Best of Istrien. Vor allem die autochthonen Sorten Malvazija Istarska und Teran sorgen für Furore. Aber auch internationale Paradesorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon und Merlot begeistern.

Best of Istrien. Vor allem die autochthonen Sorten Malvazija Istarska und Teran sorgen für Furore. Aber auch internationale Paradesorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon und Merlot begeistern.
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Die Farbe Orange: Was Orange Wine aus Istrien so besonders macht

Aus der Vergangenheit in die Zukunft. Die Art der Orange-Wine-Werdung wird auch Stil der Großväter genannt. Man kann aber vor allem sagen, dass sie eine (fast) logische Fortsetzung der Geschichte des Weinbaus in Istrien ist.

Ursprünglich aus Georgien kommend, wo Weine schon vor vielen Jahrhunderten so hergestellt wurden, hat sich diese Machart gerade in Istrien als besonders erfolgreich gezeigt. Vor allem die autochthone Rebsorte Malvazija Istarska eignet sich hervorragend, da sie durch die Mazeration auf der Beerenschale ihren vollen Geschmack entfalten kann. Der Touch von reifen gelben Früchten, der kräftige Körper und das komplexe Mundgefühl können ein wunderbares Zusammenspiel entwickeln und große Freude bereiten. Die Kraft der »Terra Rossa«, der roten Erde, die Sonne und das Meer sowie die kalkhaltigen Mergelböden im Inneren Istriens bringen weitere wichtige Zutaten für diese komplexen und charaktervollen Weine mit. Das erklärt auch, warum dieser Weinstil gerade in Istrien so viele Fans hat.

© Weingut Clai

Farbenspiel

Diese Weine werden nie in ein Korsett gezwängt, sondern dürfen sich entwickeln. Naturnahe Bewirtschaftung, biologisch zertifizierte oder biodynamische Arbeitsweise bilden die Basis für gesunde und kraftvolle Trauben. Es ist nahezu ein Kinderspiel, in dieser Gegend, dieser Lage und mit diesem Boden und Klima biologisch oder biodynamisch zu arbeiten und auf technische Hilfsmittel zu verzichten. Das Merkmal dieser Weine aus Weißweintrauben ist die Farbe, die ihnen auch den Namen gibt. Durch die Vergärung auf der Maische werden Farbstoffe ausgelaugt, und je nach Dauer erhalten die Weine dadurch eine Farbe von Goldgelb bis zu dunklem Bernstein. Im englischsprachigen Raum werden sie auch Amber Wines genannt.

Handverlesen

Die Lese erfolgt von Hand, die Trauben werden entrappt, also von den Stielen befreit, und dann auf der Maische vergoren, wie es bei Rotweinen üblich ist. Ob die Maischestandzeit Tage, Wochen oder gar etliche Monate dauert, entscheidet der Stil des Winzers, dafür gibt es keine Vorgaben. Was zählt, ist der unverwechselbare Charakter, den diese Herstellungsart mit sich bringt. Die Gärung erfolgt spontan, meist wird nur ganz wenig bis gar kein Schwefel zugesetzt. Durch die lange Maischestandzeit werden neben den Farbstoffen auch Gerbstoffe und andere Inhalte herausgezogen und bereichern die Moste. Das schmeckt und spürt man. Die großen mazerierten Weine aus Istrien verlangen förmlich nach Reife, um danach ihr volles Potenzial zu entfalten. Das ist auch der Grund, warum viele Weine erst einige Jahre später auf den Markt kommen. Sie reifen lange auf der Hefe in Tonamphoren oder Holzfässern. Diese Extrareife kann einen immens großen Unterschied bei der harmonischen Zusammenfügung aller Komponenten im Wein, der Komplexität und Trinkreife ausmachen. 

Die Halbinsel Istrien und ihre beherzten Winzer geben der autochtonen Rebsorte Malvazija Istarska mit diesen besonders charaktervollen Naturweinen ihre Seele zurück. Das Potenzial ist groß. 

Eines der bekanntesten Weingüter Istriens ist das von Giorgio Clai. Sein neuer Kellermeister 
Tim Withfield kommt aus Südafrika und hat viel vor.
© Günter Standl
Eines der bekanntesten Weingüter Istriens ist das von Giorgio Clai. Sein neuer Kellermeister Tim Withfield kommt aus Südafrika und hat viel vor.

Orange Weine und Kostnotizen

Ein Besuch bei Giorgio Clai ist nahezu bei jedem Istrienaufenthalt Pflichtprogramm. Unvergesslich war bei einer Sommelierreise der Moment im Jahr 2011, als wir ihn am letzten Tag im Oktober im Keller antrafen und er uns spontan zur Begrüßung umarmte, weil der Malvazija soeben mit der Spontangärung begonnen hatte. Georgio Clai gilt als Urvater des naturnahen Weinbaus in Istrien. Er stammt aus einer italienischsprachigen istrischen Familie, die viele Jahre in Triest in der Gastronomie tätig war und bis heute noch ist. Giorgio Clai selbst verabschiedete sich eines Tages aus dem Gastgewerbe und zog sich auf den Boden seiner Vorfahren zurück. Dort, in seinem neu gestalteten Weingut mit spektakulärer Aussicht über das Mirnatal im hochgelegenen Weiler Krasica, produziert er Weine, die international für Aufsehen sorgen. Im biologisch zertifizierten Weingut werden die Trauben von Hand geerntet, entrappt und mazeriert. Die Dauer variiert je nach Wein. Die Gärung erfolgt mit natürlichen Hefen bei etwa 30 Grad Celsius, und während der Gärung wird die Maische mehrmals täglich umgerührt. Danach wird abgepresst und für mindestens zwei Jahre in 1.000- bis 2.500-Liter-Holzfässern gelagert, bis der Moment der Abfüllung gekommen ist. 

