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Ahr: Gelder sind nun geflossen

VDP und »Rebuilding«-Initiative haben zusammen fast 10 Millionen Euro an Spendengeldern an die Winzer des Ahrtals überwiesen. Viele Begünstigte werden jedoch die Spendengelder oder Teile davon als Sondereinkunft versteuern müssen.

Die gute Nachricht zuerst: Die im Sommer 2021 vom Bundes-VDP gesammelten Spendengelder – insgesamt 3,8 Millionen Euro – sind jetzt auf den Konten der Ahr-Winzer angekommen. Profitiert haben von den Zuwendungen alle Betriebe, unabhängig davon, ob sie VDP-Mitglieder sind oder nicht. Alleine die beiden großen Genossenschaften »Mayschoß-Altenahr« und »Dagernova« durften hohe sechsstellige Beträge entgegennehmen, die sie nun teils in die eigene Infrastruktur investieren können und teils an ihre Mitglieder weiterverteilen.

Theresa Olkus, die Geschäftsführerin des Bundes-VDP äußert sich im Gespräch mit Falstaff vor allem »stolz darüber zu sehen, wozu ein einzelner Berufsstand in der Lage ist.« Olkus deutet aber auch an, dass sie sich eine schnellere Auszahlung gewünscht hätte. »Es gab relativ schnell einen Sondererlass, nach dem wir 5.000 Euro pro Betrieb auszahlen konnten. Das will ich auch ausdrücklich anerkennen. Aber«, fragt Olkus weiter, »hätte man da die Summe nicht gleich auf 25.000 oder 30.000 Euro setzen können?«

Es braucht noch viel mehr Geld

Eine weitere gute Nachricht ist, dass in den jetzt verteilten 3,8 Millionen Euro die Gelder der an der Ahr selbst gestarteten Initiative »AHR – A wineregion needs Help for Rebuilding e.V.« noch gar nicht enthalten sind. Durch den Verkauf von Flutwein-Flaschen, eine Crowdfunding-Aktion und zahlreiche weitere Spenden sind etwa sieben Millionen Euro weiterer Spendengelder zusammengekommen. Etwa 5,5 Millionen davon seien bereits verteilt, summiert der Vorsitzende des Vereins, Marc Adeneuer, der zugleich dem VDP-Regionalverband der Ahr vorsteht. Den Schlüssel zur Verteilung haben Bundes-VDP und die lokale Initiative nach gleichen Prinzipien geregelt: Dabei fließen in die Berechnung der Auszahlung die jeweilige Betriebsgröße ein, die Schadensschwere sowie die Größe der von Versicherungen oder staatlichen Hilfen nicht gedeckten Schäden.

Überschlägt man die Summe der Spenden und die Anzahl der betroffenen Betriebe, dann dürfte ein durchschnittliches selbstvermarktendes Weingut einen hohen fünfstelligen Betrag überwiesen bekommen haben. Das scheint im ersten Moment – selbst nach Abzug möglicher Steuern – eine Menge Geld. Doch wenn man aktuell durchs Ahrtal fährt, wird deutlich, dass auch diese Beträge nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Entlang des Flusslaufs sind nach wie vor mehrere Dutzend Brücken zerstört, in vielen Ortschaften wird die abendliche Straßenbeleuchtung noch immer mit batteriebetriebenen Strahlern sichergestellt. Und in den Kellern präsentieren die Winzer zwar mit Stolz und mit Erleichterung, dass sie schon wieder alle Gerätschaften besitzen, die es zum Weinmachen braucht. Doch durch den erst langsam wieder in Gang kommenden Tourismus stottert im Moment noch der Absatz.

Ein Quader mit eingegossenem Treibgut

Es wird also weiterer Gelder bedürfen, öffentlicher und privater. So hat der Bundes-VDP nun entschieden, die »Der Adler hilft«-Spendenaktion fortzuführen (Spendenkonto siehe unten). Und auch die »Rebuilding«-Initiative legt nach: Vergangene Woche stellte sie den »Cube« vor: In einen 3,5 Tonnen schweren Kunstharzquader hat ein ungarischer Künstler Fundstücke eingegossen, die der Fluss in der Flutnacht mit sich getragen hat. Nun sollen Anteile an diesem Kunstwerk als NFTs versteigert werden. In Plakataktionen und in den Vorprogrammen deutscher Kinos soll das Kunstwerk präsentiert werden – auch, um die Erinnerung an die Katastrophe wach zu halten. Die größte Unterstützung jedoch, die man den Winzern der Ahr zugute kommen lassen kann, ist selbst hinzufahren. Eine Unterstützung überdies, mit der man auch sich selbst etwas Gutes tut: Denn die Köche haben das Kochen nicht verlernt – und die Weine schmecken besser denn je.

Mehr über die Ahr lesen Sie im Falstaff Magazin Deutschland 2/2023, das Ende März erscheinen wird.


Spendenkonten:

Der VDP.Adler hilft e.V.
Rheingauer Volksbank
IBAN: DE 21 5109 1500 0000 2045 28
BIC: GENODE51RGG
Betreff: Solidarität Ahr 

AHR - A wineregion needs Help for Rebuilding e.V.
KSK Ahrweiler
IBAN: DE 94 5775 1310 0000 339507
BIC MALADE51AHR

Infos über den CUBE: www.flutwein.de / www.momahr.de


Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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