Gastrojournalist und «Soil to Soul»-Vorstandsmitglied Andrin Willi (Bild) wird beim diesjährigen Symposium wieder zwei spannende Podiumsdiskussionen moderieren.

Gastrojournalist und «Soil to Soul»-Vorstandsmitglied Andrin Willi (Bild) wird beim diesjährigen Symposium wieder zwei spannende Podiumsdiskussionen moderieren.
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«Soil to Soul»: It's a Movement

Das Symposium «Soil to Soul» findet Mitte September zum dritten Mal im Rahmen von Food Zurich statt. Aus der mehrtägigen Veranstaltung rund um die Themen Boden, Ernährung und Gesundheit ist in wenigen Jahren eine internationale Bewegung entstanden. An ihrem Anfang steht der Unternehmer Thomas Sterchi.

Das Symposium «Soil to Soul» findet vom 14. bis 16. September 2023 zum dritten Mal im Rahmen von Food Zurich statt. Von Anfang an zog die Veranstaltung hochkarätige Keynotespeaker und Podiumsdiskutierende in die Limmatstadt: Der legendäre Berliner Gastro­nom Billy Wagner war bei der Erstaustragung mit dabei, genauso wie die aus dem TV bekannte Köchin und Unternehmerin Sarah Wiener. 2022 konnten Events mit der aus der Netflix-Serie «Chef's Table» bekannten koreanischen Nonne Jeong Kwan oder dem amerikanischen Fermentationsexperten Sandor Katz erlebt werden.

So verwundert es nicht weiter, dass aus dem jährlich stattfindenden Symposium «Soil to Soul» in wenigen Jahren eine internationale Bewegung entstanden ist. Initiator und Vater der Idee ist der Unternehmer ­Thomas Sterchi. Mit «Soil to Soul» möchte er die Themen Bodenbewirtschaftung, Genuss und Verdauung verknüpfen. Ziel ist es, gesunden Böden und den vernetzten Auswirkungen von Bodenproblemen auf Umwelt und Gesundheit des Menschen zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Letztlich geht es also darum, Landwirtschaft und Ernährungsindustrie umzukrempeln und so gesünder und nachhaltiger zu ­gestalten.

Die Mühle Tiefenbrunn
© Valeriano Di Domenico
Die Mühle Tiefenbrunn

Thomas Sterchi ist umtriebig: Mit seiner Firma Tom Talent organisiert er unter anderem das Festival «Zermatt Unplugged» und betreibt das Restaurant «Rüsterei» im Zürcher «Sihlcity», eine ruhige, nachhaltige Oase im urbanen Einkaufszentrum. Auch in seinem Privatleben versucht Sterchi stets, das Gleichgewicht zwischen Genuss, Gesundheit und Nachhaltigkeit zu finden. Das ist nicht immer einfach: Als vielgereister Gourmet mit Wohnsitzen in verschiedenen europäischen Städten hat er einen relativ grossen CO2-Fussabdruck. Er ist sich dessen bewusst und möchte seinen Einfluss als erfolgreicher Unternehmer dazu nutzen, die Welt nachhaltiger zu gestalten: «Natürlich bin ich bereit, selbst etwas CO2 einzusparen, um meinen Footprint zu verkleinern. Ich möchte aber vor allem meinen ‹Handprint› vergrössern und mehr CO2 binden, als ich generiere.»

«Soil to Soul«-Gründer Thomas Sterchi hat vor allem ein Ziel: Menschen vernetzen, die zusammen die Welt verändern können.
© Valerio Di Domenico
«Soil to Soul«-Gründer Thomas Sterchi hat vor allem ein Ziel: Menschen vernetzen, die zusammen die Welt verändern können.

Von Böden

Der erste Schritt in diese Richtung war die Gründung seiner Farm «Terramay» in Portugal vor ein paar Jahren. Mit lokalen Partnern kaufte Sterchi ein grosses Stück Land im Alentejo, um es in einen nachhaltigen Landwirtschaftsbetrieb zu verwandeln. Um die Natur besonders zu schonen, wird «Terramay» in Permakultur bewirtschaftet. Auf dem paradiesischen Anwesen leben Hühner, Gänse, Schafe, Schweine und Kühe, es wachsen aber auch verschiedene Gemüse- und Fruchtsorten. Durch die regenerative Landwirtschaft entstehen nicht nur wertvolle Nahrungsmittel, es wird CO2 aus der Atmosphäre im Boden gebunden und so neutralisiert. Über den Austausch mit dem Partner, der die Farm vor Ort leitet, bekam Sterchi einen Einblick in die Bewirtschaftung einer Farm und die grosse Rolle, die gesunde Böden darin spielen: «Abgesehen vom Wasser ist die Qualität des Bodens hier das grosse Thema. Dadurch habe ich begriffen, dass er neben dem Meer das höchste Gut ist, das wir auf dieser Welt haben. Er bindet CO2, nimmt Wasser auf und filtriert es. Zusätzlich gibt er uns Nahrung.»

