Foto bereitgestellt

illycaffè: »Kunst ist Teil unserer DNA«

Seit 1992 entwerfen zeitgenössische Künstler für den Triestiner Kaffeeröster illycaffè limitierte Tassenkollektionen. Im Interview erzählt Carlo Bach, seit 2005 Creative Director bei illy, von der Entstehung der Idee und erklärt die besondere Beziehung des Unternehmens zur Kunst.

Der Künstler Carlo Bach wurde 1967 als Sohn einer Italie­nerin und eines Deutschen in Köln geboren. Ab seinem zwölften Lebensjahr wuchs er in Italien auf. Vor gut 24 Jahren begann Bach mit illycaffè zusammenzuarbeiten. Seit 2005 ist er der Creative Director des Unternehmens. Bach lebt in Udine und kümmert sich als Verantwortlicher für Kommunikation und Design auch um die illy Art Collection. Weit über 100 interna­tional angesehene zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler haben bis heute dank seiner Vermittlung Tassen und Unterteller für illycaffè gestaltet, darunter große Namen wie Marina Abramović, Anish Kapoor, Yoko Ono, Stefan Sagmeister und zuletzt der südkoreanische Maler und Bildhauer Lee Ufan.

FALSTAFF: Wenige andere Unternehmen pflegen eine so enge Verbindung zur Kunst wie illycaffè. Woher kommt dieses Interesse?

Carlo Bach: illycaffè ist ein Familienunternehmen, seit Generationen haben die Illys eine riesige Leidenschaft für Kunst. Sie reicht zurück bis zu unserem Firmengründer Francesco Illy, einem Mann, der in vielerlei Hinsicht seiner Zeit voraus war. Er wurde in Ungarn geboren, verließ mit 16 Jahren seine Heimat und entdeckte seine Begeisterung für Kaffee in Wien. Nach dem Ersten Weltkrieg machte er sich in Triest mit einer Kaffeerösterei selbstständig. Sein Kundenkreis reichte schon bald über die Grenzen Nordostitaliens hinaus. Und weil der Transport damals um ein Vielfaches langsamer war als heute, entwickelte Illy ein gänzlich neuartiges Verpackungsverfahren, mit dem sein Kaffee auch über lange Zeit sein Aroma behielt. 1934 meldete Illy für dieses Verfahren ein Patent an – das wird übrigens bis heute eingesetzt. Im folgenden Jahr brachte Illy dann die erste Espressomaschine heraus, die mit Hochdruck arbeitet. Sie sehen also: Hinter dem Streben nach dem perfekten Kaffee steckt unheimlich viel Kreativität. Daher war die Idee naheliegend, Kaffee und Kunst zusammen­zubringen.

Wann hat illycaffè begonnen, mit Künstlern zusammenzuarbeiten?

Anfang der Neunzigerjahre. Zu diesem Zeitpunkt waren unsere Anstrengungen, die Qualität unseres Kaffees zu perfektionieren, so weit gediehen, dass andere Themen auf die Agenda rückten, etwa die Entwicklung einer idealen ­Espressotasse. Für die Umsetzung wurde kein Geringerer als der weltbekannte Architekt und Designer Matteo Thun beauftragt. Kaum war die Tasse fertig, wurde sie zum Kultobjekt. Aber das war noch nicht genug, sie sollte auch zum Nachdenken anregen. So entstand die Idee, die Espressotassen von namhaften ­zeitgenössischen Künstlern gestalten zu lassen. Das war der Beginn der illy Art Collection.

Als Creative Director von illycaffè betreuen Sie nicht nur die Künstlerkooperationen, sondern zeichnen auch für den Marken­auftritt mitverantwortlich. Greifen diese Aufgaben ineinander über?

Kunst ist längst nicht mehr von unserer Unternehmens-DNA zu trennen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: 1995 sollte ein neues Firmenlogo her. Das alte war – typisch 1960er-Jahre – eckig, steif und wirkte ziemlich technisch. Das passte einfach nicht mehr zum Unternehmen, das viel mehr geworden war als eine reine Kaffeerös­terei. Zunächst haben wir verschiedene Agenturen und Markenspezialisten mit dem Projekt beauftragt. Alle diese vermeintlichen Experten gingen jedoch viel zu konservativ ans Werk. So entstand die Idee, sich an den Künstler James Rosenquist zu wenden, der, wie der Zufall es wollte, gerade an seiner Version für unsere Art Collection arbeitete. Ihm gelang, woran die ­anderen gescheitert waren: Er schuf unser ­heutiges Firmenlogo.

Sie waren selbst Künstler, bevor Sie zu illycaffè kamen.

Stimmt. Andrea Illy, der heutige Präsident, hat meine Kunst gesammelt. 1999 suchte er Unterstützung für das Kunstprojekt mit den Tassen. Er fragte mich, ob ich das nicht übernehmen könne. Er war der Überzeugung, dass sich niemand besser mit Kunst auskenne als ein Künstler selbst. Ich habe zugesagt, zunächst aber nur für ein Jahr. Inzwischen sind daraus 24 Jahre geworden.

Fiel es Ihnen schwer, Ihr altes Dasein aufzugeben?

Ich habe ja nie damit aufgehört, Kunst zu machen. Ich zeige sie nur nicht mehr öffentlich, sondern lebe meinen Drang momentan eben nur im Privaten aus. Auch wenn ich mir jedes Jahr aufs Neue vornehme, wieder Ausstellungen zu machen.


NICHTS MEHR VERPASSEN!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Sebastian Späth
Sebastian Späth
Chefredakteur Deutschland
Mehr zum Thema