Der Spitzenkoch Raphael Lüthy möchte Pilzen endlich die Aufmerksamkeit verschaffen, die sie seiner Meinung nach verdienen.

Der Spitzenkoch Raphael Lüthy möchte Pilzen endlich die Aufmerksamkeit verschaffen, die sie seiner Meinung nach verdienen.
© tibits

Klein aber oho: Pilze sind die Stars des Waldes

Raphael Lüthy, Spitzenkoch und Creative Chef des vegetarisch-veganen Restaurants »tibits« möchte angesichts der kommenden Pilzsaison für die ultimative »Funghi Experience« sorgen. Im Rahmen der »Food Zurich« möchte er in die Welt der Pilze eintauchen und delikate Alternativen zu Fleisch und Meeresfrüchten vorstellen.

Für viele symbolisiert der Ende des Sommers und der Einzug des Herbstes das Sterben der Natur und das Vergänglichkeit. Dabei bietet auch die kühlere Jahreszeit viele Genüsse und nach wie vor Leben. Dabei erwacht in den herbstlichen Wäldern und auf den Wiesen eine ganz besondere Welt die, wenn die Bedingungen stimmen, der ideale Nährboden für Pilze sein kann.

Diese üben nicht nur für Naturliebhaber:innen, sondern auch für Hobbyköch:innen einen besonderen Reiz aus. Falstaff hat sich im Rahmen der bevorstehenden Pilzsaison mit Spitzenkoch Raphael Lüthy getroffen, um die Pilzwelt und ihre Genüsse genauer kennenzulernen.

Falstaff: Welche Arten von Pilzen eignen sich besonders gut für kulinarische Zwecke und warum?

Raphael Lüthy: Da gibt es natürlich sehr viele! Früher kannte man in den Restaurants vor allem Wildpilze und konzertierte sich vor allem in den Saisons auf die Klassiker wie Pfifferlinge, Steinpilze, Morcheln und Trüffel. Heute gibt es zusätzlich sehr viele hochwertige Zuchtpilze wie Austern-Seitlinge, Kräuterseitlinge, Pleurotus, Shimeji, Emoki usw. Es gibt immer mehr Leute, die sich mit der Pilzzucht beschäftigen und neue Sorten auf den Markt bringen. Aber es ist wie bei jedem auch sehr guten Produkt, wichtig ist die richtige Zubereitung, um ein gutes kulinarisches Resultat zu erhalten.

Wie können Pilze am ehesten kulinarisch in Szene gesetzt werden?

Pilze gehören für mich in das Zentrum jedes Gerichts. Da Pilze in ihrer Konsistenz und Geschmack sehr herausstechen können, eignen sie sich sehr gut, um das Highlight auf einem Teller zu sein. Pilze wie z. B der Kräuterseitling, die sehr fest und fleischig sind, eignen sich sehr gut zum Grillen, backen oder auch füllen. Sie Schmeken auch mit kräftigen Kräutern und Olivenöl hervorragend. Pilze, die vor allem geschmacklich intensiv sind wie Morcheln, Steinpilze und Trüffel kommen am besten in einer cremigen Sauce zur Geltung und können so einem Menü am besten den Glanz verleihen. Die Mischung kann es auch ausmachen: Ein Ragout aus verschiedenen Waldpilzen in einem Blätterteigpastetchen ist ein Klassiker der kulinarisch immer funktioniert. Oder auch die Herbsttrompete ist ein beliebter aromatischer Speisepilz. Seinen Namen hat der Pilz durch die trompetenartige Form. Er eignet sich sehr gut zum Trocknen, wodurch sein feines Aroma noch besser zur Geltung kommt. Im »tibits« haben wir diesen Herbst und Winter getrüffelte Ofen-Kartoffeln neu mit fein gehackten, getrockneten Herbsttrompeten auf unserem Buffet.

Welches ist Ihr Lieblingsrezept mit Pilzen und warum?

