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Funky Funghi: Auf den Sporen kulinarischer Schimmelpilze

Von fermentierter Sojasauce bis zur exotischen Anziehungskraft von Blauschimmelkäse, Tempeh und Huitlacoche: Schimmelpilze haben die Haute Cuisine infiltriert. Falstaff begibt sich auf die Suche nach jenen Edelpilzen, welche die Gastronomie in Wallung bringen.

Koji: Der Umami-Alchemist

Es ist an der Zeit, dem unbesungenen Maestro hinter einigen der kultigsten Gerichte aus dem Land der aufgehenden Sonne Anerkennung zu zollen: Koji ist der unbesungene Held japanischen Küche. Dieser Schimmelpilz mag zwar nicht besonders glamourös sein, aber sein Einfluss ist geradezu alchemistisch. Koji steht für die Magie hinter Miso, Sojasauce, Sake und unzähligen anderen Grundnahrungsmitteln der japanischen Küche. Koji verwandelt einfache Zutaten wie Sojabohnen und Reis durch den Prozess der Fermentation in umami-reiche Wunderwerke. Trotz seiner kulinarischen Fähigkeiten fristet Koji oft ein Schattendasein, das von seinen fermentierten Nachkommen überschattet wird.

Fermentierter weißer Koji-Reis.
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Fermentierter weißer Koji-Reis.

Huitlacoche: Der mexikanische Maispilz

Aus dem Herzen Mexikos kommt »Huitlacoche«, ein Pilzschatz, der sich wie viele Schimmelpilze im Verborgenen hält. Dieser tiefschwarze Schimmelpilz, der auch als Maisfäule oder mexikanischer Trüffel bekannt ist, gedeiht auf Maiskörnern und verwandelt diese in eine deliziöse Spezialität. Sein wucherndes Aussehen gewinnt vielleicht keinen Schönheitswettbewerb, seine geschmackliche Tiefe und Komplexität sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Die Verwandlung des Huitlacoche von einem erntezerstörenden Pilz in eine kulinarische Delikatesse beweist den menschlichen Einfallsreichtum.

Die Zutat ist nach wie vor umstritten: Während einige zögern, sich auf ihren unkonventionellen Reiz einzulassen, wissen Connaisseurs um die geschmackliche Vielfalt der »veredelten« Maiskörner als Zusatz in unterschiedlichen Gerichten. Dazu beispielsweise einfach die Kolben mit der Stielseite nach oben halten und mit einem scharfen Messer von oben nach unten abschneiden. Anschließend die Huitlacoche mit Gewürzen wie Zwiebeln, Knoblauch und Chilischoten sautieren, bis sie weich sind, eine dunklere Farbe bekommen und die Delikatesse zum Abschluss mit etwas Salz würzen.

Traditioneller mexikanischer Taco mit Huitlacoche.
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Traditioneller mexikanischer Taco mit Huitlacoche.

Tempeh: Die Kraft der Sojabohnen

Aus dem üppigen Archipel Indonesiens kommt eine weitere schimmelige Köstlichkeit – Tempeh. Dieser traditionelle Sojabohnenkuchen ist ein Grundnahrungsmittel in der indonesischen Küche und ein veganes Protein-Kraftpaket. Er wird in einem Fermentationsprozess mit Hilfe des Schimmelpilzes »Rhizopus oligosporus« hergestellt. Der Schimmelpilz bindet die Sojabohnen zu einem dichten Kuchen mit nussigem Geschmack und einer festen, sättigenden Konsistenz. Die Vielseitigkeit von Tempeh macht es zu einem Star in der vegetarischen und veganen Küche weltweit. Für manche ist der kräftige, erdige Geschmack von Tempeh jedoch ein gewöhnungsbedürftiger Genuss, den man erst mit der Zeit richtig schätzen lernt.

Camembert und Blauschimmelkäse: Könige des Edelschimmels

Geliebt und gehasst: Keine Diskussion über kulinarische Schimmelpilze ist vollständig, ohne dem Camembert und Blauschimmelkäse zu huldigen. Diese schimmeligen Meisterwerke aus den dunklen Tiefen der Käsereien sind ein Zeugnis für die Kraft des Penicilliums. Es verwandelt gewöhnlichen Käse in ein marmoriertes Wunder und verleiht ihm kräftige, komplexe Geschmacksnoten. Im Reifungsprozess des Blauschimmelkäses werden die Käselaibe mit breiten Nadeln pikiert, also gestochen, damit durch die entstandenen Kanäle Sauerstoff in den Käse dringen kann und so die Schimmelbildung gefördert und beschleunigt wird.

Von weißen und schwarzen Trüffeln

Die geheimnisvollen unterirdischen Pilze, die als »schwarze Diamanten« bekannt sind, lauern unter Eichen und Haselnussbäumen in Regionen wie dem Périgord: Die Rede ist von vom Trüffel. Mit ihrem berauschenden Aroma und erdigen Geschmack erzielen Trüffel teilweise astronomische Preise und zieren seit Jahrhunderten die Tische von Königshäusern und Feinschmeckern. Die Faszination der Trüffel liegt nicht nur in ihrem Geschmack, sondern auch in ihrer Jagd. Trüffel lassen sich nun mal nicht gerne kultivieren und wachsen dort unter der Erde, wo sie sich wohlfühlen. Heutzutage werden statt Schweinen fast nur noch Trüffelhunde eingesetzt, um diese Delikatesse aufzuspüren – die Schweine verspeisten die feinen Knollen zu oft selbst.

Ein Pladoyer für Beharrlichkeit

Ist es bei all diesen schimmeligen Feinheiten nicht genau so wie mit Delikatessen wie Kaviar und Austern? Erst mit der Zeit und nach mehreren Anläufen lernt man so richtig, die eingesperrten Aromen gebührend wertzuschätzen. Denn wer schluckte schon seine erste Auster genüsslich runter, ohne das Gesicht wenigstens ein wenig zu verziehen? Beharrlich bleiben hilft – wie so oft im Leben.


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Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
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