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Die Kunst des Gastgebens: Tipps und Tricks für die Weihnachtstage

Die Festtage klopfen an, und mit ihnen erwarten uns nicht nur besinnliche Momente, sondern auch zahlreiche Gäste, die empfangen werden wollen. Drei erfahrene Gastgeberinnen und Gastgeber enthüllen ihre Geheimnisse für ein gelungenes Gastgeben, geben Tipps für den privaten Rahmen und erklären, warum Alkohol manchmal eben doch die Lösung ist.

Einige beherrschen die Kunst des Gastgebens mühelos: Sie laden Gäste ein, zaubern ein köstliches Dinner und sorgen für einen entspannten und unterhaltsamen Abend. Wie genau sie das schaffen, haben wir drei Gastgeberinnen und Gastgeber gefragt, die es wissen müssen. Denn zum Glück braucht es kein Naturtalent, um den perfekten Weihnachtsabend zu gestalten. Eine gute Vorbereitung ist schon die halbe Miete, und selbst Profis greifen bei Bedarf gerne zur altbewährten Flasche Schnaps.

 

Ilona Scholl – Tulus Lotrek

Ilona Scholl führt gemeinsam mit ihrem Lebenspartner und Küchenchef Max Strohe das Berliner Restaurant »Tulus Lotrek«. Seit 2017 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, ist das Restaurant berühmt für seine herausragende kulinarische Qualität. Scholl und ihr Team wurden bereits mehrfach für ihre Gastgeberqualitäten ausgezeichnet. Sie beherrscht es so meisterlich wie kaum jemand sonst, ihren Gästen vom ersten Moment an ein absolutes Wohlfühlerlebnis zu vermitteln.

»Eine exzellente Gastgeberin zu sein, bedeutet in erster Linie genug Kapazitäten, Kraft und Aufmerksamkeit für all meine Gäste zu haben. Im Idealfall versetze ich sie in einen Zustand, in dem sie sich bestmöglich auf das Genusserlebnis einlassen können. Es ist eine Herausforderung, sicherzustellen, dass jeder sich gesehen und gehört fühlt, und alle Bedürfnisse erfüllt werden. Im privaten Rahmen ist eine gute Vorbereitung essenziell, damit der Abend reibungslos verläuft. Wichtig ist, etwas zu kochen, das man kennt, damit da nichts schiefgehen kann. Das Entscheidendste ist aber die Empfangssituation. Ein Glas Sekt hilft immer zu Beginn. Man macht sich zudem am besten im Vorfeld Gedanken, wie kommen die Gäste an, wo kommen die Jacken hin, wie übermittle ich relevante Information, wie, wo das Badezimmer ist. Vielleicht läuft, wie bei uns im Tulus Lotrek, eine tolle Playlist, wir haben auch gestärkte Servietten, schönes Geschirr, Besteck, Speisekarten aus hochwertigem Papier und wenn wir die Namen der Gäste kennen, schreiben wir sie auf Tischkärtchen.

Es sind die kleinen Gesten, die den Abend unbewusst beeinflussen. Da geht es um Zuwendung, um Wärme, Witz, Charme und Kenntnisreichtum. Ein guter Gastgeber oder eine gute Gastgeberin ist immer eine Person, die genau weiß, was sie tut und den Gästen zugewandt ist. Er oder sie bekommt mit, wenn jemand unbequem sitzt oder lieber über Eck sitzen möchte, eine Weinbegleitung nimmt, die ihm aber nicht gefällt und zu höflich ist, das zu sagen.

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Besonders in der Weihnachtszeit ist ein guter Service sehr wichtig. In Familien gibt es oft Grundspannungen. Gerade, wenn es politisch wird, kippt die Stimmung schnell. Meine Lösung dafür ist tatsächlich eine wohlgesetzte Gesprächsunterbrechung. Wenn ich merke, da wird es gerade eisig, gehe ich an den Tisch und erzähle etwas, entweder über den Wein oder ich versuche es mit Humor – ohne mich einzumischen – und lenke so ab. Ich habe auch schon Schnaps serviert, wenn es hitziger wurde. Wenn man an einem Point of no return angekommen ist, sollte man einfach alles versuchen, um den Abend möglicherweise zu retten. Alkohol ist schön und gut und hilft wirklich – ich setze ihn auch ein – aber die Person, die die Rolle der Gastgeberin innehat, sollte einfach nicht so viel trinken, dass sie nicht mehr mitbekommt, wenn jemand etwas braucht.