Ich bin ein Fan von Kräuterseitlingen. Ich finde diesen Pilz kann man so fantastisch auf die verschiedensten Arten einsetzen. Wenn man ihn in feine Streifen schneidet, richtig mariniert und im Ofen heiss bäckt, schmeckt er ein bisschen nach Hühnchen. Ringe vom Stiel mit Sojasauce und mit Algen mariniert, ergeben eine perfekte Jakobsmuschel. Durch seine Grösse kann man ihn auch super füllen z. B. mit getrockneten Tomaten und Oliven. Super schmecken Kräuterseitlinge aber auch einfach halbiert auf dem Grill mit vielen Kräuter wie Rosmarin, Thymian und Salbei.

 

Welche gesundheitlichen Vorteile oder Gefahren sind mit dem Verzehr von Pilzen verbunden?

Es wird empfohlen, nicht mehr als etwa 250 Gramm pro Woche zu essen, da manche Pilze Schwermetalle speichern können. Ansonsten aber sind Speisepilze sehr gesund, vitaminreich und kalorienarm. Natürlich gilt das nur für Speisepilze. Wenn man selbst Pilze sammelt, ist natürlich sehr viel Vorsicht und Erfahrung wichtig. Es gibt viele Pilze, die nicht für die Ernährung geeignet sind.

Welche Pilze sind aufgrund ihrer fleischigen Textur und ihres hohen Proteingehalts besonders gut für Vegetarier und Veganer geeignet, um Fleisch in Rezepten zu ersetzen?

Als sehr eiweissreicher Pilz zählt der Steinpilz. Er hat ca. 4 bis 5 Gramm Protein auf 100 Gramm. Obwohl Pilze mehr Eiweiss haben als die meisten Gemüsesorten, sollte man bei einer veganen oder vegetarischen Ernährung aber unbedingt noch auf andere Eiweissquellen wie Hülsenfrüchte, Nüsse usw. zurückgreifen. Denn Pilze überzeugen auch mit ihrem herzhaften Aroma und enthalten viele Ballaststoffe, von denen die meisten Menschen zu geringe Mengen verzehren. Zusätzlich punkten sie mit wertvollen Mineralstoffen wie Kalium und Eisen sowie essenziellen Aminosäuren. Neben B-Vitaminen und Folsäure enthalten sie auch Vitamin D, das wir sonst nur über tierische Lebensmittel aufnehmen oder über das Sonnenlicht selbst produzieren können. Dank ihres hohen Wassergehalts und ihrer niedrigen Energiedichte sind sie ausserdem ein kalorienarmes Lebensmittel.

Wie können Menschen sicher Pilze sammeln und essen? Welche Risiken gibt es dabei?

Es gibt Bücher, die helfen die verschiedenen Sorten zu unterscheiden. Man sollte aber unbedingt seine gesammelten Pilze von Expert:innen kontrollieren lassen. Dafür gibt es Pilzkontrollstellen, die das anbieten.

Gibt es in diesem Jahr bisher neue Rezepttrends, die Sie in Kombination mit Pilzen beobachtet haben? Wenn ja, welche sind das?

Pilze werden neu sehr oft als Meeresfrüchte eingesetzt. Das passt vor allem durch die gegebenen Pilzstrukturen sehr gut und lädt ein zum Experimentieren. Ein bisschen Sojasauce, Meersalz, Öle und verschiedene Algen bringen den Meeresgeschmack. So entstehen aus Pilzen Austern, Pulpo, Jakobsmuscheln usw. Es ist immer toll, wenn man ein tierisches Produkt mit einem reinen Naturprodukt ersetzten kann. Dies macht der Alleskönner Pilz möglich.

Pilze haben oft eine kurze Haltbarkeit. Welche Methoden empfehlen Sie, um Pilze länger frisch zu halten, bevor sie zubereitet werden?

Ich trockne Pilze immer noch am liebsten. Die Pilze können so ihren intensiven Geschmack extrem gut behalten. Man kann Pilze aber auch sehr gut einlegen oder pickeln. Nur gefrieren eignet sich bei Pilzen nicht gut, da sie selbst aus sehr viel Wasser bestehen.

Welche Techniken zur Konservierung von Pilzen empfehlen Sie für die langfristige Lagerung, insbesondere für den Winter?

Ich würde sie trocknen. Am einfachsten sehr fein schneiden und in einem Trocknungsgerät 24 Stunden gut austrocknen lassen. Anschliessend lassen sich die Pilze, wenn sie gut verpackt sind, sehr lange lagern.


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Tamara Kalny
Autor
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