Rainer Müller ist Herr über 1.150 Weinpositionen und 70 Champagner.

Rainer Müller ist Herr über 1.150 Weinpositionen und 70 Champagner.
© Christian Schneider Photography

Hotelier Rainer Müller: »Unsere Weinauswahl lockt die Leute ins Tannheimer Tal«

Der Weinexperte und Hotelchef des »Hotel Sonnenhof« gibt im Interview Einblicke in ein Hotel, das sich ganz dem Wein verschrieben hat und wo bei Events auch »Bibi Graetz, Louis Jadot und Bollinger« anzutreffen sind.

Denkt man beim Urlaub im Tannheimer Tal nur ans  Langlaufen und Skifahren – hier gibt es sechs Skigebiete in einem Tal und einen Skiverbund, in dem man seiner Skileidenschaft in diesen verschiedenen Skiregionen in Tirol und dem angrenzenden Allgäu nahezu grenzenlos frönen kann – wird man schnell eines Besseren belehrt. Denn es gibt hier auch Betriebe, die auf ein völlig anderes Konzept setzen.

Eindrucksvolle 1.150 Weinpositionen und 70 Champagner auf höchstem Niveau umfasst das Repertoire des »Sonnenhof«, bei dem Rainer Müller auf Qualität, gutes Handwerk und die persönliche Handschrift der Winzer aus überwiegend familiengeführten Betrieben wert legt und sich ganz dem Thema »Wine and Dine« verschrieben hat. Waren mit dem Chateau Palmer im März und Bollinger im Mai zwei Ikonen zu Besuch, geht die Eventreihe im Herbst mit Louis Jadot sowie Bibi Graetz weiter.

Falstaff hat mit dem Weinexperten und Hotelchef des »Hotel Sonnenhof« über seinen Ansatz, die Faszination Wein, eine faire Preiskalkulation und die charmantesten Möglichkeiten, eine neue Weinwelt zu entdecken, geplaudert.

Wie hat Ihre Faszination für das Thema Wein begonnen? Wie beeinflusst sie Ihre tägliche Arbeit?

Alles begann vor etwa 30 Jahren: Damals besuchte ich die Vinitaly in Verona – eine der größten Weinmessen. Die Weinverkostung mit Angelo Gaja – einer der Koryphäen des piemontesischen Weines – hat mich sofort in den Bann gezogen und diese Faszination spüre ich jetzt mehr denn je.

Es macht mir große Freude, ständig neue, tolle Weine zu entdecken und die dann auch an unsere Gäste weiterzugeben. Wein ist jedes Jahr anders, besonders seitdem mehr Wert daraufgelegt wird, dass das Terroir und die klimatischen Besonderheiten eines Jahres im Wein erkennbar sein dürfen und sollen.

Wann und warum haben Sie beschlossen die Weinkarte im Sonnenhof mehr in den Mittelpunkt stellen?

Gleich nach meinem Besuch in Italien. Das Thema hat mich nicht mehr losgelassen und ich wollte immer noch mehr verkosten, um verschiedene Weine kennenzulernen. Die Auswahl hat sich dann langsam aber stetig erweitert. Der Fokus lag immer schon immer auf Qualität, d.h. dass die Weine handwerklich gut gemacht sind.

Wir haben schon früh jenen Winzern den Vorzug gegeben, die auf Pestizide und Schönungsmittel etc. verzichten. Lange bevor es den sehr begrüßenswerten Biotrend auch bei den Winzern gab. Ein großer Teil unserer Auswahl ist bio oder naturnah, auch wenn die Weine nicht zertifiziert sind. Wir und auch unsere Gäste merken, dass diese Weine bekömmlicher sind. Außerdem sind sie spannend und vielschichtig.

Mein Ziel war es, eine einzigartige Weinauswahl zu kreieren, die für sich spricht und die von ganz allein die Gäste dazu bewegt, zu uns ins Tannheimer Tal kommen zu wollen.

Ein weiterer Grund für diese Entwicklung ist, dass ein Restaurant beziehungsweise Hotel mit hervorragender Küche meiner Meinung nach auch eine vielfältige Weinkarte braucht. Großen Wert legen wir auch auf die besondere Glaskultur, weshalb wir alle Weine ausschließlich in mundgeblasenen Gläsern servieren. Der Unterschied lässt sich beim direkten Vergleich deutlich schmecken.

Letztendlich ist aber meine persönliche Leidenschaft für handwerklich gut gemachte Weine der entscheidendste Faktor gewesen.

Nach welchen Kriterien stellen Sie dann konkret ihre Weinkarte zusammen? Was ist das Besondere daran? 

Meine Weinkarte und ich sind definitiv frankophil. Aber ich würde sagen, das Besondere an unserer Weinkarte ist zum einen sicher die Auswahl und zum anderen auch die Jahrgangstiefe bei vielen Weinen.

Auch unsere sehr faire Preiskalkulation ist ein Kriterium – das Feedback bekommen wir oft von unseren Gästen. Das Hauptaugenmerk liegt bei uns auf europäischen Weinen.

