Ab in den Beutel: Sous-vide
Die Gartechnik ist in der Spitzengastronomie längst angekommen. Jetzt wurden auch Methoden für die Privatküche entwickelt, um Fleisch von Huhn bis Rind und Gemüse schonend zu garen.
Manchmal sind die besten Dinge jene, die es eigentlich schon immer gibt. Sogar Ötzi und seine Zeitgenossen wussten die Vorzüge eines Erdofens zu schätzen. Das Fleisch gart darin über einen Zeitraum von bis zu 24 Stunden und wird wunderbar zart. Die neuseeländischen Maori nennen es »Hangi« und praktizieren es noch heute mit Liebe und Leidenschaft.
Aber es dauerte bis in die 1970er-Jahre, bis französische Spitzenköche die uralte Technik wiederentdeckten und weiterentwickelten. »Sous-vide« – also »unter Vakuum« – nannten die Vertreter der Haute Cuisine ihre Methode, bei der sie Fleisch in Plastik einschweißten und in einem Wasserbad bei niedriger Temperatur über Stunden und Tage garten. Das Ergebnis ist wunderbar zartes Fleisch, das den Saft und die guten Inhaltsstoffe bewahrt. Die Technik wurde bis heute weiter perfektioniert und wird auch bei internationalen Kochwettbewerben wie dem Bocuse d’Or gerne angewandt, da die ge-wünschte Garstufe hochpräzise und fehler-los erreicht werden kann.

Neue Methode
Einer, der sich mit Sous-vide kreativ zeigt, ist Heinz Reitbauer, Eigentümer und Chefkoch des eben erst von Falstaff mit vier Gabeln ausgezeichneten »Steirereck«. Er schwört auf langsame Garmethoden mit niedriger Temperatur. Er hat das Sous-vide-Verfahren noch weiter entwickelt und confiert das Fleisch in verschiedenen Fettarten wie Butter, Öl oder Schmalz. »Wir wollen den Einsatz von Plastik vermeiden«, sagt Reitbauer. Technisch gesehen handelt es sich dabei um ein Fettbad im Wasserbad, das über einen Thermostat temperaturgesteuert wird.Solch aufwendige Techniken sind auch der Hauptgrund, warum Sous-vide noch keinen Siegeszug in private Haushalte antreten konnte. Aber auch hier tüfteln Experten an einer Lösung. Der Fleischspezialitäten-Händler »Wiesbauer« vakuumiert zum Beispiel ausgewählte Fleischsorten für Kleinst-Haushaltsgrößen und gart sie bei fünfzig bis siebzig Grad Celsius bis zu zwanzig Stunden lang. Ernst Stocker, Geschäftsführer von »Wiesbauer Gourmet«, arbeitet seit zwei Jahren an seinem neuen Projekt: »Wir haben hier ein Produkt, das sich zwischen Individualität und Convenience ansiedelt. Der Kunde bekommt perfekt gegartes Fleisch und kann es dann zu Hause in der Pfanne nach seinem Geschmack finalisieren.« Stocker ist jemand, dem ganzheitlicher Genuss wichtig ist – berufsbedingt ist er stets mit bestem Fleisch versorgt, und als Hobbywinzer keltert er Blaufränkisch und Cuvées.

Zart Dank Vakuum
Berater des neuen »Wiesbauer«-Projekts ist Spitzenkoch Helmut Österreicher. »Da im Beutel weder Flüssigkeit noch Würzaromen austreten können, bleibt das Fleisch zart«, sagt Österreicher, »und kann seinen natürlichen Geschmack perfekt entfalten.« Der Hobbykoch könne mit dem »Wiesbauer«-Produkt in wenigen Minuten ein hochwertiges Fleischgericht mit seiner persönlichen Würzung zaubern, für das er sonst einenhalben Tag benötigen würde.
Und wer die Niedrigtemperaturmethode archaischer gestalten möchte, der kann sich im Garten ein Loch graben, auf Steinen ein Feuer entfachen, das Fleisch auf die heißen Steine platzieren, Erde darüber schütten und zwölf Stunden zuwarten. So, wie das schon Ötzi mit seinen Kumpanen gemacht hat. Heute geht es aber auch einfacher.
