Immer mehr Produzenten in den entlegensten Regionen der Welt bringen neue Salzkreationen auf den Markt. Und das in allen Farben.

Immer mehr Produzenten in den entlegensten Regionen der Welt bringen neue Salzkreationen auf den Markt. Und das in allen Farben.
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Exotisches Salz im Falstaff-Check

Geräuchertes Fleur de Sel aus Wales, Hawaii-Salz in diversen Farben: Exotische Salzarten nehmen mittlerweile überhand. Ein Ausflug in die Welt der Flocken und Kristalle.

Mit Lebensmitteln der gehobenen Art kennt er sich aus wie kaum ein anderer. Ralf Bos, 57, ist Deutschlands führender Delikatessenhändler. Seine Firma »Bos Food« hat mehr als 12.000 Spezialitäten aus aller Welt im Programm, darunter auch Salz – in allen erdenklichen Varianten. Die Bandbreite reicht vom »Persischen Blausalz« über Fleur de Sel aus Portugal, »Geräucherte Meersalzflocken« aus Wales bis zum »Palm Island Pacific Salz« mit 80 Spurenelementen aus dem Meer. Doch bevor es an die einzelnen Körner und Flocken geht, unterscheidet Bos zwei Grundarten von Salz: Natur- und Industriesalz, seiner Meinung nach zwei völlig verschiedene Welten, so unterschiedlich wie Mond und Sonne.

Industrie- oder Natursalz?

Natursalz wird gerne als natürlich her­gestellte Delikatesse unter den Gewürzen gesehen, mit unterschiedlichem Geschmack, je nachdem, woher es stammt und wie es gewonnen wurde. Im Unterschied zu raffiniertem Industriesalz, also dem herkömm­lichen Speise- und Kochsalz, das zu fast 100 Prozent aus Natriumchlorid besteht und durch den strengen und manchmal auch scharf empfundenen Geschmack für Bos »kulinarisch wertlos« ist. Und um das auf eine eindrucksvolle Art zu untermauern, empfiehlt er einen simplen Test. Man lege eine Messerspitze Fleur de Sel auf die Zunge und warte, bis sich die Flocken aufgelöst haben. Bos meint, es entstünde dabei ein angenehm salziger Geschmack. Ganz anders, wenn man diesen Versuch mit industriell hergestelltem Speise- oder Kochsalz wiederholt. Schon nach kürzester Zeit würde sich Brechreiz einstellen, ist Bos überzeugt, es entstünde das Gefühl, das Salz würde einem »ein Loch in die Zunge brennen«.
So ist es nicht verwunderlich, dass Feinschmecker und Gourmets für gewöhnlich zu Natursalz greifen. Ein Trend, der schon einige Zeit anhält und immer neue Krea­tionen und Produkte aus den entlegensten Gegenden der Welt hervor- und auf den Markt bringt. Etwa rotes Salz aus Hawaii, gefärbt mit roter Tonerde, grobe Meersalzkörner mit Seetang aus Afrika, aromatisiert mit Wakame-Algen oder Meersalz  von der Isle of Anglesey im Atlantik vor Wales, es sind Salz-Flakes, die über Holzspänen aus 800-jährigen Eichen geräuchert werden und so ein süßes Raucharoma erhalten. Die Liste der ungewöhnlichen Salzversionen scheint endlos.

Zuweilen sind dabei auch die Preise gesalzen. Speisesalz gibt es schon ab 80 Cent das Kilo. Die teuersten Salzkrea­tionen kosten hingegen bis zu 180 Euro pro Kilo, so etwa die hauchdünnen und pyramidenförmigen »Maldon Sea Salt Flakes«, ein Meersalz aus England, das ­derzeit von Top-Köchen in aller Welt besonders geschätzt wird.
Zu den teuersten Salzdelikatessen mit Preisen zwischen 80 und 100 Euro pro Kilo zählt auch das Premium-Meersalz »Soul of the Sea«, es stammt von der Hawaii-Insel Molokai. Dort wird das Meerwasser durch unzählige Filter geschleust, wodurch angeblich ein rekordverdächtiger Mineralgehalt von 16 Prozent entsteht, die restlichen 84 Prozent, so der Hersteller, seien Natriumchlorid. Erstaunlich dabei: Normales Meersalz hat bestenfalls einen Mineral­gehalt von vier bis sechs Prozent.

