Seit über Jahren versuchen Winzer Gerhard und Tochter Johanna Markowitsch gemeinsam, den Weinen eine eigene Identität zu geben.

Seit über Jahren versuchen Winzer Gerhard und Tochter Johanna Markowitsch gemeinsam, den Weinen eine eigene Identität zu geben.
© Stefan Joham

Johanna Markowitsch: »Ich wollte immer gemeinsam mit meinem Vater Wein machen«

Personalmangel, Inflation – und doch übernimmt die jüngere Generation die Führung des Familienbetriebs. Im Falstaff-Talk erzählen Johanna und Gerhard Markowitsch, warum sie zu zweit noch bessere Weine erzeugen.

Falstaff: Seit wann gibt es das Weingut?
Gerhard Markowitsch: Begonnen hat mein Urgroßvater 1800 – also ungefähr 220 Jahre!

War es immer klar, dass Johanna in den Familienbetrieb einsteigt?
Johanna Markowitsch
: Für mich war es nicht immer klar – ich habe eine Tourismusschule abgeschlossen, anschließend in Wien studiert. Ich war sehr weltoffen, war im Ausland – auch lange bei »WEIN & CO« im Marketing – meine Eltern übten keinen Druck aus, aber dann bin ich irgendwie reingekippt. Habe auch den Facharbeiter für Weinbau absolviert und dann wars irgendwie die logische Folge zurück nach Hause zu kehren. Und gegessen und getrunken hab ich immer gern.

Wann war es soweit?
Johanna Markowitsch: Eigentlich 2018…

Was sind die Vorteile und was die Nachteile einer gemeinsamen Arbeit im Betrieb? Wie funktioniert das Teamwork, sofern es eines gibt, oder macht jeder sein Ding?
Johanna Markowitsch: Ich denke, wir profitieren voneinander. Mein Papa bringt sehr viel Erfahrung im Weingarten und Keller mit – und ich bin sozusagen der frische Wind. Ich kümmere mich auch vermehrt um Dinge, die davor keiner gemacht hat. Bin auch sehr viel im Vertrieb unterwegs und schaue, dass unser Wein in den besten Karten platziert ist. Die Zeit hat sich ja auch sehr verändert. Auch die Weine haben sich deutlich verändert. Wir versuchen gemeinsam an unserer eigenen Identität der Weine zu arbeiten. Wir möchten Weine kreieren, die unverwechselbar Carnuntum sind. Unsere eigene Stilistik schaffen. Handwerk schaffen.

Lieber Herr Markowitsch im Vergleich zu Ihren Anfangszeiten, was hat sich am meisten verändert. Was sehen Sie macht zum Beispiel Ihre Tochter anders und was ist generell in der heutigen Zeit anders als früher?
Gerhard Markowitsch: Das sind jetzt sehr viele Fragen, fast schwer, die jetzt auf einmal zu beantworten. Aber generell hat sich einiges verändert. Ich würde sagen die größte Veränderung ist das bewusstere, terroirgeprägte Vinifizieren. Eigene Identität schaffen. Charakter der Weine schaffen. Daraus resultiert auch Eigenständigkeit – auch die gesamte Vinifikation ist eigenständiger geworden. Wir arbeiten heute viel feiner, viel präziser. Separieren jeden Weingarten, jede Parzelle. Jede Lage wird bei uns im separaten Gebinde vergoren. Wir behandeln jede Rebsorte anders. Pinot Noir müssen wir anders vinifizieren als Blaufränkisch. Ich würde sagen heute geht es um Präzisierendes Weinmachen. Um Handwerk. Mehr Reinhören, mehr Zulassen. Kontrolliertes Wenigertun. Wir selbst machen Weine, wie wir selbst sind, wie sie uns schmecken. Auch der Mensch verändert sich mit der Zeit. Wir versuchen stets – gemeinsam – das beste Produkt zu machen. Carnuntum zu machen.

