Das kann der arme Koch nicht wissen! Aber er geht ein gewaltiges Risiko ein. Er hat Königsberger Klopse auf der Karte. Als Teil einer Vorspeise. Mit Kapern, klar, und Wildwassergarnele, jungen Erbsen und Puffreis. Der Rezensent ist schwerstens vorbelastet. Seine geliebte Großmutter, die 2003 im Alter von fast 95 starb, war die begnadetste Klopsköchin, die die Welt je gesehen hat. Klopse, Königsberg und Geschichten über Kant, der sie angeblich so gerne gegessen hat – nicht wegzudenken aus der Vita des Kritikers. Lieblingsessen seit Jahrzehnten.

Jetzt also wagt sich Luis Dias in seinem Restaurant »Aura« an Klopse. Sofort Entwarnung! Grandios gelungen! Die Klopse sind natürlich vom Kalb, sind locker, mürbe, mild, mit einem Hauch Anchovis und Senf. Zurückhaltender Kaperngeschmack, schöne zusätzliche Aromakomponente durch die Garnele. Dias, der Portugiese ist, hat ein Händchen für Fisch. Es folgen zwei ebenfalls sehr gute Gänge, Fischgänge. Sehr frischer Steinbutt mit geschmorten Poweraden, Tomatenchutney und Safransud. Einzig die Kalamata-Oliven sind hier ein wenig zu dominant. Kleinigkeit. Und ein im Kern noch glasiger, sich dadurch schön fleischig im Mund anfühlender Seeteufel.

Er wird begleitet von Tagliarini und einem wunderbar unauffälligen gebutterten Tafelspitzsud. Unauffällig – gutes Stichwort. Dias kocht so, wie er als Mensch wirkt: bescheiden, leise, höflich. Keine oberfläch­lichen Knalleffekte, keine Prahlereien. Freundlicher und persönlicher Service. Weinkarte mit vielen erschwinglichen Flaschen. Das Lokal liegt jetzt direkt am Rhein, mit schönem Blick auf den Fluss und die Skyline. Das Publikum ist Kölner Süden pur. Meist schon im Ruhestand und recht wohlhabend.