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Fake Honig: »Bienen haben mit diesen Produkten gar nichts mehr zu tun«

Auch in heimischen Regalen finden sich gepanschte Erzeugnisse und verbotene Zutaten. Europäische Imker sagen dem Schwindel den Kampf an, zahlreiche Initiativen für den Bienenschutz formieren sich.

4.000 Tonnen Honig  werden in Österreich von circa 33.000 Erwerbs- und Freizeitimkern abgefüllt. Da der Verbrauch aber ein viel höherer ist, wird sowohl aus EU- und als auch aus Nicht-EU-Ländern zugekauft. Mit erschreckenden Folgen: Denn eine Prüfung unter der Leitung des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat ergeben, dass rund die Hälfte des nach Österreich eingeführten Honigs im Verdacht stehe, gepanscht zu sein.

Bienen haben mit diesen Produkten oft gar nichts mehr zu tun. Industriell-synthetisch hergestellter Zuckersirup wird mit Wasser gemischt und mit Farbstoffen versehen als Honig verkauft. Konsumenten, die nur auf den Preis achten, laufen rasch Gefahr, gefälschte  Ware in den Einkaufswagen zu packen. »Honigbienen brauchen viel Unterstützung durch die Imker. Deshalb kostet echter Honig aus Österreich pro Kilogramm rund 20 Euro oder mehr. Je niedriger der Preis, desto höher das Risiko der Verfälschung« , klärt Wolfgang Pointecker, Präsident des österreichischen Erwerbsimkerbundes, auf.

Gesundheitliche Aspekte

Um 30 Gramm Honig zu produzieren, steuert eine Biene im Schnitt über 100 Pflanzenblüten an. »Echter Honig ist das Ergebnis der Arbeit unserer Bienen und der österreichischen Imker:innen. Ein solch wertvolles Naturprodukt kann nicht durch industriell-synthetisch hergestellten, aromatisierten Zuckersirup ersetzt werden« , sagt Pointecker. Denn im Honig stecken viele wichtige Antioxidantien, unter anderem Phenole, Enzyme und Pflanzenstoffe wie Flavonoide sowie organische Säuren. Die genaue Zusammensetzung ist aber von Honig zu Honig unterschiedlich und hängt davon ab, von welchen Pflanzen der Honig stammt, mit möglichen gesundheitsfördernden Eigenschaften verhält sich dies ebenso.

Zu den europäischen Qualitätsprodukten, die strengen Auflagen unterliegen, hat sich zuletzt immer mehr »gepanschter« Honig gesellt. Im Supermarkt erkennt man sie am besten am Preis und dem Herkunftssiegel.
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Zu den europäischen Qualitätsprodukten, die strengen Auflagen unterliegen, hat sich zuletzt immer mehr »gepanschter« Honig gesellt. Im Supermarkt erkennt man sie am besten am Preis und dem Herkunftssiegel.

Als »Speise der Götter«  von den alten Ägyptern bezeichnet, kann Honig generell mit Spurenelementen, Vitaminen und Mineralstoffen punkten, was ihn im heutigen Sprachgebrauch zum »Superfood« empor hebt, Manuka Honig wird wegen der angeblich gesundheitsfördernenden Wirkung sogar als  flüssiges Gold bezeichnet.

Großangelegter Betrug

218.000 Tonnen Honig werden in der EU produziert, 175.000 Tonnen an Importen aus China und der Ukraine, aus der Türkei sowie lateinamerikanischen Ländern kommen dazu, um den Bedarf zu decken. Laut »Financial Times«  ist der europäische Markt für Honig 2,3 Mrd. Euro schwer und eigentlich auch  in einer eigenen Honigverordnung reglementiert.

Trotzdem schaffen es »Verschnitte«  gemixt aus Produkten von inner- und außerhalb der EU in die Regale. Problematisch ist vor allem, dass die Fälscher – vergleichbar mit Dopingsündern – den Verfolgern oft einen Schritt voraus sind. Sie geben beispielsweise zu industriellem Reissirup Blütenpollen aus verschiedenen Herkunftsländern, um bei Kontrollen glaubwürdig zu wirken, wissen die Experten des Österreichischen Imkerbundes.