Baracija 2021 100 % Malvasia Istarska
Giorgio Clai, Buje

Mazeration von zwei Wochen; es strömt aus dem Glas ein herrlicher Duft nach reifen gelben Früchten, Honig und Mandeln. Der trockene Wein ist trinkanimierend und schwingt geradezu am Gaumen. Das Tannin ist gut eingebunden, was ihn zu einem spannenden Speisenbegleiter macht. Er harmoniert wunderbar mit Pršut, Fuži mit wildem Spargel oder Trüffeln.

Foto beigestellt

Sv. Jakov 2018 100 % Malvazija Istarska
Giorgio Clai, Buje

Der Topweiße des Hauses wird nur in den besten Jahren abgefüllt. Am satten Goldorange erkennt man die lange Mazeration auf der Maische, die meist einen Monat lang dauert. Aus dem Glas strömt ein Aromenbogen voller reifer Früchte wie Aprikose, Orangenzeste, ein Hauch von Vanille und Rosmarin. Der Wein ist sehr elegant und komplex in seiner Textur mit Grip am Gaumen sowie einem langanhaltenden Nachhall mit einem Touch Salzigkeit sowie reifen Kräutern und Früchten.

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Roxanich

»No wine without time« lautet die Tradition der Weinbereitung bei Roxanich. Was in den frühen 2000er-Jahren als Quereinstieg aus einer äußerst erfolgreichen internationalen Ingenieurstätigkeit mit dem Bau eines Weinguts begann, genießt nun internationalen Erfolg und gipfelt in einer architektonisch spektakulären Weinkellerei mit exklusivem Boutiquehotel und feinem Restaurant in Motovun, hoch über dem malerischen Mirnatal. Mladen Rožanić zählt zu den Pionieren der mazerierten Naturweine Istriens. Ausgestattet mit viel Unternehmergeist verkörpert er eine feurige Leidenschaft für sein Tun und Unternehmen, das mittlerweile schon die nächste Generation, seine sechs Töchter, mit einbezieht. Wie kaum ein anderer hat er die Naturweinszene mit seinen lange mazerierten Urweinen, wie er sie nennt, geprägt und prägt sie weiter. Durch ein Minimum an Intervention und ein Maximum an Wissen bringt er außergewöhnliche Weine hervor. Dazu kommt noch eine große Portion Zeit, eine ganz wesentliche Zutat der Kollektion an Weinen, die über die Jahre nie in ein Korsett gepackt wurden. So wie die Natur jedes Jahr ein neues Füllhorn an Vegetationsverläufen über die Weingärten ausschüttet, sind auch die Weine unter den Weinetiketten dem Naturverlauf angepasst. Als Beispiel kann ein Sorelle in einem Jahr eine ganz andere Zusammensetzung haben als im nächsten. 

Kein Winzer hat die Naturweinszene in den letzten Jahren so geprägt wie Mladen Rožanić. Mit maximalem Wissen bringt er Weine mit minimalem Eingriff in die Flasche.
© Roxanich / Žiga Intihar
Kein Winzer hat die Naturweinszene in den letzten Jahren so geprägt wie Mladen Rožanić. Mit maximalem Wissen bringt er Weine mit minimalem Eingriff in die Flasche.

Roxanich Sorelle Lara 1/6 2012.

2615 Sonnenstunden, 88 Tage mazeriert, 106 Monate gereift und unfiltriert gefüllt. Farbton: hell funkelnder Bernstein. Herrlicher Aromenbogen aus reifen gelben Früchten, Mandarinenzeste, trockene mediterrane Kräuter und einer Brise Meeresluft. Komplex, saftig und mundfüllend am Gaumen mit großem Aromenbogen, fein eingebundenem Gerbstoff und salzigem Finish, das lange anhält.

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Ghira

Ein weiteres spannendes Weingut zum Thema mazerierte Naturweine ist Ghira. Hier widmet sich Damir Mihelić nach absolviertem Studium dem Weingarten seiner Familie. Sein Stil ist es, Weine wie früher zu machen, also mazerierte »vortouristische« Weine, wie sie vor der Nachfrage nach frischen und knackigen Weinen durch den Sommertourismus hergestellt wurden. Sein Maduro wird für 15 Tage auf der Maische belassen und reift dann ein Jahr lang auf der Hefe in italienischen Terracotta-Amphoren. Das 3,5 Hektar große Weingut liegt rund 200 Meter über dem Meeresspiegel und ist biologisch zertifiziert. Die Reben wachsen auf der berühmten »Terra Rossa«, der roten Erde. Typisch für diese naturnahe Bewirtschaftung ist auch, dass die Zeilen zwischen den Weinreben mit Leguminosen, insbesondere Phacelia, bepflanzt sind, die ihrem Namen als Bienenweide gerecht wird. Die wichtigste Rebsorte am Weingut ist Malvasija Istarska, aber auch Muscat Momjan und Teran mit dem Namen »Riquertz« werden gekeltert. 

Madura 2020

Golden schimmernd. Herrlicher Duft nach sonnenverwöhnten gelben Früchten und Nüssen, mit einem würzigen Touch, am Gaumen moderate Tannine, herrliche Balance und Spannungsbogen aus einem reichhaltigen Aromenkorb, trocken mit langem
Nachhall.

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Erschienen in
Istrien Special 01/2023

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Sabine Flieser-Just
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