Forelle blau mit Miso-Hollandaise.

Forelle blau mit Miso-Hollandaise.
© Stine Christiansen, Johannes Kernmayer

Cortis Küchenzettel: Zeit für die blaue Stunde

So eine Forelle aus dem See ist viel zu fein, um in der Pfanne niedergebraten zu werden. Severin Corti empfiehlt wahren Feinschmeckern deshalb: blau machen!

Fischer und ihre guten Freunde (denn nur solche kommen je in diesen Genuss) wissen: Die Wonnen einer auf den Punkt pochierten, am selben Tag (noch besser: in der Stunde) selbst herausgefischten Forelle aus Wildfang sind von höchst subtiler Natur. Wer sich damit vertraut gemacht hat, wird nicht so ohne Weiteres zu den vergleichsweise dick aufgetragenen Freuden einer gebratenen Forelle zurückkehren wollen.

Denn die schlanken Räuber unserer Bäche, Flüsse und Seen sind ihrem Wesen nach genau das: schlank. Ihr Fleisch ist nicht wirklich dafür gemacht, die Hitze der Garung in Gestalt brodelnd heißen Fettes zu empfangen. Die geschmacklich laute Knusperhaut tendiert außerdem dazu, die feineren Noten der Muskeln zu überdecken, was bei Fisch aus derart herausragender Herkunft wie jenem aus unseren Seen und Flüssen richtig schade ist.

Die wohl nobelste Zubereitung ist, wie so oft, die scheinbar einfachste: ab in einen schnellen Sud damit und in der Flüssigkeit garziehen lassen. Klingt einfach, ist aber die hohe Schule. Die Haut schützt von außen, die Gräten geben Kraft von innen. Es ist nun einmal so: Als Filet verschlimmbessert wird Fisch in so gut wie jedem Fall zu einem müden Abklatsch seiner selbst. Den Fisch für sich stehen lassen – das ist wahrhaft grandioses Essen, auch wenn der Koch seine Kreativität dafür zurücknehmen muss. 

Ich könnte jetzt Süßholz raspeln über die feinnervigen Nuancen einer dem kühlen See entrissenen Forelle, über die Gespanntheit ihres Fleisches, den puren Zauber der ­Textur und warum die Konzentration aufs Wesentliche am besten in der Einfachheit funktioniert. Aber in Wahrheit hilft eh nur eines: Man muss es selbst erleben. Zwei Aspekte gilt es neben der Qualität des Fischwassers zu beachten: Damit der Fisch beim Pochieren die erwünschte Blaufärbung entwickelt, muss er wirklich sehr frisch sein. Außerdem soll die empfindliche Schleimschicht, die den torpedoförmigen Körper umgibt, unbeschädigt bleiben. Was gar nicht geht: Sie mit trockenen Händen anzufassen. Der Profi empfiehlt deshalb, Fische unter Wasser auszunehmen wenn sie blau serviert werden sollen.

Weil sich derart frischer Fisch selbst bei schonendster Temperaturführung verformen kann und zum Aufplatzen neigt, sollte er nach dem Ausnehmen und vor dem Kochen für eine halbe Stunde in eiskaltem Wasser abliegen. Erst danach – und unmittelbar vor dem Pochieren – wird er mit Essig übergossen, was erst die charakteris­tische Blaufärbung bewirkt.

Schlussendlich noch ein Rat an jene, die zum ersten Mal erleben dürfen, wie herrlich so ein Fisch aus Wildfang unserer Seen schmeckt: Zumindest beim ersten Mal sollten nichts als etwas zerlassene Butter und die bestmöglichen Salzkartoffeln den Fisch begleiten. Fortgeschrittene Blaumacher dürfen sich, wenn es denn sein soll, auch mit Beurre blanc oder einer zart aufgemotzten Sauce hollandaise wie dieser vergnügen.

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Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2023

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Severin Corti
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