Erstmals beschrieben wurde das BLT-Sandwich im Buch »Seven Hundred Sandwiches« der Amerikanerin Florence A. Cowles aus dem Jahr 1929.

Erstmals beschrieben wurde das BLT-Sandwich im Buch »Seven Hundred Sandwiches« der Amerikanerin Florence A. Cowles aus dem Jahr 1929.
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Falstaff klärt auf: Die Geschichte des Sandwichs

Was heute zum kulinarischen Alltag gehört, war einst der High Society vorbehalten: Der Sandwich, das bis dato beliebteste Fastfood der Welt. Erfunden wurde es angeblich bereits im 18. Jahrhundert.

Eine Scheibe Rindfleisch zwischen zwei Scheiben Brot: ­Darum bat John Montagu, der 4. Earl of Sandwich, einen Butler der Überlieferung nach im Jahr 1762. Es war die Geburtsstunde des Sandwich. Heute streiten die Kulinarik-Geschichtsschreiber darüber, ob sich diese Szenerie bei einer seiner ausufernden Kartenpartien oder am Schreibtisch abspielte. Letzteres scheint jedoch wahrscheinlicher, denn der Earl soll ein wahrer Workaholic gewesen sein und wollte sich nicht einmal zum Essen von seinem Arbeitsplatz entfernen. Das gab nicht nur der Biograf des Earls, N. A. M. Rodger, zu Protokoll, sondern es erzählt auch der heute noch lebende Nachfahre John Edward Hollister Mon­tagu, 11. Earl of Sandwich.

»Dasselbe wie Sandwich«

Wie viel geschichtliche Schönrederei in dieser Aussage steckt, lässt sich nur erahnen, sicher ist jedenfalls, dass das Sandwich schriftlich erstmals am 24. November 1762 auftauchte. Der englische Autor Edward Gibbon notierte: »Ich habe im ›Cocoa Tree‹ gegessen. Dieser anständige Raum bietet jeden Abend einen wirklich englischen Anblick. Zwanzig oder dreißig der wichtigsten Männer im Königreich … essen an kleinen Tischen Abendbrot … ein bisschen Aufschnitt oder ein Sandwich.«

Die Beschreibung seiner Beobachtung einiger der reichsten und nobelsten Herren Englands, die in einem damals angesagten Londoner Gentlemen’s Gaming Club saßen, diskutierten und sich unter anderem Sandwiches einverleibten, wirkte nach. Der schnelle Imbiss nach Sandwich-Art fand in englischen Adelskreisen rasch Liebhaber. Man bestellte nach Überlieferung »dasselbe wie Sandwich«, zunächst jedoch offenbar nur bei den abendlichen Männergesellschaften.

Ein Snack erorbert die Welt

Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Sandwich auch als angemessene Zwischenmahlzeit für Damen bei Tanzbällen angeboten. Eines der ersten Rezepte veröffentlichte Charlotte Mason, eine britische Erziehungs- und Bildungsphilosophin, in einem Kochbuch: »Lege einige sehr dünne Scheiben Rindfleisch zwischen zwei Scheiben Brot mit Butter«, heißt es da. Diese einfache Variante unterschied sich jedoch stark von der Version des Adels, bei der die Füllung mittlerweile sehr viel umfangreicher ausfiel und häufig Salat sowie eine Sauce einschloss.

Auch wenn der Earl für das belegte Brot mit seinem Namen Pate stand – und dieser sich in der ganzen Welt verbreitete –, müssen wir, wenn es um den Genuss belegter Brote an sich geht, deutlich weiter zurück in der Geschichte gehen. Bereits im 1. Jahrhundert vor Christus soll Hillel, einer der bedeutendsten pharisäischen Rabbiner, begonnen haben, Lamm gemischt mit Nüssen und Kräutern zwischen zwei Scheiben Brot zu verspeisen: die erste Aufzeichnung eines belegten Brotes, wie wir es heute nahezu täglich verspeisen.

Ein Stück Brot und viele Interpretationen

Im Mittelalter nutzten die Menschen dicke Brotscheiben als Teller und versahen sie mit Fleisch oder Gemüse, eine Art offenes Sandwich. Auch die Niederländer haben eine lange Tradition darin, Brot mit Butter und Belag nach Wahl zu servieren, genannt Broodjes. Letztlich setzte sich sprachlich jedoch die Version des Earls of Sandwich durch.

Dass wir heute ebenjenes Sandwich und nicht etwa zum Beispiel »ein Portsmouth« bestellen, ist übrigens König Charles II. zu verdanken. Als ihn Edward Montagu, ein Vorfahre des 4. Earls, im Jahr 1660 aus dem holländischen Exil zurückholte, verlieh ihm der König in Dankbarkeit für seine Dienste den Titel Earl of Sandwich. Denn Montagu befehligte jene kleine Flotte, die Charles II. über den Kanal wieder zurück in die Heimat brachte. Dafür sollte er ursprünglich den Titel Earl of Portsmouth erhalten. Weil die Flotte jedoch von dem kleinen Städtchen Sandwich an der Südküste Englands aus ablegte, entschied sich der König kurzfristig anders.

Seit 2004 betreiben die Nachfahren des erfinderischen Earls die Fastfoodkette »Earl of Sandwich«. Die erste Filiale eröffnete im Disney World in Florida.
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Seit 2004 betreiben die Nachfahren des erfinderischen Earls die Fastfoodkette »Earl of Sandwich«. Die erste Filiale eröffnete im Disney World in Florida.

»Earl of Sandwich«

Obwohl die Familie Sandwich also nachweislich Namensgeber des beliebten Fastfoods ist, konnte sie den Namen doch nicht patentieren lassen. Trotzdem machen sich die Nachfahren des Earls dessen Pionierarbeit heute zunutze. Im Jahr 2004 gründete Urahn Orlando Montagu die Fastfoodkette »Earl of Sandwich«. Das erste Restaurant wurde über dem großen Teich, im Disney World in Orlando, Florida, eröffnet. Wei­tere Filialen folgten, unter anderem eine in London, die jedoch bereits im Februar 2014 schon wieder schließen musste.

Sandwichliebhaber müssen aber dennoch nicht zwingend in die Staaten reisen, um in den Genuss eines »The Original 1762«-Sandwich mit Roastbeef, Cheddar und Meerrettichsauce zu kommen – angelehnt an ebenjenes Sandwich, das der vierte Earl damals erfunden haben soll. Und auch im Disneyland Paris findet sich inzwischen eine Filiale der Fastfoodkette.

Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2020

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