Damit ist der «Soil»-Aspekt der Bewegung erklärt. Mit «Soul» ist nicht nur die Seele gemeint, sondern vielmehr das körperliche Wohlbefinden: «Vernünftige, gesunde und ausgewogene Ernährung fördert unser wichtigstes Gut, unsere Gesundheit», so Sterchi. Durch seine Zeit im Alentejo wurde ihm bewusst, dass ein Zusammenhang zwischen Bodenqualität, Nahrung, die in und auf der Erde wächst, und der Gesundheit der Menschen besteht. In ihm wuchs das Bedürfnis, dies auch anderen Menschen klar zu machen. So entstand «Soil to Soul». Erst konzipierte Sterchi nur einen Event, der einmal im Jahr stattfinden sollte, um Menschen aus Landwirtschaft, Gastronomie und Gesundheitsbranche zum Ideenaustausch zusammenzubringen. Die Idee wurde allerdings schnell grösser: «Es macht durchaus Sinn, einen grossen Event pro Jahr zu organisieren. Er kann als Fixpunkt oder Leuchtturm gelten. Ich habe aber gemerkt, dass wir das ganze Jahr über Aktivitäten entfalten müssen. Wir müssen Initiativen lancieren – unter anderem auch politische. Wir unterstützten zum Beispiel jüngst die Ernährungsinitiative, die uns ein grosses Anliegen ist. Daneben organisieren wir nun das ganze Jahr über Events, bringen Menschen zusammen und generieren Medienberichte. Es geht vor allem darum, Awareness zu schaffen.»

Ein globales Netzwerk

Besonders wichtig ist für Sterchi nach wie vor, Leute zu vernetzen: «Bis jetzt ist die ‹Soil to Soul›-Welt eine Bubble. Diese muss immer grösser werden. Immer mehr Menschen müssen verstehen, wo man den Hebel ansetzen kann, um Dinge zu verändern.» Da ist das Symposium «Soil to Soul» zentral. Auch dieses Jahr dreht sich während der vier «Soil to Soul»-Tage alles um die Themen Gesundheit, Landwirtschaft, Fermentation und Ernährung, allerdings nicht mehr im Einkaufszentrum «Sihlcity», sondern auf dem Kulturareal «Mühle Tiefenbrunnen». Die Bandbreite der «Soil to Soul»-Events ist gross: Von Keynotes und Podiumsdiskussionen über Workshops bis zu «Genussevents» mit Gast­köchinnen und -köchen ist für alle etwas dabei, egal, ob Gastroprofi, Geniesser oder Hobbygärtner. Die Guest Speakers, Köche und Fermentationsexperten reisen aus aller Welt an, um ihr Wissen zu vermitteln. Für Leute aus der Branche gibt es neu die Networking Lounge, «damit zum Beispiel Bauern, Gastronomen und Berater miteinander in Kontakt treten können».

Ethel Hoon und Jakob Zeller.
© Mario Heller
Ethel Hoon und Jakob Zeller.

Aber es soll auch für Menschen spannend sein, die sich noch nicht tiefer mit den Themen auseinandergesetzt haben. Sterchi empfiehlt Neulingen zum Beispiel, die Keynote von Naturheilkundler Klaus Novoczin zum Thema «Ganzheitliche Medizin» zu besuchen. Auch die verschiedenen Genussevents setzen kein Vorwissen voraus. So kochen zum Beispiel Ethel Hoon und Jakob Zeller am Freitag- und Samstagabend ein siebengängiges alpines Menü. Sie haben zu zweit die Küche des Restaurants «Klösterle» im österreichischen Lech übernommen und mit ihrer kreativen Naturküche zu internationalem Renommée verholfen.

Für Fermentationsbegeisterte besonders interessant werden die Events des «Fermentista Festivals» sein, das dieses Jahr zum zweiten Mal als Teil des «Soil to Soul»-Symposiums stattfindet. Dort können Amateure und Profis neue Fermentationstechniken aus aller Welt lernen. Zum Beispiel zeigt Susanne Vögeli zusammen mit der Eritreerin Tigisti Dury, wie das eritreisch-äthiopische Fladenbrot Injera gemacht wird. Ebenfalls eine neue Welt eröffnet die Masterclass der aus Indien stammenden Chetana Parameswar, die die Teilnehmer in die vielfältige Welt indischer Fermentationen einführt. Es lohnt sich also für alle, sich das Programm genauer anzuschauen, denn auch dieses Jahr ist es dem Team um Thomas Sterchi gelungen, ein reichhaltiges und diverses Sym­posium zu organisieren.


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Erschienen in
Food Zurich Spezial 2023

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Larissa Graf
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