Holger Eichele ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes e.V.

Holger Eichele ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes e.V.
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Die Herausforderungen für deutsches Bier

»Bier ist ein hochwertiges Produkt und hat es verdient, die entsprechende Wertschätzung zu erfahren.« Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes e.V., im Falstaff-Interview über die Preisentwicklung deutscher Biere, das Brauereisterben und aktuelle Entwicklungen.

Die Deutschen lieben ihr Bier und im vergangenen Jahr setzten die Brauereien laut Statistischem Bundesamt hierzulande rund 8,8 Milliarden Liter des Getränks ab. Doch es gibt auch Grund zur Sorge um das deutsche Bier, dessen handwerkliche Herstellung seit 2020 zum Immateriellen Kulturerbe zählt, beispielsweise setzt wieder ein Brauereisterben ein. Falstaff hat sich anlässlich des Tags des Deutschen Bieres mit Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer Bundes, getroffen, um mit ihm einen Blick auf die Hintergründe, Herausforderungen und Zukunftsaussichten des Kaltgetränks zu werfen.

Falstaff: Was hebt deutsches Bier aus Ihrer Sicht von den Produkten aus dem Ausland ab?

Holger Eichele: Der deutsche Biermarkt ist sicherlich einer der vielfältigsten der Welt und regional so stark ausdifferenziert wie kein anderer. Im europäischen Ausland dominieren große nationale Braugruppen, die jeweils einen Markt beherrschen; Deutschland dagegen ist das Land der Familienbrauereien. Es gibt viele inhabergeführte Privatbrauereien, zum Teil in der achten Generation in Familienbesitz. Die Vielfalt aus 7.500 Bieren, die daraus hervorgegangen ist, sucht bis heute ihresgleichen und die ist auch ein Magnet auf den Auslandsmärkten.

Rund 1.500 Brauereien gibt es in Deutschland und auch Falstaff sucht ja aktuell nach der beliebtesten Mikro-Brauerei des Landes. Wie sieht generell das Verhältnis zwischen kleinen Brauern und Großkonzernen aus?

Deutsche Brauereien konnten in den vergangen Jahren stets ein solides Wachstum verzeichnen. Wir waren stolz darauf, dass das Wort ›Brauereisterben‹ selbst ausgestorben war. Leider erleben wir jetzt eine Trendwende, immer mehr Brauereien stehen massiv unter Druck. Die Corona-Krise ist über Nacht nahtlos in eine Energiepreiskrise übergegangen und das setzt vor allem kleinere und mittlere Betriebe massiv unter Druck.

Die Kosten für die Brauereien sind massiv gestiegen, erst in der Corona-Krise und zuletzt in der Energiekrise.

Was tun Sie dagegen als Verband?

Wir tun als Verband alles, um die Vielfalt in Deutschland, die einmalige Bier-Vielfalt, zu fördern und zu erhalten. Neugründungen gibt es aktuell praktisch nur im Bereich dieser angesprochenen Mikro- und Gasthaus-Brauereien. Es liegt uns sehr am Herzen, für diese Brauereien optimale Voraussetzungen zu schaffen. Unterstützt werden wir werden dabei von der Bundesregierung. Sie hat im vergangenen Jahr die Biersteuer ermäßigt, insbesondere für die ganz kleinen Brauereien. Das war ein wichtiges politisches Signal und ein wichtiger Schritt.

Die großen regionalen Unterschiede auf dem deutschen Biermarkt haben Sie bereits angesprochen. Gibt es aber auch übergreifende Trends?

Ein großer Trend ist und bleibt das alkoholfreie Bier, hier haben wir über die letzten Jahre ein sehr starkes Wachstum. Die deutschen Brauer sind weltweit führend bei der Herstellung hochwertiger alkoholfreier Biere und seit 2007 hat sich die Produktion der alkoholfreien Biere mehr als verdoppelt – auf gut 680 Millionen Liter im Jahr 2021. Dieser Marktanteil von sieben Prozent ist schon stattlich.  Wir gehen davon aus, dass bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird. Dieser Markt hat noch ein enormes Wachstumspotenzial.

Die Bierpreise sind in den vergangenen Monaten immer weiter gestiegen. Vor welchen Herausforderungen stehen die deutschen Brauer aktuell?

Das ist ein schwieriges Thema. Die Kosten für die Brauereien sind massiv gestiegen, erst in der Corona-Krise und zuletzt in der Energiekrise. Dieser hohe Kostendruck belastet die gesamte Brauwirtschaft – vom kleinen Craft-Brauer über die Gasthausbrauereien und den mittelständischen Betrieb bis hin zu den Konzernen. Wir haben einen enormen Kostendruck und diese Kosten müssen früher oder später an den Handel und die Verbraucher weitergegeben werden, wenn die Brauerei überleben möchte. Deswegen führt auf kurze oder lange Sicht an einer Erhöhung von Preisen kein Weg vorbei.

Einige Supermärkte sind dazu übergegangen Spargel aus dem Ausland zu importieren, um ihren Kunden weiterhin gute Preise anbieten zu können. Besteht diese Gefahr auch für Bier?

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich deutsche Brauereien immer hervorragend behauptet und geschlagen gegen die Konkurrenz aus dem Ausland. So wird es auch in den nächsten Jahren bleiben, wir sind da sehr zuversichtlich. In Deutschland exportieren wir ungefähr doppelt so viel Bier, wie wir importieren.

Herr Eichele, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Tim Lamkemeyer
Tim Lamkemeyer
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