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Was ist der perfekte Nachtisch?

Im Falstaff-Interview spricht Pâtisserie-Profi Fabrizio Fiorani über seine Leidenschaft für Desserts und verrät, was hierbei wirklich zählt und woher er seine Inspirationen nimmt.

Fabrizio Fiorani, mit so einem Namen könnte man eigentlich alles verkaufen. Aber Fiorani hat sich auf das Süße spezialisiert. Der 36-jährige Koch hat in den Drei-Sterne-Restaurants »La Pergola« oder »Enoteca Pinchiorri« gekocht, bis er 2015 bei der Eröffnung des Restaurants von Heinz Beck in Tokio dabei war. Heute arbeitet er in Osaka, Rom oder auf Bali. Für große Hotels oder Marken wie »Moncler« und »Off-White« setzt er Dessert-Träume um, wie einen 4-Meter-Berg aus weißer Schokolade. 2019 wurde er zum »Asia’s Best Pastry Chef« gewählt. Er schreibt Bücher, hat eine beachtliche Menge an Instagram-Followern und leiht sein Gesicht dem Logo des »Zucchero«, seiner Concept-Konditorei im Hotel »W Rom«. Wir haben den charismatischen Koch anlässlich des ersten Geburtstages des Hotels getroffen und die vermutlich besten Cannoli der Stadt gegessen.

Falstaff: Wie sind Sie eigentlich zur Pâtisserie gekommen?

Fabrizio Fiorani: Ich liebe Essen! Schon sehr früh habe ich in den Sommerferien in einem kleinen Eiscafé in der Nähe von Rom gearbeitet. Gut zu Essen, lernt man schon in der Familie. Wenn du gutes Essen zubereiten willst, musst du gut essen. Mit 18 Jahren war ich im »La Posta Vecchia« und dann ging es immer weiter bis zu Heinz Beck in Tokio.

Aber was war der Moment, in dem Sie sich entschieden haben, sich nur dem Dessert zu widmen?

Im »La Pergola«. Ich kann nur Süßes machen. Ich liebe es. Wenn Sie mich fragen »Eis oder Carbonara?« würde ich mich zwar immer für die Carbonara entscheiden, aber Nachspeisen zu machen, ist ein anderes Handwerk. Abwiegen, organisieren, es ist etwas Chemisches. Und ich interessiere mich sehr für das Design, die Gestaltung eines Gerichts, aber auch für neue Technologien. Wir designen Backformen, arbeiten in unserem Kreativ-Labor mit drei 3-D-Druckern, Food-Printern. Ich entwerfe auch alle Packungen selbst.

Ist die Pâtisserie die kreativere Seite der Küche?

Es ist eine andere Kreativität. Aber wir können den Kunden geben, was sie wollen. Sie wollen etwas Einzigartiges und das können wir ihnen machen. Vielleicht ist ein Stück Fleisch geschmackvoller, aber man kann keine Namen darauf drucken, wie auf Schokolade. Leute lieben es, ihr Firmenlogo zu essen! Wie eine Hostie zu empfangen. Wirklich verrückt. Ich bin eine Person, die ja zu Kundenwünschen sagt. Heinz Beck hat mir beigebracht, dass wir zu den Gästen ja sagen müssen. Wenn sie eine Frittata in einem 3-Sterne-Restaurant wollen, dann stellt man 200 Euro in Rechnung, aber man sagt ja.

Sie sagten vorhin beim Frühstück, dass Sie den Gästen beibringen wollen, für Qualität zu zahlen.

Ja, wenn man Qualität will, gibt es keinen Discount. Als wir den Vertrag mit dem »Hotel W« unterschrieben haben, hatten wir nur zwei Bedingungen: Ich wähle die Mitarbeiter aus, ich wähle die Produkte aus. Die meisten davon kommen aus Italien, das Mehl, die Eier.

Gestern habe ich eine Brille von Ihnen gegessen, war das Tiramisu?

Ja, die bekannteste Nachspeise überhaupt. Geschmack bekommt sie immer von Schokolade, Kaffee und Mascarpone. Keine Himbeeren! Kein Matcha! Wenn man Sushi aus geschnittenen Spaghetti macht, ist es ja auch kein Sushi! Aber die Form, die darf sich ändern. Wissen Sie, immer wenn ein Essen beim Dessert angelangt, sind die Gäste satt. Wir leben im sicheren Teil der Erde, niemand von uns isst aus Hunger. Dessert ist ein Luxus. Wir essen es mit dem Herzen.

Aber wie kommen Sie denn auf solche Ideen, wie die, Tiramisu in Brillenform auf einer Kunststoffnase zu servieren?

Wir haben eine Kollaboration mit Massimo Bottura in Japan gemacht und ich wollte etwas sehr Italienisches, aber auch lustiges. Jeder weiß mittlerweile, dass die Brille von Fabrizio Fiorani ist, auch wenn es nicht draufsteht. Die Leute machen Bilder mit der Brille und posten sie, das ist tolles Marketing. 20 Prozent solcher Ideen kommen mir in der Dusche, aber der größte Teil beim Kochen in der Küche, ich probiere, probiere, probiere. Und ich interessiere mich sehr für Kunst, für Pflanzen, Architektur oder Sport. All das hilft dabei, die Perspektive zu wechseln.

Was ist das Konzept hinter dem »Zucchero«?

Ganz einfach: kein Zucker, keine Freude. Nein, ich mache Spaß. Das Gegenteil. Es gibt Eis, es gibt Maritozzi, besten Café und kleines Gebäck. Für Hotelgäste und alle anderen. Wir machen private Events oder Kochkurse. Alles wird hier im Hotel zubereitet. Wir wollen stolz darauf sein, was wir hier verkaufen. Alle vier Stunden ändern wir das Angebot, damit alles frisch ist. Mein Team ist toll, es ist wichtiger als ich.

Was ist eigentlich das perfekte Dessert?

Zum Frühstück liebe ich Maritozzi. Sie sind cremig, nicht zu kompliziert, ein Brötchen und die Creme. Du brauchst nur die Hände zum Essen. Und Tiramisu ist auch großartig. Mir ist wichtig, dass man versteht, was man isst, was drin ist.

Was ist das liebste Produkt Ihres Kindes hier?

Eis natürlich. Wenn es frisch ist. Eis muss man jeden Tag frisch machen. Wenn wir 1.000 Euro für ein Zimmer verlangen, dann muss auch das Eis frisch sein. Die Creme für die Cannoli machen wir nicht jeden Tag, die können wir mittlerweile durch Pektin X58 sehr gut einfrieren, jede Woche machen wir 20 Kilo.

Was ist der größte Fehler, den man in der Pâtisserie machen kann?

Man hat mir beigebracht, dass ein guter Koch Fehler macht, aber immer versucht, eine Lösung zu finden. Im Büro von Heinz Beck stand an der Wand: »Wenn du ein Problem hast, sei ein Teil der Lösung.« Da bekomme ich immer noch Gänsehaut. Wir machen ständig Fehler. Manchmal bin ich zu unfreundlich zum Beispiel, aber wir brauchen eine hohe Qualität, wenn wir die unterschreiten, ist das Spiel aus.

Gibt es denn Regeln, die Sie Ihren Mitarbeitern mitgeben? Etwas wie nicht zu viel Zucker oder Zitrone zu verwenden?

Die Rezepte sind natürlich perfekt kalkuliert. Ich verlange nur eine Sache von ihnen: Probiere immer alles, bevor du es einem Gast gibst. Nach einem Streit mit der Frau kann auch mit dem perfekten Rezept etwas schiefgehen. Traue nur deiner Zunge.


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Laura Ewert
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