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Magische Perlen: Die besten Champagner

Die vom lateinischen »Campania« abgeleitete Bezeichnung »Champagner«, ein Synonym offener Landschaft mit weiten Feldern, ist in der ländlich geprägten Côte des Bar unübersehbar. Bis heute wechseln sich in der südlichsten der vier Champagnerregionen sanfte Hügelketten, landwirtschaftliche Flächen mit lichten Wäldern und Rebflächen ab.

Dort, in dem kleinen Ort Urville, fünfzig Kilometer östlich von Troyes, hat sich vor Generationen die Familie Drappier angesiedelt. Hier baut sie in alter Tradition Trauben auf nur 3,5 Hektar für eine der Raritäten der magischen Perlen an. »Wir sind stolz, dass wir zu den wenigen Winzern gehören, die die alten, autochthonen und fast vergessenen Rebsorten wie Arbanne, Petit Meslier, Blanc Vrai und Fromenteau rekultivieren«, erklärt der sympathische Michel Drappier. »Diese Traubensorten sind ein regionaler, teils Jahrhunderte alter Kulturschatz, den wir für die Zukunft sichern möchten. Im Cuvées Quattour vermählen wir alle vier Rebsorten.« Der »Trop m’enfaut!« Brut Nature, ein -reiner Fromenteau aus einer nur 70 Ar -großen Einzellage, begeistert in der Verkostung. Dieser Grauburgunder hat seine Herkunft in der Champagne und besticht durch seine außergewöhnliche Ausprägung mit einem unvergesslichen Bukett und erdigem, geschmeidigen Gaumen.

Die Familie Drappier ist mit der Côte de Bars in der südlichen Champagne in der achten Generation tief verwurzelt. 
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Die Familie Drappier ist mit der Côte de Bars in der südlichen Champagne in der achten Generation tief verwurzelt. 

Der Begriff »Fromanteau« geht zurück auf die weiße Patina, die wie Weizenmehl (»Froment« = Weizen) die Beeren bedeckt. »Neben diesen absoluten Raritäten verwenden wir in großen Teilen unserer Cuvées die traditionell regionstypische Rebsorte Pinot Noir«, ergänzt Sohn Hugo Drappier. Wie seine Schwester Charline führt er die Familientradition in der achten Generation fort. 

Auch andere kleine Champagnerproduzenten wie Champagne Moutard oder Alexandre Bonnet pflegen den Anbau der alten Rebsorten in der südlichen Champagne

Wie in jedem Jahr zeigen die Prestige-Cuvées und die Vintage-Champagner der bekannten namhaften Champagnerhäuser wie beispielsweise Krug, Duval-Leory, Laurent-Perrier, Billecart Salmon beeindruckenden High-End-Champagner

Die 15. Edition der »Louise 2004« von Pommery, im Jahr 2020 degorgiert, überrascht dabei besonders in der Reife mit einer bestechenden, noch jugendlichen Ausstrahlung. Eine wahre Grande Dame, die uns hoffentlich noch lange erhalten bleibt.

Carol Duval-Leroy steht seit dreißig Jahren an der Spitze des Champagnerhauses ihrer Familie.
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Carol Duval-Leroy steht seit dreißig Jahren an der Spitze des Champagnerhauses ihrer Familie.

Auch die Winzerchampagner der »Récoltant Manupulant« oder der kleineren Champagnerproduzenten präsentieren ein Feuerwerk unterschiedlichster Geschmacks-erlebnisse. Die Blancs de Blancs, ob als Vintage oder Non-Vintage, sind charakterstark und offenbaren mit ihrer vielfältigen Stilistik die unterschiedlichen Ausprägungen der Chardonnays von der Côte des Blancs. Beispielhaft sind Winzerin Nicole Moncuit und ihre Tochter Valerie aus der Familiendomaine Champagne Pierre Moncuit. »Wir wollen nur Jahrgangschampagner mit den jeweils jahresspezifischen Merkmalen herstellen. Hinzu prägt unser wunderbarer Boden gerade aus den 15 Hektar Grand-Cru-Lagen die mineralische Tiefe unserer Champagner«, unterstreicht sich Tochter Valérie Charpentier

Auch der neue Blanc de Blancs »Les Aventures«, ein Parzellenwein von A. R. Lenoble, spielt in der Oberliga mit. Vor allem bei den Winzerchampagnern liegen die Lagenchampagner voll im Trend.

In der Champagne geboren und aufgewachsen: Kellermeister Odilon de Varine von Champagne Gosset.
©Frank Kauff
In der Champagne geboren und aufgewachsen: Kellermeister Odilon de Varine von Champagne Gosset.

Das Herausarbeiten besonderer Eigenschaften einzelner Parzellen aus Ay hat zum Beispiel bei Champagne Deutz eine lange Tradition. Markant in der Verkostung ist der Pinot Noir »2015 Hommage à Deutz, Meurtet«, der sich wie eine »Ile Flottant« nachhaltig seidig und schaumig an den Gaumen schmiegt. »Die Parzelle liegt ca. 200 Meter von unserem Weinkeller in Ay entfernt. Der Weinberg ist nach Südosten ausgerichtet«, erklärt der Chef de Cave Michel Davesne. »Aufgrund der unterschiedlichen Himmelsausrichtung präsentiert sich der Champagner Meurtet oft weicher und jugendlicher als der Blanc de Noir aus der La Côte Glacière, der aus einer reinen Südlage stammt«, erklärt er die Unterschiede.