Gastgeberin oder Gastgeber sein ist eine Rolle, in die man schlüpft. Wenn man diese Rolle nicht genießen kann und sie nur belastend ist, dann sollte man es nicht machen. Klar, gibt es Situationen, gerade jetzt zur Weihnachtszeit, da muss man die Rolle einfach übernehmen, dann muss man tatsächlich einfach in den sauren Apfel beißen. Aber: man ist auch nicht für alles verantwortlich. Ein wohlgemeinter Rat für zuhause ist jedoch auch: Leute hinauswerfen – und zwar nicht, weil sie sich daneben benehmen, sondern wenn es einfach Zeit für das Ende des Abends ist. Das ist nicht nur vollkommen in Ordnung, sondern auch wichtig.«

 

Jérôme Pourchère – Esplanade

Jérôme Pourchère ist weit mehr als nur ein Gastgeber – für ihn ist es eine Berufung, die er mit sichtbarer, doch niemals aufdringlicher Leidenschaft verfolgt. Seit 2019 leitet er den Service im Gourmetrestaurant »Esplanade« in der saarländischen Hauptstadt. Pourchère zeichnet sich besonders durch seine unvergleichliche Fähigkeit aus, ohne pompöse Inszenierung den perfekten Wein zu empfehlen und seine Mitarbeiter durch den Service zu lenken – lautlos und reibungslos. Kein Wunder, dass er dafür von Falstaff zum Gastgeber des Jahres 2024 gekürt wurde.

»Ich bin vor meinen Gästen genauso wie im privaten Umfeld – ich spiele keine Rolle. Ein exzellenter Gastgeber muss authentisch bleiben und Leidenschaft mitbringen. Alle großen Maître haben sich ihren Beruf ausgesucht, weil er ihnen Freude bereitet – sie machen alles aus und mit Leidenschaft. Und genau das macht außergewöhnlichen Service aus. Diese positive Energie und Hingabe spüren die Gäste, sie fühlen sich bei mir wohl und glücklich. Gastgeber zu sein ist meine passion, ich mache das mit plaisir und amour – und das seit fast 30 Jahren.

 

Manchmal empfangen wir Gäste, die anfangs schlecht gelaunt sind, aber wenn sie gehen, sind sie zufrieden und glücklich. Ich kann nicht genau sagen, was ich dafür getan habe; ich bleibe einfach authentisch. Es liegt in meiner Natur. Möglicherweise trägt mein französischer Charme dazu bei, dass die Gäste gerne zu uns kommen, oder mein französischer Akzent. Die Menschen schätzen meine Art, wie ich mich bewege, mit ihnen umgehe und den Abend gestalte. Man muss aber auch ehrlich sein: Die Gäste kommen wegen des Essens zu uns. Wichtig ist für mich, dass am Ende nicht nur das Essen in Erinnerung bleibt, sondern auch der Service. Dann sagen die Leute nicht wir gehen ins Esplanade, sondern wir gehen zu Jérôme.  Solche Stammgäste sind der Schlüssel zum Erfolg. Ich kenne ihre Wünsche, weiß welchen Wein sie gerne trinken und kann die Flaschen schon vorbereiten. Das sind Kleinigkeiten, auf die es ankommt.

Im privaten Rahmen empfehle ich authentisch zu bleiben und dafür zu sorgen, dass sich die Gäste wohlfühlen. Vielleicht berücksichtigt man die Vorlieben einzelner Familienmitglieder und besorgt schon vorab den Lieblings-Wein oder Aperitif. Aber es geht nicht nur um das Essen oder die Getränke. Es geht primär darum, eine schöne gemeinsame Zeit zu verbringen. Und wenn doch etwas schief geht, Gläser oder Teller fallen, löst man das am besten mit Humor – so machen wir das auch im Restaurant. Man sollte entspannt und authentisch bleiben, das ist es, was wir heute wollen – keine unnötige Steifheit, sondern eine lockere Atmosphäre.«

Mona Schrader – Jante

Mona Schrader und Tony Hohlfeld ist es gelungen, ein wunderbares, gastronomisches Kleinod in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu etablieren. 2015 gründeten sie und der damals jüngste Sternekoch Norddeutschlands, das Restaurant »Jante« in Hannover. Innerhalb eines Jahres erhielten sie einen Michelin-Stern und wurden 2020 sogar mit einem zweiten Stern ausgezeichnet. Schon im Alter von 13 Jahren absolvierte Mona Schrader ihr erstes Praktikum im Ein-Sterne-Restaurant »La Fontaine«. Heute verwöhnt sie als Chef-Sommelière die Gäste mit einer beeindruckenden Auswahl an Weinen, und schafft eine entspannte Wohlfühlatmosphäre auf höchstem Niveau.