Wir sind immer auf der Suche nach Neuheiten. Wir mögen gerne Winzer, die ihr Handwerk lieben und auch mal neue Wege gehen. Natürlich sind wir auch gerade in den letzten Jahren noch fokussierter auf Qualität und gutes Handwerk geworden. Unsere Weinkarte ist quasi immer in Bewegung und wird ständig adaptiert und erneuert. Wir sehen uns den Markt genau an und suchen uns die besten Weine aus. Wir versuchen dabei immer am Puls der Zeit zu bleiben und die besten Winzer auch zu uns in den Sonnenhof einzuladen.

Nicht nur die Weinkarte im Sonnenhof, sondern auch die Küche ihres Bruders Patrick Müller ist ausgezeichnet. Stimmen Sie sich bei der Menügestaltung bereits ab – also welcher Gang zu welchem Wein, oder umgekehrt?

Inzwischen ist es etwas lockerer geworden. Früher galt die strenge Regel, dass man z.B. Rotwein nur zu dunklem Fleisch kombinieren darf. Zum Glück hat sich das geändert, denn Rotweine werden inzwischen leichter ausgebaut und kühler serviert. Somit passen sie auch zu vielen Fischgerichten. Leichter ausgebaut heißt, dass die Weine nicht mehr soviel Alkohol enthalten und mehr die Mineralität des Bodens zeigen. Das macht das Thema noch viel spannender und flexibler. Wir, mein Bruder Patrick und ich, sind da ein eingespieltes Team. Manchmal schlage ich Weine vor und er schreibt das Menü, oder umgekehrt.

Haben Sie viele Gäste, die nur wegen der ausgezeichneten Weinkarte in den Sonnenhof kommen?

Es kommen tatsächlich viele echte Weinkenner zu uns ins Haus, die die Jahrgangstiefe, die Auswahl und das sehr faire Preisleistungsverhältnis bei gereiften Weinen schätzen.

Aber es kommen auch viele Gäste zu uns, die sich nur am Rande mit Wein beschäftigen oder sich neu für das Thema interessieren. Hier beraten wir sehr gerne bzw. nutzen die Gäste gerne die täglich wechselnde Weinempfehlung, um Neues kennen zu lernen.

Wer sich so richtig tief mit einem Weingut auseinandersetzen möchte, der kommt zu einem unserer Wine&Dine-Events, die ein paar Mal im Jahr mit international sehr renommierten Weingütern stattfinden – gerade erst hatten wir Champagne Bollinger und Braida im Haus. Das Interesse an den Events steigt jedes Jahr mehr und mehr. Wir bewerben unsere Wine&Dine Events beispielsweise auch intensiv auf allen Social-Media-Kanälen. Ich glaube, noch ein Grund dafür, dass wir sehr bekannt und beliebt sind wegen unserer Weinkarte, ist, dass wir einfach lieben, was wir machen, und das merken unsere Gäste. Wie sagt man so schön: »Die Liebe zur Sache ist der Schlüssel zur Freude an der Arbeit und zum Erfolg«.

 

Haben Sie einen persönlichen Favoriten in Ihrem Weinkeller, den man unbedingt probiert haben soll? Welchen und warum?

Generell mag ich viele Sorten, ich habe einen sehr breiten Geschmack. Ich finde, es hängt mit der Tagesform zusammen und zu was man den Wein trinkt. Bei der Kombination von Wein und Speisen spielt die Geschmacksbalance eine wichtige Rolle. Unterschiedliche Gerichte erfordern unterschiedliche Weine, um die Aromen optimal zu ergänzen. Ich persönlich mag besonders Bollinger Champagner.

Champagner ist immer eine gute Wahl, weil er der perfekte Speisenbegleiter ist – was viele Leute beispielsweise gar nicht wissen.

Gibt es für Sie ein absolutes Wein-No-Go?

Wenn Rotwein zu warm serviert wird. Deshalb servieren wir Rotweine ganzjährig gekühlt bzw. richtig temperiert. Ein weiteres No-Go aus meiner Sicht sind die falschen Gläser. Nicht nur die Form ist entscheidend, sondern auch die Qualität. Ich bevorzuge die feinen, mundgeblasenen Gläser von Zalto und lege Wert darauf, dass unsere Weine in allen drei Restaurants in diesen edlen Gläsern serviert werden.

Haben Sie Tipps für Weineinsteiger, um den besten Wein für sich selbst zu finden?

Probieren, probieren und notieren. Gut ist, wenn sie wissen, was sie mögen und sich vom Sommelier im Restaurant beraten und auch überraschen lassen. Wenn ihnen in der Vergangenheit einmal ein Riesling nicht gefallen hat, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass sie Riesling generell nicht mögen.

Außerdem würde ich immer in einer guten Vinothek einkaufen, wo man eine individuelle Beratung bekommt und nicht im Supermarkt. In der Vinothek kann man häufig wechselnde Weine verkosten und mit der Zeit lernen sie ihren Geschmack besser kennen. Wer sich im Detail mit einem Winzer beschäftigen will, hat z.B. bei  unseren Wine & Dine Events die Möglichkeit dazu. Begleitend zum Menü serviert der Winzer selbst nicht nur gereifte Jahrgänge sondern auch noch viel Wissenswertes zu den Reben, dem Terroir und der Philosophie im Weingut. Das ist eine der charmantesten Möglichkeiten, um eine neue Weinwelt zu entdecken.

Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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