Seit 2010 betreibt Günther Jauch das Weingut von Othegraven, in dem neben Riesling künftig auch eine weitere Rebsorte angebaut werden soll. 

Seit 2010 betreibt Günther Jauch das Weingut von Othegraven, in dem neben Riesling künftig auch eine weitere Rebsorte angebaut werden soll. 
© Weingut von Othegraven

»Ich bin meilenweit davon entfernt, mich Winzer zu nennen«

Günther Jauch spricht im Falstaff-Interview über die Gemeinsamkeiten von Fußball und Wein, sein favorisiertes Wine-Food-Pairing und den Anbau einer neuen Rebsorte.

Bereits als Berliner Stadtkind zog es Günther Jauch regelmäßig an die Saar, wo sein Großonkel Maximilian das Weingut von Othegraven führte – ein für ihn damals prunkvolles Anwesen mit hochherrschaftlicher Parkanlage, seit dem 19. Jahrhundert in Familienbesitz. Doch nach dem Tod des Onkels vergingen ganze 40 Jahre, bis der Moderator wieder nach Kanzem zurückkehrte. Mit dem Ziel, die Familientradition fortzuführen und das Anwesen samt Betrieb vor dem Verkauf zu schützen, entschlossen sich Jauch und seine Frau 2010, das Weingut zu erwerben

Im Rahmen eines 4-Gang-Menüs im Wirtschaftsclub Düsseldorf, das mit den Weinen des Moderators begleitet wurde, sprachen Günther Jauch und seine Frau mit Falstaff über ihren Start im Wein-Business, die Herausforderungen des Klimawandels und die Zukunft des Weinguts von Othegraven. 

Falstaff: Wein ist ein vielschichtiges Thema. Wie sind Sie damit umgegangen, als Sie das Gut übernommen haben? 
Günther Jauch: Sehr defensiv. Im Prinzip sind wir bei null gestartet und hatten von Wein gar keine Ahnung. Meine Weinsozialisierung begann mit Rotwein, mit den klassischen Wuchtbrummen – je schwerer und dunkler, desto besser. Beim Weißwein war es nicht viel besser. Mit der Übernahme des Weingutes änderte sich das. Ich vergleiche das mit der Ahnung, die man als Nichtfußballer bekommt, wenn man zwölf Jahre bei jedem Spiel neben dem Trainer an der Seitenlinie steht. Da kriegen Sie automatisch etwas mit. Mit dem Weinbau ist es ähnlich. Ich bin meilenweit davon entfernt, mich Winzer zu nennen. Das bin ich schon deshalb nicht, weil ich das auch nicht klassisch gelernt habe. Aber wenn man so lang mit einem Betrieb verbunden ist, kriegt man doch ein bisschen mehr Ahnung als diejenigen, die nur alle zwei Wochen eine Spätlese aufmachen. Die richtige Antwort bei einer Millionenfrage zum Thema Weinbau würde ich mir aber nicht zutrauen. 

Was war das Interessanteste, das Sie in den vergangenen zwölf Jahren über Wein gelernt haben? 
Ich habe unterschätzt, was für ein schönes und bereicherndes, aber gleichzeitig extrem mühsames Geschäft Wein ist. Und, dass Erfolge in dem Bereich langsam, Schritt für Schritt, fast nur zentimeterweise möglich sind. Ich kenne einige Leute, die sich einfach in irgendwelche Weingüter eingekauft haben und dachten »jetzt drücke ich auf den (Geld)-Knopf und bin dann mit meinem Wein erfolgreich«. Das mag in manchen anderen Unternehmen gelingen, beim Wein funktioniert das aber nicht. Schon durch die Nähe zur und die Abhängigkeit von der Natur ist es etwas anderes. Außerdem darf man nicht unterschätzen, welche Rolle die Tradition beim Wein spielt. Unser Nachbar Egon Müller beispielsweise macht die teuersten Süßweine der Welt in vierter Generation und holt aus den Reben Jahr für Jahr das Beste heraus. In ihrer Selektion, der Handarbeit und der Art und Weise, wie mit dem Wein umgegangen wird, ragen Müller und sein Team konstant heraus. So etwas geht nicht auf Knopfdruck, so eine Tradition ist ein echter Schatz und diese Qualität muss jedes Jahr immer wieder auf bzw. in die Flasche. 

