Sideways: Bucklige Welt

Pilze, Wild und Kräuter prägen die herbstliche ­Küche in der hügeligen ­Region südwestlich des Wechsels.

Wenn im Herbst die Schatten der Bäume auf den Wiesen länger werden und die tief stehende Sonne die Buck­-lige Welt in ein warmes Licht taucht, dann ist die Ernte ein­gebracht und kann in wohlig-warmen Wirtsstuben genossen werden. Obwohl die Südautobahn als stark frequentierte Verkehrsachse die Westgrenze der Buckligen Welt darstellt, ist die verträumte Region noch vom Massentourismus verschont geblieben. Es sind vielmehr die Tagesausflügler aus dem Wiener Becken, die kleine wirtschaftliche Impulse geben und Wirtshäusern wie Direktvermarktern zu einem ­guten Auskommen verhelfen. Vereinzelt stehen noch Schafe und Rinder auf den Weiden, die im Sommer das Bild der Landschaft prägen. Die meisten Wirte haben die Zeichen der Zeit erkannt und versuchen, ­einen Großteil ihrer Gerichte aus Produkten der umliegenden Landwirte zu kreieren. Wegen der klein strukturierten bäuerlichen Betriebe ist das allerdings ein schwieriges Unterfangen, und die Gastronomen müssen um die Gunst der besten Hersteller ­buhlen, um ausreichende Mengen zu bekommen.

Blick in die Stube des Gasthauses »Triad«, des Leitbetriebs der Region / Foto: beigestellt

Das Brot von Denise Pölzelbauer ist Kult und wird täglich nach Wien geliefert / Foto: beigestellt

Herbstgenuss
Wenn Ausflügler und Sommerfrischler ihren Heimweg ­angetreten haben, dann wird es noch ruhiger und beschaulicher in der Buckligen Welt. Die dörflichen Strukturen funktionieren wie seit Hunderten von Jahren, und neben der Kirche ist das Wirtshaus das kommunikative Zentrum. Seit 1930 werden ­beispielsweise im »Gasthof Stocker« in Lembach Geburten und Hochzeiten gefeiert, und es wird von Verstorbenen Abschied genommen. Tochter Gerda hat den Betrieb durch ihre Erfahrung in Top-Betrieben wie bei den ­Obauers oder im »Steirereck« sowie durch ihr Kräuterfach­wissen überregional bekannt ­gemacht. Ihre Kochkurse und Kräuterwanderungen sind sehr ­gefragt und rasch ausgebucht. Jetzt, im Herbst, gibt es Hirsch, Reh oder Wildschwein von ­örtlichen Jägern mit Schlehen und Kürbis-Chutney. Sündhaft gut sind die Weidegänse vom ­Weingartleitenhof, die Stocker mit Knödel, Maroni, Vogelbeer-Chutney und Wildfrüchten ­serviert. Der Weingartleitenhof ist so ein ­Erzeuger, bei dem sich Wirte und Privatleute um die besten Gansln und Wild­enten reißen.

Die Küche im Linsberg Asia setzt moderne Akzente / Foto: beigestellt

Regionale Produktvielfalt
Auch der Leitbetrieb der Buckligen Welt, das Gasthaus »Triad« in Ödhöfen bei Bad Schönau, bezieht seine Wild­enten von dort. Die »Triad«-Wirtsleute Veronika und Uwe Machreich konnten sich schon über eine ganze Reihe an Auszeichnungen freuen: Die Fals­taff-Gourmetclub-Tester ver­liehen ihnen beachtliche 92 Punkte und drei Gabeln. Im Jahr 2010 wurde das »Triad« zum Top-Wirt-Sieger des Jahres gekürt. Neben einer kleinen Standardkarte gibt es drei monatlich wechselnde Menüs: ein Wirtshausmenü mit Produkten aus der Umgebung, ein »Triad«-Menü, »bei dem wir uns ein bissl hinauslehnen«, und ein Überraschungsmenü, »wenn wir gerade Tauben oder einen schönen Hirsch bekommen«, so Uwe Machreich. Im Herbst darf man sich neben Wild auch auf Weiße Trüffeln aus Istrien oder Alba freuen. Stammgäste schwärmen vom »Triad-Tufo«, ­einer Trilogie aus Erdäpfel­püree, Eidotter und Spinat mit frischer Trüffel. Beim Dessert kommt Familie Blochberger aus Krumbach ins Spiel, die den Großteil der Milch ihrer 35 Kühe zu Eis ­verarbeitet. In Wien vertreiben sie ihre raffinierten Kreationen in der »Eisgreisslerei« in der Rotenturmstraße und haben mit Sorten wie Butterkeks, Ziegenkäsesorbet oder Edelbitterschokolade für einen regelrechten Hype ­gesorgt. Sogar Brot aus der Buckligen Welt ist so gut, dass es in Wien Kultstatus genießt. Verantwortlich dafür ist Denise Pölzelbauer, die in ihrer historischen Backstube in Pitten nach der Fünf-Elemente-Lehre arbeitet. Ihr köstliches Wein­gebäck aus Traubenkernmehl, Ghee und Rosmarin wird bis in die Schweiz verschickt und ist hierzulande unter anderem bei Wein & Co erhältlich.

Die Weidegänse vom Weingartleitenhof sind im November heiß begehrt / Foto: beigestellt
Die Weidegänse vom Weingartleitenhof sind im November heiß begehrt.

Gerda Stocker ist Expertin für Kräuter und Wildfrüchte / Foto: Ulrike Kronthaler

Wandern und Wellness
Im Herbst werden die Motorrad- und Cabriofahrer, die die ­kurvigen Straßen der Buckligen Welt lieben, langsam weniger. Dafür kommen mehr Wanderer, Schwammerlsucher und Radfahrer. Bei einem Fahrradausflug spürt man die vielen Hügel und gesammelten Höhen­meter rasch in den Waden, ­deshalb werden Angebote wie ­E-Bike- oder Segway-Verleih dankbar angenommen. Die Fernsicht belohnt die Mühen, von schönen Aussichtspunkten sieht man bis zum Schneeberg und dem Neusiedler See. Sollte die Sicht ob nasskalten Herbstwetters nicht optimal sein, kann man sich in der Therme Linsberg Asia in südlichere Gefilde träumen. Die Betreiber versprechen ganzheitliches Wohlbefinden, das sich angesichts des reichhaltigen Wellness­angebots und der kulinarischen Versuchungen bei den meisten Gästen tatsächlich einstellt. Das Kulinarikkonzept stammt von Starkoch Wini Brugger und beruht auf Fu­sions­küche im besten Sinne: ­bodenständige Gerichte mit Produkten aus der Region ergänzt durch aromenreiche Asia-Küche. Authentischer ist der Genuss allerdings in einem der urigen Heurigen. Neben dem bereits erwähnten Weingart­leitenhof kann man sich beim Genussbauernhof Böhm an ­deftigen Spezialitäten vom Turo­polje-Schwein erfreuen und aus dem Hofladen den Geschmack der Buckligen Welt gleich mit nach Hause nehmen.

Tipps: Die besten Adressen in der Buckligen Welt auf einen Blick

Text von Bernhard Degen
Aus Falstaff Nr. 07/2012

Bernhard Degen
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