20 EU-Länder gehen nun auf Initiative Sloweniens gegen den Schwindel vor und fordern neben einer noch genaueren Kennzeichnungspflicht für Honig auch strengere Kontrollen.

Peter Blaha setzt in seiner Bio-Imkerei im Wiener Prater auf Bio. Das Preisdumping durch Fake-Produkte bereitet ihm deshalb Sorgen.
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Peter Blaha setzt in seiner Bio-Imkerei im Wiener Prater auf Bio. Das Preisdumping durch Fake-Produkte bereitet ihm deshalb Sorgen.

Dumpingpreise bringen Berufsstand in Gefahr

Reinhard Hetzenauer, Obmann von Biene Österreich, dem Dachverband der Erwerbs- und Freizeitimker, sieht  durch die Fake-Billig-Produkte die Existenzgrundlage der österreichischen Imker in Gefahr und schließt sich der Initiative an:  Es müsse strengere Kontrollen von Honigproben aus EU- und Nicht-EU-Ländern geben und »nicht wie bisher nur an den Standorten heimischer Imker.« Die sonst drohende Gefahr sieht auch Peter Blaha von »Praterhonig« auf Falstaff-Anfrage: »Aufgrund der niedrigen Preise von gepanschtem Honig, kann österreichischer Qualitätshonig schwer zu vernünftigen Preisen verkauft werden!«

Auf einen Umschwung in der aktuellen Problematik durch die mediale Aufmerksamkeit hofft derweil Martin Neubauer von der Imkerei »Echter Wiener Honig«: »Heimische Imker:innen kümmern sich mit viel Liebe und Hingabe um ihre Bienenvölker und erzeugen in vielen Arbeitsstunden ein qualitativ hochwertiges Produkt und das schmeckt man in jedem einzelnen Honigtropfen.« Eine Verantwortung für die Förderung dieser Produkte sieht sein Kollege Roland Koppensteiner von »Schlawiener Honig« auch bei den Konsument:innen: »Es zeigt sich einmal mehr, dass bei einem echten Naturprodukt wie dem Honig für die Konsumenten eine gesunde Skepsis gegenüber komplexen Lieferketten, fragwürdigen Qualitätslabeln und scheinbar unbegrenzten Mengen angebracht ist. Es sollte reichen, dass schon die Bienen für ein halbes Kilo Honig rund 120.000 km zurücklegen. Nur durch der Kauf von einem Imker vor Ort erhält der Honig jene regionale und persönliche Note, die sich nicht zuletzt auch die Bienen verdient haben.«

Bewusstsein für die Thematik dürfte in der Bevölkerung bereits vorhanden sein: Mehr als eine Million Menschen hat in ganz Europa die Europäische Bürgerinitiative »Rettet Bienen und Bauern«  unterstützt. Eine junge Generation aus den Großstädten erfindet Honig gerade neu, das Hotel Herrenhof bietet seit Jahren Bienenvölkern ein Zuhause und sogar eine Spirituosenmarke engagiert sich für den heimischen Bienenschutz, »Jack Daniel's« setzt sich gemeinsam mit österreichischen Premium-Bars im Rahmen der Initiative »Jack’s Bees« für Bienenvölker ein. Im Fokus stehen verantwortungsbewusster Konsum sowie ein nachhaltiges, regionales Wirtschaften.

Einen weiteren Hebel sieht beispielsweise Dr. Matthias Kopetzky von der »Wiener Bezirksimkerei«: »Da Honig-(Ver)Fälschungen primär bei Honig-Mischungen und im Bereich der industriellen Weiterverarbeitung ein Thema sind, wäre eine Verbesserung der Kennzeichnungspflichten unabdingbar. Die Nicht-Bezeichnung Honig aus EU-/Nicht-EU-Ländern lädt sowohl zum Verstecken der wahren Herkünfte von Honig (überwiegend China mit völlig inakzeptablen, industriellen Fertigungsmethoden) wie auch eben zu Verfälschungen ein. Wer ein Honigglas mit Anteilen von Honig aus China, Großbritanien oder der Türkei in Händen hat, sollte mit allem rechnen, folgt man der Studie der EU-Kommission.«

Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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