Haben Sie mittlerweile ein favorisiertes Wine-Food-Pairing?
Kabinett passt für meine Begriffe wunderbar zu asiatischen Gerichten, in denen auch Süße und Säure eine Rolle spielt, sowie zu vegetarischem Essen. Wenn Sie sich aber ein Wiener Schnitzel machen, versuchen Sie es mal mit einer Spätlese. Da zucken einige zusammen, aber wie wunderbar das mit der Panade und den Preiselbeeren korrespondiert, ist eine echte Erfahrung. Es lohnt sich zu experimentieren und trockene Rieslinge sind von Haus aus meist ideale Essensbegleiter. 

Sie hatten schon die Abhängigkeit von der Natur angesprochen. Wie bereiten Sie sich mit dem Weingut von Othegraven auf den Klimawandel vor?
Ein bisschen was kann man im Weinberg machen z.B. das Laub stehen lassen, damit die Trauben länger Schatten haben. Oder das Blattwerk lichten, damit der Wind die Trauben bei zu viel Feuchtigkeit schnell wieder trocknen kann. Das sind aber nur Kleinigkeiten. Künstlich bewässern können wir zum Beispiel nicht. Wenn Sie einen Hagelschlag oder im Mai den ersten Frost haben und der alles kaputt macht, können Sie das komplette Jahr knicken. Das heißt, unsere Einflussmöglichkeiten sind begrenzt. Da die Saar die kühlere Schwester der Mosel ist, müssen wir zugeben, dass uns die Klimaveränderung in den letzten 20, 25 Jahren sehr in die Hände gespielt hat. Die Trauben, die früher nicht immer vollständig ausgereift sind, entwickeln sich jetzt ganz wunderbar, sodass wir schlanke, rassige, präzise Weine herstellen können. Wir sind momentan die Gewinner des Klimawandels. Aber losgelöst von dem Vorteil, den wir derzeit haben: Wenn die Erwärmung weiter fortschreitet und wir in 20 Jahren wieder 1,5 Grad weiter sind, können wir mit dem Riesling Schluss machen. Das heißt, im Moment profitieren wir zwar davon, aber das darf klimatisch bitte so nicht weitergehen. 

Planen Sie neben dem Riesling künftig auch andere Rebsorten anzubauen?  
Dorothea Sihler (Günther Jauchs Frau, Anm. d. Red.): Wir pflanzen jetzt neu Pinot Noir. So eine partielle Umstellung dauert ein paar Jahre. Aber es sind Entscheidungen, die schon auf der Klimaerwärmung fußen. 

Wo bauen Sie den Pinot Noir künftig an?
Im Altenberg und ein bisschen in der Wiltinger Kupp. Dort aber eher zufällig. Wir bekamen eine kleine Fläche zur Pacht angeboten. Das war im Winter und man sah es den Reben nicht an. Erst bei der nächsten Lese haben wir gemerkt, dass jede zweite Rebe Pinot Noir war. Das war lustig. In Deutschland gibt es viele tolle Pinot Noirs, denken Sie an »Fürst« in Franken, »Rebholz« in der Pfalz oder »Maximin Grünhaus« an der Ruwer. Ob das bei uns so ein Knaller wird, wissen wir noch nicht. Aber wir arbeiten daran. 

Welche Ziele verfolgen Sie künftig mit dem Weingut von Othegraven und wie müssen wir uns die Weinproduktion in 10, 20 oder 30 Jahren vorstellen? 
Gute Frage, das wissen wir nicht. Die Größe des Betriebs stößt an natürliche Grenzen. Wir haben jetzt 16 Hektar und alles, was bis 20 Hektar geht, würden wir bestimmt vertragen. Dann ist aber definitiv Schluss. Genauso kann es sein, dass wir irgendwann auf 14 Hektar zurückgehen. Wir sind weder ein großes noch ein kleines Weingut, sondern eher in dieser zeitweise etwas gefährlichen Mittellage. Die Kleinen können sich gut anpassen und die Großen haben die Marktmacht, die Mittleren müssen sich plagen. Wie es weitergeht, ist ungewiss, und ob die Tradition in der Familie fortgesetzt wird, muss die Zeit erst weisen.

Aber gibt es denn ein grundlegendes Interesse am Thema Wein?
Ja, am stärksten, wenn er auf dem Tisch steht. 

Vielen Dank für das Gespräch. 


Pia Schorlemmer
Pia Schorlemmer
Autorin
Tim Lamkemeyer
Tim Lamkemeyer
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