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ChatGPT Döner: Ein Kebab aus der Hölle

In der Münchner Imbisskette »Hans Kebab« gibt es einen Döner, dessen Rezept sich ChatGPT ausgedacht hat. Das schmeckt, wie die KI arbeitet: ziemlich generisch.

An diesem Dienstag hängen dicke Wolken über dem Viktualienmarkt und es regnet in Strömen. Fast scheint es, als habe jemand die Götter verstimmt. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann war dieser jemand Cihan Anadologlu, Inhaber der Dönerkette »Hans Kebab.« Denn seit Montag bietet er hier einen Döner an, der direkt aus der Hölle kommt. In der Filiale am Viktualienmarkt unterhalten sich die beiden Dönermänner auf Italienisch. Was bleibt übrig, als es schulterzuckend hinzunehmen. Dann spielt die Welt heute eben verrückt, denkt man sich. Ein Eindruck, der sich nach dem Biss in den sogenannten Döner bestätigt.

»Ein Imbiss am Viktualienmarkt verkauft einen Döner, dessen Rezept du erfunden hast«, schreibe ich noch vor meinem Besuch an ChatGPT. Die künstliche Intelligenz antwortet: »Das ist sehr schmeichelhaft, aber als KI habe ich keine physische Präsenz und kann daher keine Rezepte erfinden oder in einem Dönerladen am Viktualienmarkt verkaufen. Meine Hauptfunktion besteht darin, Fragen zu beantworten und Informationen zu liefern.«

Döner aus dem Internet

Auch wenn ChatGPT jetzt nichts mehr von der Zusammenarbeit mit der Dönerkette »Hans Kebab« wissen möchte: Es ist geschehen. Cihan Anadologlu, der sich in einer Pressemitteilung selbst als »umtriebiger Gastronom« bezeichnen lässt, hat sich das ausgedacht. Dafür habe er die KI mit Informationen aus seinem Buch »Einmal mit alles« gefüttert und der Roboter hat geliefert: In den Läden in der Leopoldstraße und am Viktualienmarkt kann man sich diesen Monat den Döner aus dem Internet bestellen.

Es wurde schon viel über die künstliche Intelligenz nachgedacht: Kann sie dichten? Hat sie eine Seele, ein Gewissen? Nimmt sie uns Arbeit ab oder doch die Jobs weg? Anadologlu bereichert ihr Repertoire jetzt also um Rezepte. Und natürlich kann die KI Rezepte auflisten. Auf die Frage, die ich ihr stellte, antwortete sie mit den Zutaten eines klassischen Döners. Das sieht so aus:

  • 500 g Hühnerfleisch oder Lammfleisch (in dünnen Scheiben geschnitten)
  • 1 Zwiebel (fein gehackt)
  • 2 Knoblauchzehen (gepresst)
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 EL Zitronensaft
  • 1 TL Kreuzkümmel
  • 1 TL Paprikapulver
  • 1/2 TL Cayennepfeffer (optional, je nach Schärfevorliebe)
  • Salz und Pfeffer nach Geschmack
  • Fladenbrot oder Dürüm
  • Frische Salatblätter (z.B. Eisbergsalat)
  • Tomaten (in Scheiben geschnitten)
  • Gurken (in dünne Scheiben geschnitten)
  • Rote Zwiebeln (in Ringe geschnitten)
  • Knoblauchsoße oder Joghurtsoße

Was sich hier noch ganz vernünftig liest, war bei Anadologlus Anfrage vom Chaos beseelt. Sein Roboter-Rezept beinhaltet BBQ mit fermentierter Schwarzer-Knoblauch-Sauce, gegrillte Ananas, Fetakäse, rote Zwiebeln, Babyspinat und gerösteten Haselnüssen.

Döner Hawaii – jetzt auch zum Mitnehmen

Kurz wird einem schwindelig. »Nicht schon wieder«, denkt man sich. Die Pizza Hawaii scheint ihr Erscheinungsbild geändert zu haben. Als sei sie ein kulinarischer Transformer, ist sie zum Döner mutiert. Vor dem inneren Auge laufen schon die Schlagzeilen: »Das Hassobjekt des Internets jetzt auch als Döner« oder »Döner Hawaii: Darum hat Gott uns verlassen.«

Aber dann ein Aufatmen. Wenn dieses Gericht kein Döner wäre, nicht im Fladenbrot gereicht würde, vielleicht als Salat – dann wäre doch alles halb so schlimm. Und, das muss man dazu sagen, Cian Anadologlu, ist ein Mann, der sich einfach nicht mit der klassischen Form des Döners zufriedengeben will. Er strapaziert unsere Vorstellung vom Kebab, bis sie verformt und verkrüppelt, zu einem wulstigen Etwas verkommen ist. Regulär auf der Karte steht etwa der Döner mit Wagyurind für 35 Euro. Warum auch immer.

Nicht weltbewegend

Der ChatGPT Döner hat den Döner zurückgelassen und schmeckt eher wie ein Sandwich aus einem Streetfoodtruck. Das ist nicht weltbewegend. Aber vielleicht zeigt es ganz gut, dass man den Algorithmen und KI’s dieser Welt nicht alles überlassen sollte. Das führt nur dazu, dass alles gleich schmeckt, dass das Individuelle, das Kratzige, das Besondere zu einem generischen Brei verkommt.
Also: Der KI-Döner, nette Idee, die nächste kann kommen.

 


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Moritz Hackl