Das «Steinfels» gehört zu den Vorreitern der Brewpubs in Zürich. Seit 2007 fliesst hier frisches, inhouse gebrautes Bier in die Gläser der Gäste.

Das «Steinfels» gehört zu den Vorreitern der Brewpubs in Zürich. Seit 2007 fliesst hier frisches, inhouse gebrautes Bier in die Gläser der Gäste.
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Zürich: Die Bier-Metropole

Zürich ist eine Bierstadt durch und durch. Hier tummeln sich die regionalen und überregionalen Brauereien und schenken ihre Kreationen in einschlägigen Bierlokalen aus.

Viele Dinge in Zürich, die wir heute als selbstverständlich ansehen, gehen zurück auf die 90er-Jahre. 1992 fand die erste Street Parade statt, 1995 eröffnete das erste Internet-Café, und 1996 wurde für die Zürcher Biervielfalt, wie wir sie heute kennen, der Grundstein gelegt. Es war eine Zeit des Umbruchs. Die Brauerei Hürlimann hatte 1984 noch den zweiten Riesen Löwenbräu übernommen, zwölf Jahre später fiel sie selbst in die Hände von Feldschlösschen in Rheinfelden. 1997 wurde der letzte Sud am Hürlimann-­Areal gebraut, die Produktion zügelte nach Rheinfelden. Hürlimann schloss, und die Zeit der handwerklichen Brauereien in Zürich wurde eingeläutet.

Drei Zürcher Freunde sahen die alte Brautradition in ihrer Stadt bedroht und gründeten 1996 die Brauerei Turbinenbräu. Was klein startete, wurde zu einem grossen Erfolg – schon im zweiten Jahr musste die Braukapazität verdoppelt werden. Die Brauerei setzte auf Qualität und verzichtet bis heute auf eine Pasteurisierung, weshalb ihre Biere nur unmittelbar in und um Zürich vertrieben werden. Turbinenbräu ist heute die grösste Brauerei auf Zürcher Stadtgebiet. Sie beliefert mehr als 100 Gastrobetriebe, darunter auch das Restaurant «Turbinenbräu», das sich direkt neben der Brauerei befindet. Vom grossen Gastraum blickt man direkt in die Brauerei und geniesst allerlei moderne Brauhausgerichte von Burger über Pinsa bis Schnitzel.

Im Zuge des Craft-Beer-Trends ist die Biervielfalt auch in und um Zürich gewachsen. So haben sich heute einige Kleinbraureien hier angesiedelt. Etwa in Oerlikon, das zwar seit 1934 zur Stadt Zürich gehört, jedoch bis heute seinen eigenen Gemeinde­charakter bewahren konnte. Die Brauerei Oerlikon entstand 2015 als Hobbyprojekt, wurde 2020 in eine Aktiengesellschaft mit 550 Aktionären umgewandelt und braut seit 2021 auf einer neuen Anlage samt Taproom für Besucher. Die Brauerei spielt bei den Biernamen mit seinem Herkunftsort und nennt die Biere Oerlik-Öhlsch, Oerlik-ind oder Pilsnör.

Zürich ist eine Wissenschaftsstadt, und so verwundert es nicht, dass hier auch eine Brauerei existiert, die dem Rechnung trägt. Die Brauerei Dr. Brauwolf wurde 2017 vom Apotheker und Virologen Dr. Stefan Wolf als erste Show-Craft-­Brauerei der Stadt gegründet. Gebraut werden hier fünf Standardbiere und ein monatlich wechselndes Spezialbier. Das Brauerei-Team arbeitet nach strengen wissenschaftlichen Richtlinien, jeden Donnerstag und Freitag finden öffentliche Degustationen und Führungen statt.

Nicht nur auf Stadtboden, auch vor den Toren Zürichs spriessen die Brauereien. Die Bülacher Brauerei St. Laurentius um das Paar Sarah und John Hiltebrand liefert nicht nur in die Stadt, sie betreibt in Bülach selbst ein Brewpub direkt am Brauereistandort. Zu diesem Konzept inspiriert wurden die beiden bei einer Reise durch die USA, genau daran erinnern auch ihre Bierkreationen wie Pale Ale, IPA oder Sauerbiere auf Basis von Früchten.

Lange nicht alle Biermarken sind lokal. Biere aus der ganzen Schweiz und auch aus anderen Ländern tummeln sich in Zürich

Zu den ebenfalls immer wieder anzutreffenden Brauereien im Raum Zürich gehört Brausyndikat aus Dietikon mit seinen kultigen Etiketten mit dem Affenkopf. Seit 2015 werden hier in Handarbeit und kleinen Mengen moderne Bierkreationen hergestellt. Beliefert werden viele Szenerestaurants in der Stadt Zürich und darüber hinaus. Ohne einen angemessenen Bierausstoss können auch die kleinsten Brauereien nicht überleben – es gibt in Zürich heute viele einschlägige Bierlokale. Zu den bekanntesten gehört das «Alehouse». Mit 20 Zapfhähnen, einer Handpumpe und vielen Flaschenbieren und -cidern gehört das Lokal zu den Pilgerstätten für ­Craftbier-Fans. Hier wird zwar nicht selber gebraut, die Auswahl nationaler und internationaler Biere jedoch ist ­aufsehen­erregend.

Ein wahrer Tummelplatz

Lange nicht alle grossen Biermarken, die man in Zürich antrifft, stammen aus der Stadt selbst. Immer öfters sieht man auch Bierschilder aus anderen Städten und Regionen, etwa von der Brauerei Chopfab Boxer aus dem benachbarten Winterthur. Die Brauerei, die seit ihrer Gründung 2012 eine grosse Marktpräsenz in Zürich und der ganzen Schweiz aufbauen konnte, setzt auf qualitiatv hochwertige Biere unter- und obergäriger Brauart. Das bewiesen sie schon mit erstklassigen Resultaten bei der jährlich stattfindenden Falstaff Bier Trophy. Neben Chopfab produziert das Unter­nehmen auch die Bierlinie «Cosmos», die aromatischen und teils experimentellen Craftbieren vorbehalten ist. Die Biere, die zuvor unter dem Namen «Doppelleu» vermarktet wurden, sind auch für eingefleische Craftbierfans eine Entdeckung wert.

Ein weiterer wichtiger Player auf dem Stadtzürcher Biermarkt ist die Brauerei Schützengarten aus St. Gallen. Severin Burger ist Regionalverkaufsleiter und kennt die Zürcher Bierszene bestens. Laut Burger interessieren sich immer mehr Leute dafür, welches Bier sie trinken. Schützengarten ist als einzige Schweizer Brauerei mit dem Slow-Brew-Siegel ausgezeichnet, was sicher helfe. «Ein Bier ist nicht einfach ein Lagerbier, die Vielfalt spielt heute eine wichtige Rolle», sagt Burger. Zudem wachse der Konsum von alkoholfreien Bieren in der Stadt Zürich stark. Auch hier gehört Schützengarten zu den Pionieren mit zwei neuen, alkoholfreien Kreationen. «Ein alkoholfreies Bier macht mehr Spass als ein überzuckertes Süssgetränk», erklärt Severin Burger. Bei den Zürcherinnen und Zürchern scheint das angekommen zu sein.


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Larissa Schmid
Autor
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