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Würstelstand reloaded: Wie »Extra Würstel« eine Wiener Ikone neu erfindet

Kimchi-Bosna, Chili-Käsekrainer, in Pfefferoni-Gurkerlsud fermentierte und krachend-knusprige Karfiolröschen: Mit »Extra Würstel« sind die Gebrüder Fuchs angetreten, dem angerosteten Image des Würstelstands zu neuem gastronomischen Ruhm zu verhelfen.

Die Uhr zeigt kurz vor Mitternacht. An der Theke verspeisen – nebeneinander und doch allein – zwei kräftig gebaute Mittfünfziger genüsslich und konzentriert ihre Bosnas und Eitrigen mit einem Blick, der mehr sagt als tausend Worte. Es scheint zu munden.

An diesem lauen Spätsommerabend ist nur der Ältere des Besitzer-Gebrüderpaars Fuchs zugegen: Felix Fuchs schneidet die frischen Bio-Kartoffeln gerade akribisch mit dem Messer in perfekte Stiftchen: nicht zu breit und nicht zu fein, damit die Oberfläche nach einigen Minuten auf den Punkt genau frittiert ist. Der Mann weiß, was er tut.

Dieser Wiener Hotdog, mit dem staubtrockenen Weckerl vom warmen Spieß, den ganzen Tag im ungesalzenen Wasser, das geht einfach gar nicht – wir hatten die Nase gestrichen voll.

Die Liebe für Maillard

Die herzliche Bedienung nimmt die Bestellung auf. Das bei Würstelständen sonst klassische Angebot oszilliert hier zwischen neu gedachten Klassikern wie der Kimchi-Bosna, Chili-Käsekrainer, saftig-frittierten Corn Ribs und einem in Soja, Ahornsirup und Chili glasierten Tofu-Hotdog. Die aufregend guten Pommes werden klassisch rot-weiß, mit Limetten-Aioli oder gratiniert gebracht: kein kulinarischer Spleen bleibt hier unbefriedigt.

Einfach viel Bio, wissen, wo die Sachen herkommen, eigene Hersteller, Dinge, die’s nicht überall gibt und irgendwie immer selber rumzutüfteln – das ist so unsere Spielwiese.

Aus alt mach neu

Der Würstelstand an der Taborstraße sieht danach aus, als würden hier seit Jahrzehnten Käsekrainer, Bosna und Semmeln die Theke passieren. Das tun sie auch, jedoch hat das breit aufgestellte Angebot von »Extra Würstel« nur höchstens thematisch mit jenem des Vorgängers zu tun. Der Stand wurde neu gefliest und auch sonst komplett umgekrempelt: Statt flauem Magen von stundenlang warmgehaltenen Käsekrainern und staubtrockenem Brot, stehen nun Fermentiertes und Bio, soweit möglich, auf der Karte. Fuchs nennt es schmunzelnd, »das qualitativ woanders hinzubringen, von dem, wo es vorher war«. Serviert wird eisgekühltes Tegernseer, Obertrumer Original Zwickel, das ein oder andere gut kuratierte Craft Beer und »No Glass Needed« 0,33 Liter Naturwein.

Eine kulinarische Offenbarung?

Von Musik bis Pommes stimmt hier alles. Fuchs sagt, er hatte die typischen Würstelstände einfach satt und pocht auf bewussten Fleischkonsum – alle Zutaten werden lokal beliefert, von Kartoffel bis Wurst: natürlich Bio – soweit es geht. Wie es sich bei einer traditionellen Käsekrainer gehört, fließt hier der cremige Bergkäse während des ersten Bisses herrlich an der Seite herunter – die Chili-Käsekrainer ist eine Offenbarung, von den anderen Kreationen ganz zu schweigen.

»Extra Würstel« ist einen Besuch wert, soviel steht fest. Und mit etwas Glück gibt es dann vielleicht auch schon die eine oder andere geplante teuflische Köstlichkeit der Gebrüder Fuchs: von Wildschweinleberkäs über frittierte, rote Rüben als an Bacon erinnerndes Topping bis hin zu »Banh Würstel« und einem Crispy Käsekrainer, ummantelt von feiner Panier: klein, dünn und doppelt frittiert. »Einfach etwas kreieren, das die Leute, die zu einem Würstelstand gehen, sich niemals erwarten würden.« – Mission erfüllt. Bon appétit!

Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
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