frisch zubereitete, originale kleine Tapas gibt. Am Morgen danach steht ein Hendlwagen bereit, für den deftigen Brunch gegen den Kater. Ein solcher Geburtstagsspaß kostet dann vielleicht so viel wie ein Reihenhaus, aber warum nicht?

Träume wahr machen

Ulrich Dahlmann, 47, erfüllt Träume – auch ein Szenario wie im Einstieg hat er bereits erlebt. Manchmal ist es ein romantisches Dinner für zwei, mit Tellerkreationen, die locker mit denen von Sterneköchen mithalten können. Mal ist es eine Hochzeit für 500 Leute, bei der das Paar mit dem Hubschrauber eingeflogen wird. Ein Kunde besitzt ein Chalet in den Alpen und wünscht sich eine Party mit Kitzbühel-Atmosphäre? Kein Problem, Dahlmann schickt seine Mannschaft hin und organisiert ein Winter-BBQ. Kellner mit Fellmützen servieren kleine Häppchen auf Holzscheiben, dazu legt ein DJ auf. Weitere ­Extrawünsche? Jederzeit möglich.
Selbst in der verrückten Welt des Event-Caterings ist der Job von Dahlmann nicht alltäglich. Er hat Karl Lagerfeld bewirtet, Top-Manager mit ihren Gattinnen, er hat ein Bühnendinner in der Bayerischen Staatsoper ausgerichtet und kennt sämtliche Luxusfirmen zwischen Bugatti und Bulgari. Für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans baut er mit seiner Mannschaft ein temporäres VIP-Restaurant auf der Strecke auf, das jeden Tag sechs Vorspeisen, acht Hauptgänge und fünf Desserts anbietet. Und zwar auf einem Niveau, um das ihn manche Sterneköche beneiden würden.
In den vergangenen Jahren hat sich ein extrem spezialisiertes Catering-Segment entwickelt, das insbesondere auf die Oberschicht abzielt. Dahlmann ist so gut, dass er auf seinem Terrain kaum jemanden fürchten muss. Durchschnittlich betreute er im vergangenen Jahr mehr als zehn Veranstaltungen pro Jahr, sein Umsatz betrug 10 Millionen Euro. Das ist wenig im Vergleich zu anderen deutschen Größen wie Käfer, Kofler & Kompanie oder Kuffler, die teilweise Umsätze im dreistelligen Millionenbereich machen. Für Dahlmann ist die Sache trotzdem klar. Auf die Frage, ob er weiter wachsen will, sagt er: »Blödsinn, wir brauchen kein Office in Berlin.«

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Bevor er 2007 zusammen mit seiner Frau Evelyn seine eigene Firma gründete, hatte Dahlmann Erfahrung bei einem anderen großen Spieler der Branche gesammelt: Er arbeitete als Deutschland-Chef für den österreichischen Catering-Giganten Do & Co, der in Deutschland nur noch für Großkunden catert, etwa in der Münchner Allianz-Arena oder beim Springreit-Turnier Aachen.
»Kochen ist auch bei großen Mengen kein Fließbandjob, man schmeckt die Leidenschaft heraus, das ist eine Tatsache«, sagt Attila Dogudan, der Vorstandsvorsitzende von Do & Co. Das börsennotierte Cateringunternehmen mit Sitz in Wien zählt mit einem Umsatz von rund 900 Millionen Euro pro Jahr international zu den Größen der Branche. Weltweit sind 11.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Einer davon ist Gerit Quintus. Als Do&-Co-Küchenchef ist der Salzburger unter anderem für die Formel-1-Caterings verantwortlich. Shanghai, Melbourne, Montreal –gute 150 Tage im Jahr ist er im Auftrag des perfekten Genusserlebnisses unterwegs. »Egal, wo auf der Welt wir ein Event becatern dürfen, unsere Ansprüche sind immer dieselben: qualitativ höchstwertige Ware, jedes Essen wird von null weg frisch produziert. Und das weltweit«, sagt Quintus, der zuvor etwa im »Carpe Diem« in
der Salzburger Getreidegasse werkte. Köche wie er, sind längst heiß begehrt am hart umkämpf­ten Markt der Caterer.
Insbesondere im absoluten Premium-Bereich macht ein Koch den Unterschied – Essen ist in diesen Kreisen zu einem Statussymbol geworden. So wundert es nicht, dass Kooperationen mit Sterneköchen geläufig sind: Der Frankfurter Anbieter FPS Catering kooperiert mit Klaus Erfort, bei Dahlmann kommen häufig Spitzenköche zu Inhouse-Workshops, um das Kochteam auf den aktuellsten Stand zu bringen. Anderswo nehmen die Küchenchefs es gleich selbst in die Hand: Der Hamburger Zwei-Sterne-Koch Karlheinz Hauser oder Harald Rüssel von der Mosel haben neben ihrem Stammgeschäft mit dem Catering noch ein weiteres Standbein erschaffen. Rüssel setzt dann seine Vorstellung von produktorientierter Regionalküche um, Hauser fliegt auf Wunsch sogar ins Ausland.

