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Aktuelle Umfrage: Besorgniserregende Veränderung des Gastronomieangebots
Während die Nachfrage durch die Zunahme von Ferienwohnungen, Appartements, Chalets steigt, sind immer weniger Gastronomiebetriebe in der Lage, die gewohnte Versorgung aufrechtzuerhalten.
von Alexander Schöpf
04. April 2024
Das Tourismusberatungsunternehmen »Kohl > Partner« hat eine Umfrage in 155 Tourismusdestinationen in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südtirol durchgeführt. Die Ergebnisse geben durchaus Anlass zur Sorge: Fast 90 Prozent der Befragten haben einen Rückgang im Gastronomieangebot in den letzten fünf Jahren festgestellt. Jeweils 80 Prozent geben an, dass Restaurants und Gasthäuser am meisten betroffen sind. 35 Prozent geben auch Cafés an und 25 Prozent Bars und Kneipen.
Dieser Rückgang im Gastronomieangebot droht Urlaubern wie Einheimischen den Platz am Wirtshaustisch zu erschweren. Spontane Gasthausbesuche werden so vielerorts immer mehr zur Nervenprobe werden. Während die Nachfrage durch die Zunahme von Ferienwohnungen, Appartements, Chalets steigt, sind immer weniger Gastronomiebetriebe in der Lage, die gewohnte Versorgung aufrechtzuerhalten. »Ohne Reservierung wird es vielerorts nicht mehr gehen. Das führt zum Sinken der Urlaubsqualität. Wer möchte schon vor Urlaubseintritt entscheiden müssen, um wieviel Uhr man wo was essen möchte? Ein Kampf um den Wirtshaustisch ist ärgerlich«, warnt Gernot Memmer, Experte für die Entwicklung von Destinationen.
5 Hauptgründe für den Rückgang
Verantwortlich für den Rückgang sind vor allem betriebliche und nicht nachfrageorientierte Aspekte. Es scheitert also aus Sicht der 155 befragten Destinationsmanager:innen nicht an der Nachfrage. Die Top 5 Gründe für den Rückgang des Gastronomieangebotes sind:
- Mitarbeiter:innen-Mangel und Engpässe beim Personal (94 Prozent)
- Keine Betriebsnachfolge (71 Prozent)
- Hohe Mieten und Betriebskosten (47 Prozent)
- Angepasste Öffnungszeiten und Ruhetage (37 Prozent)
- Bürokratische Auflagen und Einschränkungen (36 Prozent)
Die Abnahme des gastronomischen Angebots betrifft nicht nur Urlauber:innen, zeigen die Umfrageergebnisse, sondern auch Einheimische. Das wirkt sich somit auch negativ auf die Lebensqualität aus.
Gästefeedback hat sich verschlechtert
Mehr als die Hälfte der Befragten in Destinationen (51 Prozent) stellen fest, dass sich die Gästefeedbacks in Bezug auf das reduzierte Angebot an geöffneten Restaurants, Gasthäusern, Cafés und Bars verschlechtert haben. Die Top 7 Kritikpunkte von Gästen bei den negativen Gästefeedbacks sind:
- Stark begrenztes gastronomisches Angebot (vor allem auch in den Nebensaisonen)
- Verkürzte und unklare Öffnungszeiten
- Eingeschränkte Auswahl
- Überfüllte Gasthäuser und Restaurants, Gäste haben Schwierigkeiten einen Platz zu finden (keine spontanen Gastronomiebesuche möglich, langes Vorausplanen teilweise auch schon vor dem Urlaub)
- Reservierungen sind notwendig und spontane Besuche zunehmend schwierig
- Gestiegene Preise bei Abnahme der Qualität von Service und Angebot
- Mangel an regionaler Küche und traditionellen Restaurants/Wirts- und Gasthäusern, Zunahme von Imbissständen
Maßnahmen lassen auf sich warten
Fast 80 Prozent der Destinationen haben bisher noch keine Maßnahmen gegen die Problematik gesetzt – oft auch, weil es nicht im unmittelbaren Wirkungsbereich der Destinationen liegt.
»Zuerst müssen in Destinationen die Signale ernst genommen werden und zügig Maßnahmen eingeleitet werden. Ohne Kooperation innerhalb der Destinationen, Unterstützung beim Abbau von bürokratischen Hürden, attraktiven Förderprogrammen und innovativen Konzepten, wird es immer schwieriger ein gastronomisches Angebot aufrecht zu erhalten. Stirbt das Wirtshaus, stirbt vielerorts die Seele des Dorfs«, ist Tourismusexperte Memmer überzeugt.
Das wünschen sich die Verantwortlichen
»Kohl > Partner« hat auch die Wünsche der Verantwortlichen in den Destinationen an die Politik, Interessensvertretungen und die Gastronomiebetriebe abgefragt. So erwarte man beispielsweise von der Politik unter anderem einen Bürokratieabbau, die Senkung der Lohnnebenkosten und der Mehrwertsteuer sowie die Förderung von regionalen Angeboten.
Von Interessensvertretungen wünscht man sich hingegen Unterstützung bei der Betriebsnachfolge, Imagekampagnen um mehr Personal zu gewinnen und zu halten sowie die Organisation von Schulungsmaßnahmen. Die Wünsche an die Gastronomiebetriebe sind unter anderem attraktivere Arbeitsbedingungen, flexiblere Arbeitszeiten, bessere Bezahlung, Benefits für Mitarbeitende sowie Innovationen und Anpassung an neue Entwicklungen und Trends.
Das sollten die Verantwortlichen machen
Den Verantwortlichen in den Destinationen empfiehlt »Kohl > Partner unter anderem folgende Maßnahmen:
- Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen (z.B. Leadership, Mitarbeiterführung, Marketing, Pricing, Betriebsnachfolge) speziell auch für Gastronomiebetriebe.
- Kooperationen und Partnerschaften mit Organisationen wie Wirtschaftskammer, Industrie- und Handelskammer (IHK), Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) u.ä. in Bezug auf Schulungen, Netzwerkbildung und Unterstützung im Employer Branding für die Mitarbeitergewinnung.
- Anregen eines Leerstandmanagements in Richtung Gemeinden, um leerstehende Immobilien besser zu nutzen und Anreize für potenzielle Gastronomen/Mieter zu geben – gegebenenfalls auch ergänzend Pop-up-Konzepte, SB-Konzepte und Automaten.
- Koordination der Öffnungstage/Schließtage in der Destination
- Schaffen von Plattformen für Stellenausschreibungen
- Aufzeigen der aktuellen Gastronomie-Situation in der Destination (Fakten-Check), Durchführen von Gastro-Fitness-Checks in der Destination, Anregen von Gastronomie-Masterplänen für die Destination, stärkere Integration der Gastronomie in Destinationsstrategien
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