Viele Brauereien sind aktuell in finanziellen Schwierigkeiten.

Viele Brauereien sind aktuell in finanziellen Schwierigkeiten.
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Corona und Energiekrise: Sterben deutsche Brauereien aus?

Eigentlich ist Bier in Deutschland ein Kulturgut, trotzdem geht es den Brauereien aktuell so schlecht wie selten zuvor – und auch die Aussichten für 2023 geben kaum Grund zur Hoffnung.

Seit 2018 ist der Bierabsatz in Deutschland rückläufig und seit 2019 geht auch die Anzahl der Brauereien stetig zurück. Durch die Corona-Einschränkungen mit Lockdowns zu Anfang der Pandemie, die hohen Preise für Energie und die gestiegenen Kosten für die Rohstoffe spricht der Deutsche Brauerbund e.V. sogar bereits von einer drohenden Pleitewelle unter den deutschen Brauereien: »Diese Entwicklung macht uns sehr traurig, weil wir in Deutschland immer stolz darauf waren, dass das Wort ›Brauereisterben‹ bei uns selbst ausgestorben war. Jetzt ist es so, dass mehr Betriebe schließen müssen, als neu gegründet werden und das ist eine sehr besorgniserregende Entwicklung«, so Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutscher Brauer Bund e.V. im Interview mit Falstaff.

Den Anfang des Brauereisterbens in Deutschland markierte laut Eichele die Corona-Pandemie, in der gerade zu Beginn der Einschränkungen über rund neun Monate keine Fässer für die Gastronomie abgefüllt werden konnten. Nach dieser schwierigen Zeit kommen nun noch die Energie- und Kostenkrise, was Eichele massive Sorgen bereitet: »Das bringt uns zu dem Ergebnis, dass 2022 eines der schwärzesten Jahre für die Brauereien war und auch die Aussichten für 2023 sind leider sehr düster.«

So stark steigen die Kosten für Brauereien

Die anhaltend hohen Preise belasten die Brauereien dabei in zweierlei Weise: Zum einen sind die Kunden aktuell sehr preissensibel, gehen seltener in Bars und Restaurants und fahren seltener in den Urlaub. Auf der anderen Seite steigen aber natürlich auch die Produktionskosten: »Bei Gas und Strom sind wir in der Spitze bei einer Preissteigerung von 1000 Prozent, bei Braumalz liegt die Preissteigerung bei 100 Prozent, bei Kronkorken sind es 60 Prozent, bei Etiketten 30 Prozent und bei Glas zwischen 30 und 60 Prozent, je nach Vertrag natürlich immer. Das sind schon immense Preissteigerungen, die auf die hohen Energiekosten zurückzuführen sind und die von den Zulieferern an uns weitergegeben werden.«

So reagieren die Brauereien auf die Preissteigerungen

Diese starken Preissteigerungen können die Brauereien natürlich nicht komplett an die Kunden weitergeben, deshalb gibt es laut Eichele nur eine Lösung: »Es muss Bund und Ländern so bald wie möglich gelingen, die Preise für Gas und Strom wirksam zu begrenzen. Das produzierende Gewerbe muss entlastet werden von diesen absurd hohen Energiekosten.« Seiner Einschätzung nach brauchen die Betriebe eine Planungssicherheit, um produzieren zu können und die über 27.000 Arbeitsplätze zu erhalten. 

Die meisten Brauereien verlassen sich allerdings nicht auf eine schnelle Hilfe von staatlicher Seite, sondern überlegen Alternativkonzepte, wie sie Energie und Kosten einsparen können: »Die Brauereien passen mit hohem Einsatz Prozesse an, um zum Beispiel sehr schnell Anlagen umzustellen von Gas auf Öl, um Produktionslinien zu verändern. Die Betriebe tun alles, um sich der Lage anzupassen und die Produktion aufrecht zu erhalten. Dazu gehört aber etwa auch, das knappe CO2 durch Stickstoff zu ersetzen.«

Neue Trends machen es den Brauereien zusätzlich schwer – aber es gibt einen Lichtblick

Bis 2018 ist der Bierkonsum in Deutschland gestiegen, seitdem nimmt die Lust der Menschen auf das Getränk offenbar ab. Holger Eichele sieht als Ursache dafür vor allem ein anderes Denken und neue Vorlieben der jüngeren Generationen: »Junge Leute trinken sehr viel weniger Bier, junge Leute gehen auch sehr viel vernünftiger mit Alkohol um und wir haben eine ganz neue Konkurrenz durch andere alkoholische Getränke, ich nenne da mal Gin-Tonic, Aperol Spritz oder Hugo. Die Vielfalt ist heute viel größer.«

Entsprechend des bewussteren Umgangs mit Alkohol gibt es bei den Brauereien aber auch einen Lichtblick. So boomen beispielsweise die alkoholfreien Biere: »Der Trend zu alkoholfreien Alternativen ist stark erkennbar. Wir brauen bald zehn Prozent aller Biere in Deutschland alkoholfrei und wir hoffen, dass wir mit diesem Segment einen Teil dessen wieder auffangen können, was wir an alkoholhaltigen Bieren verlieren.«

Tim Lamkemeyer
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