Verwechslungsgefahr. Vegan oder gewöhnlich? Die Produkte von Cultured sind visuell nicht mehr zu unterscheiden.

Verwechslungsgefahr. Vegan oder gewöhnlich? Die Produkte von Cultured sind visuell nicht mehr zu unterscheiden.
© Max Mavani Huber

Wow, no cow! Das kann veganer Käse wirklich

Immer mehr Menschen verzichten heute aus ethischen, ökologischen oder gesundheitlichen Gründen auf tierische Produkte. Im Gegensatz zu Fleisch fällt vielen dabei der Verzicht auf Käse besonders schwer. Glücklicherweise gibt es mittlerweile jedoch Alternativen, die nicht nur wie Käse aussehen, sondern auch so schmecken.

Für viele Vegetarier ist Käse die letzte Hürde auf dem Weg zur veganen Ernährung. Manch einer behauptet gar, er sei einfach süchtig nach Käse und ist sich dabei nicht bewusst, dass die Sache mit der Käsesucht gar nicht so weit hergeholt ist.

Milchprodukte enthalten tatsächlich opiat­artige Substanzen, sogenannte Casomorphine, die in Käse besonders hoch konzentriert vorkommen. Sie können an die passenden Opioidrezeptoren im Gehirn wie beispielsweise Heroin andocken und daher theoretisch auch ähnlich wirken. Theoretisch, denn wirklich nachgewiesen werden konnte diese Wirkung bisher nicht. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Käsesucht, die viele Menschen umtreibt, auf die großen Mengen an Salz, Fett und Umami-Geschmack zurückzuführen ist, die Käse aufweist. Eine Kombination, die wir Menschen unwiderstehlich finden und die veganem Käse lange fehlte. Genauer gesagt ließen sich veganer Käse bis vor Kurzem nicht annähernd mit dem fettigen, ­schmelzenden Original vergleichen.

Der erste kommerzielle Hersteller von veganen käseähnlichen Produkten war der gebürtige Chinese Li Shizeng, der um 1910 in Frankreich eine Sojamolkerei gründete. Basierend auf den Methoden zur Fermentation von Tofu entwickelte er damals bereits Sojakäse, die sich an Klassikern wie Gruyère, Roquefort oder Camembert orientierten. Über Dekaden hinweg war Soja die Basis schlechthin für veganen Käse – bis in die 1980er-Jahre, als Anhänger der Rohkostbewegung begannen, mit Nüssen und Kernen zu experimentieren.

Handwerk. Egal, ob Cashew- oder Kuhmilch – bei der Herstellung von Käse sind Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt.
© Louk.com
Handwerk. Egal, ob Cashew- oder Kuhmilch – bei der Herstellung von Käse sind Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt.

Das am meisten verwendete Grundprodukt für diese Art von Käse sind bis heute die häufig fälschlich als Nüsse bezeichneten Kerne des Chashewbaums. Sie besitzen einen hohen Fettanteil und sind geschmacklich neutraler als beispielsweise Sojabohnen, was sie für die Käseproduktion besonders interessant macht. Auch die 2015 von Freddy Hunziker und Alice Fauconnet gegründete vegane Molkerei New Roots aus dem Schweizer Emmental stellt Käse auf Cashewbasis her. Vegane Molkerei, weil sich das Handwerk und die Verarbeitungsschritte bei New Roots bis auf den Ursprung der Milch nicht von denen der traditionellen Käseherstellung unterscheiden. Statt Kuhmilch wird Cashewmilch verwendet, die mit pflanzlichem Lab zum Gerinnen gebracht und anschließend von Milchsäurebakterien fermentiert wird.

Das Handwerk hat Hunziker bei traditionellen Käsern gelernt. Alternativen zu Weich-, Frisch- und Streichkäse, Crème fraîche, Fondue und Joghurt sind bereits im Sortiment. Seit geraumer Zeit tüftelt die vegane Molkerei aber auch an einer pflanzlichen Alternative zu Schnittkäse. Ein schwieriges Unterfangen, denn die pflanzlichen Proteine verhalten sich anders als Kasein oder Milch. Pro Jahr verarbeitet New Roos rund 150 Tonnen Cashew, importiert werden die biologisch produzierten und fair gehandelten Kerne aus Vietnam und Burkina Faso. Trotz der langen Reise sind die Produkte noch immer ökologischer als jene aus Kuhmilch. Während für ein Kilo Käse zwölf Liter Milch benötigt werden, braucht es für ein Kilo Cashewkäse nur einen halben Liter Wasser. Ganz zu schweigen vom Treibhausgas, für das die Kühe verantwortlich sind.

Einen weiteren Aspekt bringen die veganen Cashewkäse-Produzentinnen Violetta Hradetzky und Julia Zeitlhuber von Cultured aus der Wachau ins Spiel: Gesundheit. Ihr Cashewkäse wird mit Kakaobutter hergestellt und treibt so den Cholesterinspiegel nicht in die Höhe, der in erhöhter Form das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Ein Pluspunkt für die pflanzliche Alternative von Cultured gegenüber herkömmlichem Käse.

Hradetzky und Zeitlhuber lernten einander während ihrer Schulzeit kennen und starteten mit der Produktion ihrer Cashewkäse im Jahr 2020. Von den ersten Experimenten bis hin zu den marktfertigen Produkten verging ungefähr ein Jahr. Heraus kamen dabei Sorten wie der vor der Reifung in geräucherter Paprika gewältze »Bonfire« oder der »Herbalizer« mit Kräutern und
Knoblauch.

Allesamt haben sie wie die Produkte von New Roots eines gemeinsam: Schmeckt wie Käse, ist aber keiner.


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© StockFood / Ramanauskiene, Justina

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Dominik Vombach
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