Himalayasalz: Gesund oder Fake?

Begonnen hat der Trend zu ausgefallenen Salzen mit dem Hype des sogenannten Himalayasalzes vor rund 15 Jahren. Vor allem Esoteriker schworen lange Zeit auf dieses unraffinierte Steinsalz (siehe Kasten), es galt in diesen Kreisen als Allheilmittel gegen diverse Zivilisationskrankheiten, da es angeblich 84 für den menschlichen Organismus wichtige Elemente enthalte. In Deutschland ließ das ZDF-Magazin »WISO« 2006 einige Proben untersuchen. Ergebnis: Es konnten lediglich zehn Elemente nachgewiesen werden. Und ob diese tatsächlich gesundheitsfördernd sind, ist bis heute wissenschaftlich nicht bewiesen. Umstritten ist das Salz aber auch wegen des Namens. Es stammt nämlich nicht, wie die Bezeichnung Himalayasalz suggeriert, vom höchsten Gebirge der Welt, sondern zum größten Teil aus einem Salzbergwerk in der pakistanischen Provinz Punjap, 200 Kilometer südwestlich des Himalaya-Ge­birges. Auch der polnische Bergbau fördert geringe Mengen an Himalayasalz zutage.
Bleibt also nur der Geschmack, der den meist 20-fach höheren Preis als Speisesalz rechtfertigt. Verschiedenste Geschmackskomponenten und der Genussfaktor sind es auch, die viele Köche zu Fleur de Sel greifen lassen. Dabei handelt es sich im Grunde genommen um Meersalz, allerdings um ein ganz besonderes. Die zarten »Salzblumen« werden in sogenannten Salzgärten mit Meerwasser nur an heißen und windstillen Tagen als hauchdünne Schicht an der Wasseroberfläche meist in Handarbeit abgeschöpft. Die besten Qualitäten kommen aus Frankreich, Portugal, Spanien und Slowenien. »Fleur de Sel ist weniger aggressiv als andere Salze«, sagt etwa der Schweizer Drei-Sterne-Koch Andreas Caminada vom Restaurant »Schauenstein« in Fürstenau. »Wir verwenden Fleur de Sel als Finish, hauptsächlich bei roh Mariniertem, weil es die Gerichte geschmacklich noch abrundet. Mit normalem Industriesalz ginge das nicht.«


Was sie über Salz wissen sollten

Was ist Speisesalz? Speisesalz oder Tafelsalz ist das am häufigsten ­verwendete Salz. Es besteht zum Großteil aus Natriumchlorid und wird hauptsächlich industriell durch einen chemischen Prozess gewonnen. Bei der Herstellung werden häufig Jod, Fluor und Konservierungsmittel hinzugefügt.
Was ist Meersalz? Meersalz besteht aus Chlor, Natrium, Jod, Fluor und anderen natürlichen Stoffen. Auch Natriumchlorid ist darin in großen ­Mengen zu finden. Es hat eine graue Farbe und verleiht den Gerichten ­einen intensiveren Geschmack als normales Tafelsalz. Meersalz wird auf natürliche Weise durch Verdunstung von reinem Meerwasser in Salzb­ecken gewonnen. Durch die Kombination von Sonne und Wind entsteht eine Salzkruste, die nach einer gewissen Zeit maschinell geerntet wird. Das teuerste Meersalz ist Fleur de Sel, es wird im Unterschied zu normalem Meersalz sehr aufwendig und meist händisch geerntet. Meersalz ist ­grobkörnig, während die Flocken beim Fleur de Sel wesentlich feiner und dünner sind.
Was ist Steinsalz? Ist ebenfalls ein Meersalz, das aus vor 100 bis 200 Millionen Jahren verdunsteten Meeren stammt und fossil überliefert ist. 70 Prozent des global produzierten Kochsalzes werden aus Steinsalz gewonnen, 30 Prozent stammen aus Meersalz.
Wie viel Salz braucht der Mensch? Pro Tag benötigen wir mindestens 550 mg Natrium, so viel ist in 1,4 g Speisesalz enthalten. Wir konsumieren aber weitaus mehr, nämlich im Schnitt sechs bis acht Gramm Salz. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, nicht mehr als fünf Gramm pro Tag aufzunehmen.

Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2019

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Herbert Hacker
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