Trend zur Nachhaltigkeit

Immer geht es darum, in einem hochindividuellen Markt einen eigenständigen Auftritt zu absolvieren. »Mit einer Veranstaltung unterstützen wir die Persönlichkeit des Gastgebers«, sagt Jutta Kirberg, deren Unternehmen in Köln ebenfalls zu den großen Spielern gehört. »Standards sind nicht mehr gefragt, sondern es geht darum, das Besondere zu erschaffen.« Die Herkunft der Zutaten sei deshalb enorm in den Vordergrund gerückt, bestätigt auch Richard Schmitz, Vertriebsleiter von Kuffler Catering: »Nachhaltigkeit ist ein großes Thema geworden.« Ulrich Dahlmann bringt deshalb manchmal Schnaps und aromatischen Saft vom Obsthof seiner Eltern zu Veranstaltungen mit. Mehr Bio geht nicht.


»Durch die Brille des Gasts sehen«

Catering-Papst Michael Käfer spricht im Interview über bayerisches Bier in Marokko und den perfekten Gastgeber.
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Catering-Papst Michael Käfer spricht im Interview über bayerisches Bier in Marokko und den perfekten Gastgeber.

FALSTAFF: Lieber Herr Käfer, Sie sind Profi. Was zeichnet einen guten Gastgeber aus?
Michael Käfer: Ein guter Gastgeber freut sich erst einmal wahnsinnig, dass seine Gäste kommen, und zeigt das auch. Bei Geburtstagsfeiern sage ich oft: Mach es doch andersrum und schenk deinen Gästen eine Kleinigkeit. Eine Lieblings-CD oder irgendwas Kleines, das nicht teuer, aber persönlich ist. Dann spielt die Sitzordnung natürlich eine wichtige Rolle. Die richtigen Gäste muss man nebeneinandersetzen, um die Kommunikation zu steuern. Wir machen neuerdings die Tische so schmal wie möglich, dann sitzen die Gäste extrem nebeneinander und unterhalten sich mehr.
Was ist Ihr Eindruck, was essen die Leute momentan am liebsten?
Es gibt den Trend zum normalen Essen, aber das richtig perfekt gemacht. Ohne viel Chichi, gar nicht kompliziert. Es dürfen ruhig Karotten oder Wirsing sein, nicht unbedingt exotisch. Aber die Karotten müssen dann auch nach Karotten schmecken, und das Fleisch darf keine beliebige Massenware sein.
Wie gelingen aufwendige Inszenierungen?
Man braucht eine genaue Planung bis ins letzte Detail. Ein Beispiel: Ich habe letztens ein wunderschönes Fest in Marrakesch gemacht für eine bayerische Runde. Mit Kamelreiten und so weiter. Eine Viertelstunde später stand ein bayerisches Festzelt mitten in der Wüste. Da war das größte Problem, bayerisches Bier ins Land zu bringen, weil es so schwierig ist, das einzuführen. Umgekehrt könnten wir auch in München das perfekte marokkanische Essen organisieren.
Sie sind seit 23 Jahren allein verantwortlich fürs Catering, sind Sie noch aufgeregt vor Veranstaltungen?
Ja, vor jeder! Es gibt keine Veranstaltung, bei der ich vorher nicht leicht nervös bin – wie ein Schauspieler, der Lampenfieber hat. Wir haben eine Irrsinns-Verantwortung. Für unsere Gäste ist es ja ein ganz besonderer Tag, egal ob für Privatpersonen oder für Unternehmen. Hochzeit, Taufe, das macht man nicht so oft. Oder es wird ein neues Produkt vorgestellt oder ein Firmenjubiläum – da stecken viel Mühe und Geld dahinter. Mir ist ganz wichtig, dass man die Themen durch die Brille des Gastes sieht.


