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Andreas Schinharls Kochbuch »Mein Bayern«: Feinsinnige Neo-Wirtshausküche

In seinem Buch versammelt der Wiesnkoch Gerichte und Geschichten, die Lust machen, das Land nochmal mit neuen Augen zu sehen – und mit neuer Zunge zu schmecken.

Das kulinarische Bayern ist so vielfältig wie die Menschen, die dort leben. Das liegt vor allem an den Landwirten, den Metzgern und den Fischern, die leidenschaftlich darum ringen, das Beste aus ihren Produkten herauszuholen. Einer von denen ist Stefan Bluhm. Der studierte Jurist gilt als der letzte Müller Münchens und mahlt sein Getreide in einer Mühle, die für 300 Jahre das Malz des Hofbräuhauses mahlte. Es ist eine alte Mühle, die viel Arbeit macht. Eine neue würde ihm einiges an Zeit ersparen. Aber Bluhm liebt seine Mühle und mahlt mit ihr Mehl, das es so nur hier gibt.

Es sind Geschichten wie diese, die der Wiesnkoch Andreas Schinharl in seinem Kochbuch »Mein Bayern« versammelt, die nicht nur Lust machen, über den eigenen kulinarischen Tellerrand zu schauen und Produkte abseits der gewohnten Supermarktregale auszuprobieren. Vor allem machen sie Lust auf eine Welt, die plötzlich gar nicht mehr traditionsversessen wirkt, sondern frisch und modern. So kann Bayern nämlich auch sein. Dann schmeckt es nicht fettig und glänzend nach Schweinehaxen, sondern frisch und knusprig nach Schinharls »Spargelpommes grün-weiß mit Bärlauchmayonnaise«.

Das geht deshalb so gut, weil Andreas Stirnharl eben genau weiß, wovon er spricht. Wäre sie nicht so dickflüssig, könnte man meinen, ihm pumpte Bratensoße durch die Venen. 15 Jahre lang war er für »Feinkost Käfer« in ganz Europa unterwegs, hat sich durch die Eigenheiten der verschiedenen Länder gekostet, um Inspiration zu sammeln. Nicht, um die bayrische Küche hinter sich zu lassen, sondern, um herauszufinden, wie man alles aus ihr herausholen kann. In diesem Mantra gleichen sich die bayrischen Produzenten mit dem Küchenchef: Zufriedenheit scheint für sie zu bedeuten, dass man eine Idee hat, wie es besser wird.

Und das hat er auf dem Oktoberfest in der »Käfer Wiesn-Schänke« serviert. »Mein Beitrag dazu ist eine bayrische Küche, die den Genuss feiert und jede Zutat ehrt, auf ehrliche und möglichst unverfälschte Weise«, schreibt er. »Dafür setze ich alles und jeden in Bewegung, vor allem mich selbst.«

Bayrisch mit skandinavischem Touch

Viele der Gerichte, die Schinharl in seinem Buch versammelt, wirken auf den ersten Blick fast skandinavisch. Reduziert und auf das feine Spiel von Kräutern fokussiert, wie etwa der »Sellerie im Salzteig mit Schwarze-Nüsse-Vinaigrette«. Oder der »Gebackene Hirschleberknödel mit Rahmwirsing und Hagebutten-Zwiebel-Marmelade«.

Aber es sind nicht allein die Gerichte, die aus »Mein Bayern« ein so schönes Kochbuch machen, sondern auch die Geschichten der Menschen, die Schirnharl gemeinsam mit seinen Co-Autoren Frank Schoch und Silvio Knezevic erzählt. Nach der Lektüre hat man das Gefühl, reicher geworden zu sein und seine Heimat mit neuen Augen zu sehen. Als traditionsbewusstes Land, das dadurch aber nicht blind für die Möglichkeiten neuer Zeiten ist.

 

Mein Bayern – Neue Wege in der bayerischen Küche
Andreas Schinharl
Südwest Verlag
304 Seiten
45 Euro (D); 46,30 Euro (AT)


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