 

»Authentizität ist der Schlüssel, um ein guter Gastgeber zu sein. Und es ist wichtig, dass Gast und Gastgeber sich auf Augenhöhe begegnen. Dazu zählt auch Grenzen zu setzen. Wir sind Dienstleister, aber keine Bediensteten. Es gibt Momente, da geht die Menschlichkeit verloren, wenn Gäste beispielsweise nicht von einem Mitarbeiter abkassiert werden wollen, ihnen die Stimmfarbe einer Mitarbeiterin nicht gefällt oder sie mit ihrem Platz unzufrieden sind und ihrem Ärger deutlich Luft machen. Ich schaue mir solche Situationen maximal fünf Minuten an. Wenn sie sich dann nicht bessert, werde ich auf einer professionellen Art etwas direkter. Schließlich ist niemand dazu verpflichtet, bei uns Gast zu sein.

Ein herausragender Service kann das Essen in den Schatten stellen, obwohl die meisten primär wegen der Speisen kommen. Oft hört man: Das Essen war super, und der Service war auch gut. Aber wenn der Service dieses gewisse Etwas mitbringt – aufmerksam, herzlich, persönlich, authentisch und voller Leidenschaft für den Beruf ist, und das ohne aufgesetztes Lächeln, sondern mit viel Engagement – dann hört man: Das Essen war großartig, aber der Service war unglaublich. Das ist unser Ziel.

Unsere Strategie ist dabei viel Augenkontakt. Wir versuchen unseren Gästen das Gefühl zu geben, als säßen sie bei Freunden. Sie werden wahrgenommen, vielleicht auch ein bisschen betüdelt, aber niemals sollen sie sich fühlen, als würden sie von Robotern bedient werden. Die Persönlichkeit macht den Unterschied, ich nehme mich da auch nicht zurück und versuche gesehen und bemerkt zu werden. Im Restaurant geschieht das alles mit sehr viel Charme und Humor – es wird viel gelacht und manchmal ist es auch laut. Diese Lebendigkeit schätzen unsere Gäste. Dafür muss man aber auch geboren sein. Gastgeber zu sein, lernt man nicht so einfach. Selbst wenn man das Fachwissen besitzt, ist es die Persönlichkeit, die den Unterschied macht. Sie ist das A und O: Entweder du hast sie, oder hast sie nicht.

Muss man selbst an Weihnachten Gäste empfangen, empfehle ich gleich zu Beginn ein Glas Schaumwein – um eine lockere Atmosphäre zu schaffen. Sowohl für die Feiertage als auch im Restaurant gilt: Man kann sich seine Gäste nicht aussuchen, Familie erst recht nicht. Um selbst als Gastgeber einen schönen Abend zu haben, hält man es deswegen am besten so einfach wie möglich. Bei Getränken empfehle ich easy drinking, vor allem bei Weinen. Primitivo oder Grauburgunder kommen meist bei allen gut an. Beim Essen gilt ähnliches: Einfachheit ist Trumpf – und immer eine vegetarische Variante mit einplanen. Als Gastgeber entscheidet man sich am besten für Gerichte, die sich gut vorbereiten lassen, damit man weder in Stress gerät, noch dauernd vom Tisch aufstehen muss. Mein Tipp: Die Gäste mit einzubeziehen. Das lockert nicht nur die Atmosphäre, sondern macht auch Spaß. Und sollte die Stimmung doch einmal kippen, die Fragen nach der Hochzeit, dem Beziehungsstatus oder der Kinderplanung zu viel werden, bietet sich eine Runde Schnaps an. Vielleicht besorgt man im Vorfeld eine Rarität oder etwas Besonderes, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht.«


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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