Anfang der Sechzigerjahre haben die Jülgs das Gebäude des ehemaligen bayerischen Forstamts in Schweigen-Rechtenbach bezogen. Neben dem Weingut befindet sich ihre urige Weinstube mit großem Garten.

Anfang der Sechzigerjahre haben die Jülgs das Gebäude des ehemaligen bayerischen Forstamts in Schweigen-Rechtenbach bezogen. Neben dem Weingut befindet sich ihre urige Weinstube mit großem Garten.
© Woodworks

Johannes Jülg: finessenreicher Jungstar mit Gespür

Portrait: Der Winzer aus Rheinland-Pfalz hat ein Faible für Pinot Noir und mischt den Familienbetrieb mit seiner Expertise auf.

Wo auf der Speisekarte »Rippchen warm mit Kraut« zu lesen ist, liegen sich später Fleisch und Kraut als zwei gleichstarke Fronten gegenüber. Die Ankündigung darf also unbedingt wörtlich verstanden werden. Ein handgeschnitztes Tomatenröschen auf Salatblatt oder ein Stängel krauser Petersilie als grünes Bäumchen, und das Gericht wäre nicht mehr wortgenau wiedergegeben. In der Weinstube Jülg kommt nur das zur Sprache, was später in tadelloser Qualität schnörkellos serviert wird. Das wird auch in Zukunft so sein, denn mit ihrer 80-jährigen Lebenserfahrung hat Oma Jülg nicht nur etwas Bleibendes geschaffen, sondern kümmert sich nach wie vor mit der Unterstützung ihrer Schwiegertochter um die Küche, ist Teil einer Beständigkeit in Schweigen-Rechtenbach, ihrer Heimat.

Foto beigestellt

Ihr Sohn Werner, Johannes’ Vater, war erst 20, als er nach dem Tod seines Vaters die Verantwortung für den Betrieb in Schweigen übertragen bekam. Ackerbau und Viehzucht waren da, in den Achtzigerjahren, bereits abgeschafft, das Weingut ins ehemalige Bayerische Forstamt umgezogen. Den Boden, den sein Sohn Johannes heute erfolgreich bearbeitet, hat ihm sein Vater bereitet, der gerne zugibt, dass der Spätburgunder, wenngleich die Spezialität in Schweigen-Rechtenbach, nie zu seinen Stärken gehörte. Ob das je Ansporn für den 29-Jährigen war, sei dahingestellt. Fest steht: Die Pinots von Johannes Jülg zählen heute zu den feinsten in ganz Deutschland.

Der Vater erkennt die Expertise seines Sohnes nicht nur an, ­sondern hat dessen finessenreichen Stil ­assimiliert. Johannes und Werner Jülg wissen als Team ihre Kräfte zu bündeln. Das Fass mit dem Chardonnay, der heute »Opus O« heißt, betörte Vater und Sohn gleichermaßen, behielt seine extravagante Art auch nach der Füllung und hinterließ bei den Falstaff-Verkostungen nachhaltigen Eindruck. Ein weiterer Ausweis dieser charismatischen Familie, die man beim Wort nehmen darf. Ein feiner Charakterzug.

www.weingut-juelg.de
TASTING BEST OF FALSTAFF TALENTE

Aus Falstaff Deutschland 7/2016

Axel Biesler
Autor
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