Erich W. Steuber holte Sterneköche ins Zirkuszelt.

Erich W. Steuber holte Sterneköche ins Zirkuszelt.
© Joachim Heidersdorf

Erich W. Steuber gestorben

Er holte Sterneglanz in die Provinz, kochte für einen späteren Bundespräsidenten und zählt zu den Erfindern der Erlebnisgastronomie: Erich W. Steuber war ein vielseitig begabter Vollblutgastronom. Nun ist er mit 77 Jahren verstorben. Ein Nachruf.

Er war einer der Pioniere der Erlebnisgastronomie und der verfeinerten Regionalküche in Deutschland: Erich W. Steuber agierte drei Jahrzehnte als Hansdampf in allen gastronomischen Gassen, kochte auf großen Festen für die Reichen und Mächtigen, hatte eine WDR-Fernsehserie und machte seinen »Siebelnhof« im Siegerland zur ausgezeichneten Feinschmecker-Adresse. Der umtriebige Mann strotzte vor Ideen und Tatendrang. Immer unter Hochspannung, zunächst auch noch im Rentenalter. Jetzt hat er seine Ruhe gefunden. Erich W. Steuber starb kurz nach seinem 77. Geburtstag an den Folgen einer Demenzerkrankung.

Seine Hochzeit hatte der Vollblutgastronom Mitte der 1980er Jahre bis zu Beginn des Jahrtausends. Mit dem »Circus Culinaria« sorgte er 1986 sogar weltweit für Schlagzeilen – das erste kulinarische Spektakel im Zirkuszelt bzw. Spiegelpalast und von der Besetzung her wahrscheinlich bis heute einmalig in Deutschland. Am Herd in Siegen fünf Drei-Sterne-Köche: Paul Haeberlin (Illhaeusern), Roger Vergé (Cannes), Gualtriero Marchesi (Mailand), Anton Mosimann (London) und Heinz Winkler (München); im Team Hans-Peter Wodarz, Alfons Schuhbeck und Günter Scherrer. Moderiert von Catarina Valente und Alfred Biolek, garniert von Künstlern des Zirkus Roncalli. Wodarz entwickelte daraus »Pomp, Duck and Circumstance« und »Panem et Circenses«, später kam »Palazzo«. 

»Westfälisch angerichtet« machte er zur Marke

Ende der 1980er Jahre hauchte Erich Steuber der Regionalküche neues Leben ein, entstaubte Omas Rezepte, verfeinerte die bislang meist deftigen Gerichte und machte die von ihm kreierte Aktion »Westfälisch angerichtet« zur Marke. Außerdem gründete er in dieser Zeit den Armin-Scherrer-Cup für die besten Nachwuchsköche Deutschlands.

Als Haus-und-Hof-Koch von NRW-Ministerpräsident Johannes Rau organisierte er die Spezialitätenstraße auf dem Bundesfest in Bonn und viele weitere Events mit Staatsoberhäuptern. Mit seinem Unternehmen »Culinaria Production« richtete er bundesweit Großveranstaltungen aus, im Siegerland ließ er unter anderem einen »Gourmet-Express« über die Gleise rollen und eine »Jagdhof-Party« zelebrieren – mit prominenten Propagandisten, versteht sich. 

Paul Bocuse in Siegen

Die Gäste im »Siebelnhof« konnten die Aktivitäten anhand von Fotos und Zeitungsausschnitten verfolgen, die vom Eingang bis zur Toilette im Keller die Wände dekorierten, aber auch im Haus regelmäßig Prominente sehen. Die Großen der Zunft von Paul Bocuse bis Eckart Witzigmann bat Steuber zu »kulinarischen Gesprächen«, Showstars stiegen bei Auftritten in Siegen in Hilchenbach ab; befreundete Showstars verewigte er auf der Speisenkarte (»Lachs Carpendale«, „Pasta Milva“). Politiker und Konzernchefs tagten und feierten gerne dort. Alle kamen wegen des Patrons, der als kreativer Koch gefiel und vor allem als begnadeter Gastgeber die Menschen für sich einnahm. 

Der »Siebelnhof« wurde jahrelang in verschiedenen Gourmetführern gut bewertet, Ende der 1980er Jahre glänzte auch ein Michelin-Stern über dem ehemaligen Bauernhof von 1566. Willi Steuber hatte den Betrieb im Mai 1963 eröffnet und seinen Sohn nach der Ausbildung im Bayerischen Hof in München in die Heimat beordert, was dem aufstrebenden jungen Mann damals überhaupt nicht behagte.

Insolvenz traf ihn hart

Den Ausbau des »Siebelnhofs« schloss Erich Steuber zu Beginn des Jahrtausends mit der Dependance »Residenz La Villa« ab (mit 15 komfortablen Zimmern und Suiten sowie Wellnessbereich), danach ließ er es ruhiger angehen.

2013 verkündete er den Verkauf an ein heimisches Unternehmen, der allerdings nie realisiert wurde. Vor drei Jahren musste Steuber Insolvenz anmelden: Das Aus wäre nach 56 Jahren an der Zeit und okay gewesen, doch auf diese Weise war es bitter für den früher erfolgsverwöhnten Tausendsassa. Er hat es nicht verkraftet.

Erich Steuber hat sich um die Gastronomie in Deutschland und um den Tourismus im Siegerland verdient gemacht. Bei den Älteren in der Branche und bei seinen Gästen bleibt er in guter Erinnerung.       

Joachim Heidersdorf
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