Tipps & Adressen

Überregionale Anbieter
Celebrate Streetfood
Insbesondere eine jüngere Foodie-Zielgruppe interessiert sich für das Angebot von »Celebrate Streetfood«: Mit ihren individuellen Foodtrucks bedienen die Frankfurter unkonventionelle Wünsche zwischen Hot Dog, BBQ und Pizza.
T: +49 69 348774986, www.celebratestreetfood.de
Broich
Eines der traditionsreichsten Catering-Unternehmen in Deutschland. Georg W. Broich hat viel Erfahrung mit Businesscatering gesammelt, bietet seine Dienste aber auch für private Feiern an. Das Food-Angebot ist divers und reicht von rheinischer Küche bis hin zu asiatisch inspirierten Tellern.
Böhlerstraße 1, 40667 Meerbusch
T:+49 211 602030, www.broich.catering
Dahlmann
Für das, was Ulrich Dahlmann macht, gibt es nur eine Bezeichnung: absolutes Top-Niveau. Der erfahrene Caterer richtet sich an eine Premium-Kundschaft und bringt bundesweit Haute Cuisine in Privathäuser und zu Großveranstaltungen.  
Mies-van-der-Rohe-Straße 4, 80807 München
T: +49 89 30658980, www.dahlmann-catering.de
Dallmayr
Wichtiges Standbein neben dem Feinkostgeschäft und dem Gourmetrestaurant bildet das Catering. Mehr als 800 Veranstaltungen im Jahr liefern einen reichen Erfahrungsschatz.
Dienerstr. 14–15, 80331 München
T: +49 89 2135 383, www.dallmayr.com
Käfer
Vermutlich Deutschlands bekanntester Caterer: Käfer ist nach wie vor eine solide Anlaufstelle für Feiern aller Art. Vor mehr als 50 Jahren als Partyservice gegründet, ist das Unternehmen mittlerweile einer der größten Spieler am Markt.
Trogerstraße 48, 81675 München
T: +49 89 4168235, www.feinkost-kaefer.de/catering
Kirberg
Von Köln aus steuert Jutta Kirberg die Geschicke des Premium-Caterers, der sich sowohl an Privatleute wie auch an Unternehmen richtet. Regelmäßige Kochworkshops mit Koryphäen wie Nils Henkel schulen die eigene Mannschaft.
Deutz-Mülheimer-Str. 109, 51063 Köln
T: +49 221 2848200, www.kirberg-catering.de
Kofler & Kompanie
Der ehemalige Springreiter Klaus Peter Kofler entwickelte sein Unternehmen zu einem der Branchenführer, immer wieder fällt er mit spektakulären Veranstaltungen auf. Die Zusammenarbeit mit renommierten Köchen gehört zum Ablauf.
Linkstraße 12, 10785 Berlin
T: +49 30 2592890, www.koflerkompanie.com
Kuffler
Der Fullservice-Anbieter hat Standorte in München, Wiesbaden und Frankfurt, von denen aus er bundesweit agiert. Privat- und Geschäftskunden zählen gleichermaßen zur Klientel.  
Residenzstraße 12, 80333 München
T: +49 89 2907050, www.kuffler.de
Süllberg – Karlheinz Hauser
Wenn gewünscht, fliegt Sternekoch Karlheinz Hauser für Caterings auch ins Ausland. Üblicher sind Veranstaltungen hierzulande, die mit einer großen kulinarischen Bandbreite abgedeckt werden.
Süllbergterrasse 12, 22587 Hamburg
T: +49 40 86625235

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Regionale Anbieter
Bean & Beluga
Für Dresden und Umgebung ist das Catering von Spitzenkoch Stefan Hermann erste Wahl, auch weitere Anfahrten nimmt man in Kauf. Das Angebot reicht von Gourmet-Catering bis zu klassischer ­gutbürgerlicher Küche.  
Bautzner Landstr. 32, 01324 Dresden
T: +49 351 44008800, www.bean-and-beluga.de
Esskultur
Die Stuttgarter Spezialisten für Fingerfood richten sich an ein Publikum »zwischen fünf und 5000 Personen«. Auf Wunsch bringen sie Cocktail-Experten oder Spitzenköche mit auf Veranstaltungen.
Kranstr. 8, 70499 Stuttgart
T: +49 711 76100520, www.esskultur.biz
FPS Catering
Das Frankfurter Unternehmen bietet seine Services für den Großraum Rhein-Main an. Auf Anfrage arbeitet man hier mit dem Drei-Sterne-Koch Klaus Erfort zusammen.
Ferdinand-Porsche-Straße 17–19, 60386 Frankfurt
T: +49 69 678 305732, www.fps-catering.de
Hobenköök
Ähnlich wie in der namensgebenden Markthalle bieten Thomas Sampl und sein Team für den Großraum Hamburg auch im Catering eine regionale Produkteküche an. Sampl ist bei Bedarf auch bei den Veranstaltungen präsent.
Eiffestraße 80, 20537 Hamburg
T: +49 40 22865538, www.catering.hobenkoeoek.de
Jante
Eigentlich steht Sternekoch Tony Hohlfeld nur in seinem eigenen Restaurant, für exklusive Anfragen kocht er aber in Hannover für bis zu 100 Personen.
Marienstraße 116, 30171 Hannover
T: +49 511 54555606, www.jante-restaurant.de
Kaiserwetter
Für den Raum Hamburg ist der kleinere Anbieter ein beliebter Partner. Auf der Karte stehen rustikale Stullen genauso wie mediterran geprägte ­Arrangements.  
Bleichenbrücke 11, 20354 Hamburg
T: +49 40 342902, www.kaiserwetter-catering.de
Rüssels Landhaus
Harald Rüssel bietet für sein Catering eine Mischung aus Spitzenküche und Bistroküche an, die Wert auf exzellente Zutaten legt.
Büdlicherbrück 1, 54426 Naurath/Wald
T: +49 6509 91400, www.ruessels-landhaus.de 

Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2018

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Philipp Elsbrock
Philipp Elsbrock
Autor
Michael Pöcheim Pech
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