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Pâté en Crôute in der »Grapes Weinbar«: Fine Dining nährt die Seele

Gerade wo die Gourmet-Szene in die Krise gerät, lohnt es sich, darüber nachzudenken, was sie alles leistet. Zurzeit kann man das donnerstags in München überprüfen.

Normalerweise serviert das Personal der »Grapes Weinbar« in München neben herausragenden Weinen bodenständige Gerichte, die eher das unterstützen sollen, was im Glas passiert, statt sich in den Vordergrund zu rücken. So haben sie beispielsweise ein Steinpilzrisotto oder ein pochiertes Ei an Morcheln im Menü. Nur donnerstags schleicht sich die Haute Cuisine auf die Karte. Denn seit ein paar Monaten bringt der Küchenchef des legendären zwei Sterne Restaurants »Tantris«, Benjamin Chmura, eine Pâté en Crôute in die Innenstadt.

»Eine gute Weinbar braucht eine Pâté en Crôute«, sagt Clark Parkin, der die Kooperation in die Wege geleitet hat. Die Pastete im Mürbeteig Mantel ist ein Klassiker der französischen Hochküche. Wenn sie vor einem auf dem Teller liegt, neben ein wenig Wildkräutersalat und einer Senfjus, übersieht man leicht, was für ein Meisterwerk sie ist. Bis die verschiedenen Elemente, das Foie Gras, die Kapern, der Schweineschmalz und vor allem der Teig so ausgewogen sind, dass ein zartes Mundgefühl entsteht – das kann eine Lebensleistung sein.

 

Doch vor allem zeigt die Kooperation, welchen Wert die Haute Cuisine hat. Und das gerade vor dem Hintergrund der in der Krise befindlichen Fine Dining Szene hierzulande. Denn wer vor diesem vollendeten Stück Handwerkskunst sitzt, kommt nicht umhin, sich schlicht glücklich zu schätzen: dafür, dass jemand anderes sich die Mühe gemacht hat, so etwas zuzubereiten, und zwar auf eine Weise, die man ohne Umschweife perfekt nennen kann. Man schätzt sich glücklich, weil jemand anders es für richtig hält, so viel Zeit und Mühe zu investieren, nur um den Essenden wertzuschätzen.

Die Seele nähren

Kurz: Fine Dining, das zeigt sich an dieser Pâté en Crôute, ist ein pures Stück Menschlichkeit. Natürlich auch, weil es die Erinnerungen weckt an eine Zeit, in der man umsorgt wurde, geliebt wurde, in der andere ihre Tage damit füllten, damit es einem selbst gut ging.

In der Serie »The Bear« gibt es eine Szene, die dieses Gefühl gut auf den Punkt bringt. Da heißt es, dass es kein Zufall sei, dass Krankenhäuser und Restaurants im Englischen das gleiche Wort benutzen: Hospitality. Wenn ein Restaurant seine Aufgabe ernst nimmt, dann leisten sie einen Dienst, der weit über Ernährung hinausgeht. Dann nähren sie die Seele.

Allein deshalb würde es sich lohnen, die Pâté en Crôute in der »Grapes Weinbar« zu kosten. Aber gerade in Zeiten, in denen viele Gastronomen nicht wissen, was die Zukunft wohl bringen mag, wäre das doch ein Gedanke, den man auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen könnte: in den Restaurants, die einem auch in der Vergangenheit dabei geholfen haben, sich gut zu fühlen. Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.

 


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Moritz Hackl
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