Das Weingut Graf Adelmann auf Burg Schaubeck ist berühmt für seine Cuveés und reinsortigen Weine.

Das Weingut Graf Adelmann auf Burg Schaubeck ist berühmt für seine Cuveés und reinsortigen Weine.

Michael Graf Adelmann verstorben

Wie jetzt bekannt wurde, verstarb wenige Tage vor Weihnachten Michael Graf Adelmann (76) nach schwerer Krankheit.

Mit Michael Graf Adelmann verliert der deutsche Wein eine derjenigen Persönlichkeiten, denen die qualitative Wende der 1980er und 1990er Jahren maßgeblich zu verdanken ist. Dabei steht Adelmanns Weinbau-Karriere auch sinnbildlich für den Imagewandel, den der Beruf des Winzers in den letzten 40 Jahren erfuhr: Als er 1978 das historische, bis zum Jahr 1297 zurück verfolgbare Weingut übernahm, war es für einen Adligen keinesfalls selbstverständlich, sich operativ in den Weinbau einzuschalten. Adelmann aber, dem auch eine Juristenlaufbahn offen gestanden hätte, wählte einen anderen Weg als sein Vater Raban, der vor allem als Politiker und Diplomat tätig gewesen war. Michael Graf Adelmann drückte die Weinsberger Schulbank, übertrug das Wissen, das er dort und anderswo gesammelt hatte, ins heimische Bottwartal, und vermittelte dem Weingut dadurch bahnbrechende Impulse. 1986 war Adelmann Mitbegründer der H.A.D.E.S.-Gruppe, die sich die Erkundung des Barriquefasses zum Ziel gesetzt hatte, das »A« im Namen der Gruppe steht für »Adelmann«.

Schon Ende der 1980er Jahre experimentierte er im Keller der heimischen Burg Schaubeck auch mit Halbstück-Fässern, die bei ihrem typischen Volumen von 600 Litern weniger Eichengeschmack an den Wein abgeben als etwa Barriques. Weit seiner Zeit voraus, ließ Adelmann Rieslingmoste in den Halbstücken vergären – eine Idee, die gut 20 Jahre später von einer jungen Winzergeneration, etwa Stephan Attmann vom Deidesheimer Weingut von Winning, wieder aufgegriffen wurde. Auch den Trend zur Assemblage nahm Adelmann voraus: Schon in den 1990er Jahren nützte er die damals neuen Weinsberger Neuzüchtungen, um sie mit Klassikern wie Lemberger und Frühburgunder zu eigenständigen, vielschichtigen Rotweinen zu vermählen.

Präzise Klarheit und stilistische Finesse

Am Ende der 1980er Jahre ragten die Adelmann’schen Weine mit der präzisen Klarheit ihrer Frucht und mit großer stilistischer Finesse aus allem heraus, was Württemberg sonst noch an gutem Wein erzeugte. Auch weinbaupolitisch war Adelmann aktiv: Von 1985 bis 1993 präsidierte er dem VDP Württemberg, bis zum Jahr 2012, als er das Weingut in die Hände seines Sohnes Felix übergab, amtete der hoch Angesehene auch als stellvertretender Vorsitzender des Bundes-VDP. Im Jahr 2014 wurde er von Falstaff Deutschland für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der Verstorbene wird der Weinwelt als ein ebenso humorvoller wie kenntnisreicher Mann von feinem Understatement in Erinnerung bleiben. Als er einmal in der Stuttgarter Weingalerie Nicolay gebeten wurde, seine Weine zu präsentieren, begann er seine Ausführungen mit dem Hinweis auf das feine Mosaik des Tresens, auf dem vor ihm die Weine standen: Bei solchen Formen, so Adelmann, könne er »als Landadliger« nicht anders, als an eine Karte mit Flurstücken aus dem Katasteramt zu denken. Ein kurzer Bogen zur Zersplitterung der Weinbergslagen infolge des napoleonischen Code civil, die damals gerade hochaktuellen Klassifikationsdebatten streifend, und dann zurück zu Riesling und Lemberger: Adelmann war jemand, der die großen Linien im Blick hatte, ohne darum viel Aufhebens zu machen.

Die Redaktion des Falstaff spricht der Familie des Verstorbenen ihr herzliches Beileid aus.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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