Das Thema Nachhaltigkeit ist auch in der Champagne ein allgegenwärtiges und angestrebtes Zukunftsziel. Die zertifizierten Biobetriebe machen mittlerweile eine Fläche von ca. sechs Prozent der Gesamtfläche aus, mit steigender Tendenz. Selbst die großen Champagnerhäuser wie beispielsweise Pommery sind mit ihren eigenen Weinbergflächen mittlerweile in der Umstellung auf biologischen Anbau. Louis Roederer hat es für große Teile der eigenen Anbauflächen bereits geschafft, biologisch angebaute Trauben in den Cuvées zu verwendet. 

Einmal mehr erstklassig: die legendäre Krug Grande Cuvée.
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Einmal mehr erstklassig: die legendäre Krug Grande Cuvée.

Für den Großteil der Anbaufläche hat man in den letzten Jahren u. a. mit dem Comité de Champagne Nachhaltigkeitskonzepte und Hilfestellungen für die Winzer entwickelt. Neben dem in ganz Frankreich genutzte Umwelt-Parameter HVE 3 (Haut Valeur Environnementale Stufe 3), basierend auf einem System von Biodiversität, Düngung- und Pflanzenschutzstrategien sowie Wasserressourcen, hat man in der Champagne ein eigenes Label entwickelt. »Viticulture Durable en Champagne« ist das Nachhaltigkeitszertifikat in der Champagne. Hier setzt man auf ganzheitliche Konzepte, die über die Anforderungen der HVE hinausgehen. 

»Für uns liegen die Ausdruckstärke und der Finessenreichtum im biologischen und biodynamischen An- und Ausbau unserer Cuvées«, erläutert Frédéric Zeimet von -Leclerc Briant. Seit Jahren gehören die Produkte seines Hauses zu den hoch bewerteten Champagnern. Diese Ergebnisse belegen, dass auch in dem nördlichsten Anbaugebiet Frankreichs die »Biodynamie«, die höchste Stufe der Nachhaltigkeit, erfolgreich sein kann und eine Chance verdient. 

 Frederic Zeimett
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 Frederic Zeimett

Auch bei den Rosé-Champagnern zeigt sich ein ungebrochener Markttrend mit hervorragenden Qualitäten. Die ständig steigende Beliebtheit und hohe Nachfrage dieser Produkte haben zu einem Qualitätssprung geführt. Mittlerweile gehört der Rosé Réserve von Charles Heidsieck zu den Top-Non-Vintage-Champagnern. »In diesem Rosé suchen wir Spannung und Komplexität am Gaumen«, erklärt Kellermeister Cyril Brun. »Dies erreichen wir durch einen hohen Anteil von 20 Prozent der Reserveweine und einem Hefelager von über drei Jahren.« In der Verkostung bestätigt dieser besondere Rosé-Champagner seinen Rang mit wunderbarer Vollmundigkeit. Die Einsatzmöglichkeiten dieser rassigen, oftmals stoffigen Rosékreationen gehen über den klassischen, beschwingten Aperitif hinaus. Sie sind ideale Speisebegleiter für würzige und auch herzhafte Gerichte.

Cyril Brun ist Kellermeister bei Charles Heidsieck. Sein Rosé Réserve gehört zu den Top-Non-Vintage-Champagnern.
© Charles Heidsieck
Cyril Brun ist Kellermeister bei Charles Heidsieck. Sein Rosé Réserve gehört zu den Top-Non-Vintage-Champagnern.

Die Verkostung der eingereichten hoch bewerteten Champagner bestätigt größtenteils die Einzigartigkeit dieser Produkte. Der individuelle Geschmack, geprägt von Besonderheiten der Lagen, von Klima und vor allem der diversen Kreideböden überrascht immer wieder. Die Suche nach noch mehr Ausdruck und Vielfalt zeichnet sich durch die immer länger werdenden Reifezeiten aus. Dies gilt nicht nur für die Jahrgangschampagner, sondern auch für die Non-Vintage-Cuvées. Selbst bei den Basiscuvées geht man vielfach über die 15 Monate Mindestlagerzeit hinaus. Außerdem haben sich die Kellermeister beim Spiel mit der Assemblage, der Vermählung unterschiedlicher Grundweine, zu wahren Künstlern entwickelt. Sie jonglieren virtuos mit Kompositionen aus unterschiedlichen Reserveweinen verschiedener Jahrgänge und Ausbaubehältnissen wie beispielsweise Holz, Stahltank oder Beton. 

Als Ergebnis dieses kreativen Aufbruchs können Champagnergenießer aus einer wunderbaren, vielfältigen Genusspalette schöpfen. Neben den Champagnerklassikern und traditionell bekannten Markennamen kann man sich neugierig auf Entdeckungsreise begeben und spannende neue Champagnerkreationen für seinen persönlichen magischen Genussmoment entdecken.

Stephen Leroux
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Stephen Leroux

Gerhild Burkard
Redakteurin
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