© Florence Stoiber

Nuri: Tradition und Handwerk in der Dose

Bei einer Besichtigung der Konservenmanufaktur Pinhais & Cia, Limited bei der portugiesischen Hafenstadt Porto erlebt man ein jahrhundertealtes Unternehmen aus nächster Nähe und erfährt, wie die Nuri Sardinen in reiner Handarbeit und nach alter Tradition in die Büchse gelangen.

Drei Stück Sardinen – vier, wenn sie kleiner sind – befinden sich in der kleinen ikonisch gelben Büchse. Hineingelegt werden sie von einer Frau, die eine Dose nach der anderen in Handarbeit befüllt. Nur wenige Meter dahinter sitzen drei Frauen, die Gurken, Karotten und Chilis für die verschiedenen Sardinenbüchsen vorbereiten. Die Damen in weisser Arbeitskleidung und weissen Mützen sitzen dabei an einem Tisch und schneiden das Gemüse mit kleinen Messern in akribischer Routine, wie man sie wohl erst nach Jahren erlangt – immer die Qualität im Blick und dennoch nie um ein lustiges Wort verlegen. So schneiden sie Scheibe für Scheibe auf einen kleinen Teller vor ihnen. Vielmehr kommt nicht hinein – Olivenöl, eine kleine rote Chili, die hier Piri-Piri genannt wird, eine Scheibe Gurke, eine Scheibe Karotte, Gewürze und zum Schluss drei Sardinen.

Die Nuri Sardinen zählen wohl zu den beliebtesten Fischchen der Österreicherinnen und Österreicher. Kaum ein Haushalt, in dem man die gelben Büchsen mit den kleinen roten Chilis nicht findet – und das nicht nur hierzulande. Nuri wird beinahe in die ganze Welt verschifft. Dabei besteht das Team der Fabrik, in der die kleinen Fische in die Dose kommen, aus einer überschaubaren Anzahl an hauptsächlich weiblichen Mitarbeiterinnen, die die Fische vom Kauf am Fischmarkt bis hin zur Verpackung verarbeiten – und das zur Gänze in Handarbeit.

Kleinod in weiss-blau

Wir sind in Matosinhos, einem Vorort der portugiesischen Hafenstadt Porto. Nur einen Kilometer vom Fischerhafen entfernt, befindet sich die Konservenfabrik Pinhais & Cia, Limited, von der aus die Nuri Sardinen ihre Reise in die Welt starten – beinahe unscheinbar von aussen. Im Inneren des Gebäudes aus dem Jahr 1920 erwartet uns hingegen ein portugiesisches Kleinod in weiss-blau. Bevor es in die Sardinenfabrik selbst geht, dürfen wir einen Blick in das neue Museum von Pinhais werfen – und erhalten so auch Einblick in das portugiesische Traditionsunternehmen, das seit 2016 von einem Österreicher geleitet wird: Jakob Glatz ist Geschäftsführer des Familienunternehmens Glatz, das im Handel und in der Produktion von Nahrungsmitteln tätig ist. Auch die Nuri Sardinen werden seit den 1950er-Jahren von dem österreichischen Unternehmen vertrieben. Vor wenigen Jahren erwarb er die Traditionsfirma, um sie vor der Schließung zu bewahren.

Wir betreten einen hohen Raum mit gemusterten Fließen in blau, weiss und gelb, weissen Holzvertäfelungen und Schwarzweissfotos von den Familien und dem Unternehmen, welche die Wände in dunkelbraunen Rahmen bekleiden. Die geschwungene Holztreppe in den ersten Stock des Museums stellt bei richtiger Betrachtung von unten selbst die Silhouette eines Fisches dar. Sie führt in das ehemalige Büro von Antonio Pinhalm, der das Familienunternehmen in dritter Generation leitete. Durch ein kleines Fenster hatte er Ausblick über seine Mitarbeiter in der Manufaktur – heute befindet sich dort eine grosse Glasfront mit direktem Blick in die Konservenherstellung.

Von Generationen perfektioniert

Angefangen hat die Geschichte des Traditionshauses 1920 in Matosinhos, als es von zwei Fischern und zwei Unternehmern gegründet wurde. Damals gab es in etwa 50 Konservenfabriken – mittlerweile ist Pinhais das einzige Unternehmen in Portugal, das noch heute Sardinen wie im Jahr 1920 verarbeitet. Dabei geht es nicht nur um die Wahl des besten Fisches und die Qualität und Frische der Produkte, sondern auch um die Herstellungsmethode, die von Generationen perfektioniert wurde und insgesamt 37 Schritte umfasst – alles nach wie vor in Handarbeit.

Scheibe für Scheibe

So nimmt die Herstellung der Nuri Sardinen am frühen Morgen auf dem Fischmarkt seinen Anfang. Nachdem die Fische ausgenommen und in einer Salzlake eingelegt wurden, werden sie auf Grillgittern im Ofen zweimal gegart. Bevor sie später in die Dose kommen, werden die Sardinen von den Arbeiterinnen mit Gewürzen und dem Gemüse befüllt, das zuvor von den anderen Damen in dünne Scheiben geschnitten wurde. Jede einzelne Mitarbeiterin ist dabei für eine andere Zutat zuständig, die von ihr in die Büchse hineinlegt wird, während diese auf einem kleinen Laufband an ihr vorbeigeschoben wird – eine Frau legt das Lorbeerblatt in die Dose, die nächste ein Pfefferkorn, dann die Gurkenscheibe und die Karotte und danach die kleine rote Chili, bevor die Sardinen und das Olivenöl in die Dose kommen. Die fertig verschlossenen und sterilisierten Büchsen werden danach – ebenfalls in Handarbeit – in das gelbe Papier und die Zellophanfolie gewickelt – bis zu 20 Dosen in der Minute schaffen die routinierten Damen hier.

Insgesamt arbeiten heute 146 Menschen in der Manufaktur – mit 95 Prozent sind die Mehrheit davon Frauen. Passend, dass auch der Name der Sardinen von einer Frau inspiriert sein soll: Der Geschichte nach, soll sich einer der Gründer der Konservenmanufaktur in Spanien in eine Frau namens Nuria verliebt haben – ob sich das tatsächlich so zugetragen hat, oder sich der Name von der arabischen Übersetzung für hell und glänzend ableitet, überlässt man heute jedem selbst – der Name Nuri ist in jedem Fall seither geblieben.

Spicy Chili für Österreich

Die meisten Nuri-Sardinen werden mit Abstand nach Österreich geliefert, wo man am liebsten den scharfen Klassiker mit Chili wählt. In anderen Ländern bevorzugt man hingegen zum grössten Teil die Sardinen in Tomatensauce. Die kleinen Sardinenbüchsen werden in den meisten der rund 60 Exportländer zudem in einem anderen Design und unter dem Namen Pinhais vertrieben. Die kleinen gelben Dosen mit dem Namen Nuri gibt es also vor allem hierzulande, wo die Sardinen heute Kultstatus geniessen.


Tipps & Adressen in der Nähe

Museum Conservas Pinhais Factory Tour
Avenida Menéres 700, 4450-189 Matosinhos, Portugal
conservaspinhais.com 

Vinum at Grahams - Restaurant & Wine Bar
Rua do Agro  141, (Caves Graham's), 4400-003 Vila Nova de Gaia, Portugal
vinumatgrahams.com 

Hotel Eurostars Matosinhos
Rua Heróis de França, 536 Porto - Matosinhos, Portugal
eurostarshotels.de

 

Rafaela Mörzinger
Redaktions- und Portalmanagerin Falstaff Schweiz
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