Liebe Johanna, was liebst du am meisten am Winzerinnen-Dasein und was sind deiner Ansicht nach die größten Herausforderungen? Denkst du, dass sich auch etwas verändert in Sachen Feminismus – immer mehr Winzerinnen zeigen, was sie können und werden hierfür hoch gelobt.
Johanna Markowitsch: Hmm Herausforderungen … ich glaube die gesamte Zukunft wird herausfordernd. In vielerlei Hinsichten. Erstens im Weinbau, zweitens haben es wir mit einem allgemeinen Zeitwandel zu tun. Immerhin hatten wir ja viele einschneidende Erlebnisse in den letzten Jahren, wo wir ja alle noch nicht wissen wo die Reise hingehen wird, welche Veränderungen wirklich auf uns zukommen. Für mich gilt: ich möchte stets weltoffen bleiben – versuchen auf die Zeit einzugehen, positiv bleiben und mich stets auf neue Gegebenheiten einlassen. Auch in den letzten Jahren haben wir neue Weine auf den Markt gebracht, zum Beispiel Mardonna Rosé, wo wir vor 10 Jahren sicherlich noch nicht dachten, dass ein Premium Rosé so gut funktionieren würde. Aber wir haben so viele Entwicklungen – auch bei unseren neuen Orts- und Lagenweinen. Wenn wir die Rieden, zum Beispiel Ried Rosenberg, Ried Kirchweingarten, die wir haben, biologisch, bewusst, ungeschminkt und eigenständig in die Flasche bringen, glaube ich, dass wir immer einen Platz auf den Weinkarten finden werden. Zum Thema Feminismus: Cool, dass wir mehr geworden sind. Alleine in unserer Region haben wir viele »Nachwuchswinzerinnen«. Fühlt sich fast an wie ein kleiner Hendlstall – ich selbst habe mich Gott sei Dank nie als Frau benachteiligt gefühlt – eher ists glaube ich, für die Burschen in unserem Keller auch ganz nett, wenn mal eine Frau da ist.

In der Gastro wird von Personalmangel gesprochen – gibt es auch im Weinbereich fehlende Mitarbeiter (Weinlese und Co.) Merkt ihr was bei euch im Betrieb?
Johanna Markowitsch: Zum Glück merken wir es im Moment nicht, wir haben ein sehr beständiges Team, und das seit Jahren. Und Gott sei Dank auch sehr tolle Mitarbeiter im letzten Jahr dazubekommen. Aber generell ist es sehr schwierig – denke ich – allgemein im Handwerksbereich – ausgebildete Leute zu finden. Die Ausbildung für Weinbau in Österreich ist nicht wirklich ein Berufszweig geworden – es gehen nur jene zur Weinbauschule, die zu Hause einen Betrieb haben. In Neuseeland z.B. ist das ganz anders – »Winemaker is such a great job there«.

Stichwort Inflation – Wie sehr merkt ihr die Inflation und inwieweit hat dies Auswirkungen auf die Weinpreise? Vor allem aber: Wie wird es weitergehen?
Gerhard Markowitsch: Ich denke die Inflation trifft kostenseitig jeden von uns – Flaschen, Kartons, Strom – alles wurde teurer – dadurch waren wir gezwungen, die Preise anzupassen. Aber zur Frage, wies weitergehen wird: Langfristig glauben wir, dass handwerklich gemachte Weine immer eine Zukunft haben werden. Deshalb müssen wir nochmals individueller werden. Biologischer Weinbau, Handwerkliches Arbeiten im Keller, und und und – das wird nur bedeuten, dass wir noch teurer werden müssen. Sonst können wir unsere Strukturen in Österreich nicht mehr erhalten.

Wird Wein irgendwann nicht mehr leistbar sein bzw. leisten sich Leute eventuell bald nur mehr ausgewählten und weniger Wein?
Johanna Markowitsch: Weine unter zehn Euro wird’s immer geben. Vielleicht nicht biologisch – und handgelesen. Aber das wird’s immer geben, weil Wein im Vergleich zu anderen Produkten immer noch sehr billig ist. Manche Weine werden auch industrieller hergestellt als andere. Gerne verwenden wir das Beispiel: Red Bull oder eine Packung Zigaretten. Die Leute zahlen für Zuckerwasser vier Euro und für Zigaretten oftmals schon acht Euro. Und der Wein darf nicht mehr als zehn Euro kosten? Das ist fast nicht zu glauben, wenn man mal darüber nachdenkt…

Gerhard Markowitsch: Wir glauben jedoch, dass es immer Menschen geben wird, die bereit sind für eine Flasche Wein etwas mehr zu zahlen. Aber die Tendenz, dass mehr Weine als früher im höherwertigen Segment verkauft werden, stimmt. Das spüren wir selbst. Unsere Rieden und Premiumweine verkaufen sich sehr gut – darüber freuen wir uns. Wir denken, dass der allgemeine Konsum etwas zurückgeht, aber dafür hochwertiger, teurer getrunken wird. Und genau für diese Menschen produzieren wir unsere Weine. Handwerklich, eigenständig produzierte Weine werden immer ihren richtigen Markt finden.


 

Lisi Brandlmaier
Lisi Brandlmaier
Chefredakteurin
Mehr zum Thema