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New York: Die Hauptstadt der Steaks

Nirgendwo in den USA werden so viele Steaks verdrückt wie in New York. Entsprechend groß und vielfältig ist das Angebot an Steakhäusern in der Stadt. Der Falstaff hat die besten besucht.

»Die Rindfleischqualität ist für mich das Wichtigste. Ich suche nur erstklassiges Rindfleisch und wir dry-agen es 28 Tage, das ist eine magische Zahl.« Michael Lomonaco, Chef und Eigentümer des eleganten »Porter House Bar & Grill«, macht keine Kompromisse, wenn es um Steaks geht. Sein Restaurant mit Blick auf das Grün des Central Parks, die Skyline und die gelben Taxis um den Columbus Circle in Midtown Manhattan gehört zu den besten Adressen der Stadt, wenn es um Steaks geht. Und manchen Gästen schmeckt es offenbar so gut, dass sie wirklich alles aufessen, was auf den Tisch kommt. Zu seinen Bestsellern gehören das Porter House Steak, dry-aged, für 180 Dollar (besteht aus dem Strip-Loin- und dem Tenderloin-Filet bzw. Filet Mignon) und das New York Strip Steak (84 Dollar).

big boys, big steaks

»Unser Porter House Steak hat 38 Unzen (Anm.: mehr als ein Kilogramm). Ich habe schon Leute gesehen, die das alleine gegessen haben. Die meisten teilen es sich aber«, so Michael Lomonaco. Auch das Strip Steak mit mehr als 500 Gramm habe mancher allein weggeputzt, erklärt er schmunzelnd: »Das ist ein großes Steak. Aber das ist typisch USA.« 

Die Größe der Steaks ist eine Sache. Aber auch die Rinderhaltung, besser gesagt die Fütterung, ist in den USA anders als in Europa und hat einen beträchtlichen Einfluss auf ein saftiges Steak: »Was die Amerikaner bei der Viehzucht anders machen als die Europäer oder Südamerikaner, ist die Fütterung kurz vor der Schlachtung.« Die letzten ein bis zwei Monate werden die Rinder in den USA vielfach mit Getreide gefüttert und legen so schnell an Gewicht zu. Das Fleisch erhält dadurch die begehrte Marmorierung, also Fettsträhnen im sonst mageren Fleisch. Und der Fettanteil macht das Prime Beef in den USA zu dem, was es ist. Das Geheimnis des Geschmacks für viele Steakliebhaber in den USA: »Wenn wir ein Steak anschauen, sagen wir, es ist gut marmoriert. Du siehst das Fett im Fleisch«, erklärt Michael Lomonaco. 

Der 68-Jährige hat sich in der New Yorker Restaurantszene schon längst einen Namen gemacht. Er war früher Küchenchef im »Windows of the World«, dem Restaurant im Nordturm des World Trade Centers, der bei den Anschlägen vom 11. September 2001 zerstört wurde. Anschließend eröffnete er im Jahr 2006 das »Porter House Bar and Grill«, ein modernes Steakhouse im vierten Stock des »The Shops Columbus Circle«. Das von Jeffrey Beers International entworfene Restaurant wurde 2017 vom New York Magazine zum »Besten Steakhouse in New York« gekürt.

Die Fleischqualität ist logischerweise das Wichtigste bei einem Steak. Viele Steakhäuser dry-agen ihr Fleisch selbst, auch das ­»Porter House«. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Veredelungsmethode, bei der das Fleisch am Knochen über einen definierten Zeitraum bei kontrollierter Luftfeuchtigkeit und Temperatur unverpackt abhängt. »Nach 28 Tagen hat es meiner Meinung nach den fleischigsten Geschmack und nimmt am wenigsten andere Nuancen an, die sich nach und nach bei der Reifung entwickeln«, erklärt Michael Lomonaco. »Nach 45 Tagen hat es schon einen ausgefallenen Geschmack, wie Blauschimmelkäse.«

Apropos anderer Geschmack: In New York City glänzen seit einiger Zeit neben den traditionellen auch koreanische Steakhäuser wie das »Cote«, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Damit hat Michael Lomonaco allerdings kein Problem: »Die Gerichte werden anders gewürzt, es gibt andere Soßen, das ist ein gänzlich anderes Erlebnis. Ich finde das großartig!«

»Smith & Wollensky«
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»Smith & Wollensky«

Große Auswahl

Die Veränderung in der Restaurantszene der Stadt spiegelt die Veränderung der Bevölkerung von New York City wider. »Das macht es generell interessanter, wer heute Essen geht, hat mehr Auswahl«, so Lomonaco. »Wir servieren etwa auch Wagyu, japanisches Rindfleisch. Aber wir machen das nicht auf japanische Art in kleinen Portionen. Wir servieren größere Cuts, American Style, also 350 bis 400 Gramm.« Im »Porter House« wird das Wagyu meist zusätzlich zu den herkömmlichen Steaks bestellt und von den Gästen untereinander aufgeteilt.

Zwischen Bryant Park und Grand Central Terminal im Herzen der City befindet sich das »Benjamin Steak House«. Das Familienunternehmen bietet ebenfalls erstklassiges Fleisch perfekt trocken gereift an. Doch das Ambiente hier ist eher gediegen, mit Holzvertäfelung, großem Kamin, schokoladenbraunen Ledersitzen, gewölbter Decke und Messing-Kronleuchtern. Auf der Weinkarte finden sich sogar niederösterreichische Weine wie ein Donabaum Grüner Veltliner oder ein Gebeshuber Zierfandler.

Auch hier gibt es Wagyu, das teuerste Rindfleisch der Welt. Doch der Star des Lokals ist eindeutig das Porterhouse Steak. Serviert wird es auf einer heißen Platte, triefend in geklärter Butter. Das Fleisch ist an der Oberseite angekohlt, da es zum letzten Garen mit Butter bedeckt zurück in den Grill gelegt wird. Zudem ist es ordentlich mit Salz gewürzt, das verstärkt den Dry-aged-Geschmack. Zu den Beststellern gehört hier auch das Rib Eye Steak. »Wir holen das Fleisch für das »Benjamin Steak House« und unser Schwesterrestaurant »Benjamin Prime« jeden Morgen per Laster aus New Jersey von Pat LaFrieda«, erklärt Victor Dedushaj. Pat LaFrieda ist ein Topfleischproduzent mit Kultstatus, den ein italienischer Einwanderer vor rund 100 Jahren gegründet hat.

Das Porterhouse für zwei Personen mit 900 bis 960 Gramm gibt es im »Benjamin Steak House« für 136 Dollar, das Rib Eye mit rund 800 Gramm kommt auf 85 Dollar. Beilagen wie Pommes frites, Kartoffelpüree, Gemüse, Crèmespinat oder Lobster Mac and Cheese kosten extra.

Die Rechnungen können in New Yorks ­Steakhäusern schon einmal ganz schön fett ausfallen. Aber es gibt einen guten Grund, weshalb Dry-aged Beef nicht gerade günstig ist: Durch den enzymatischen Prozess bei der Reifung verliert das Fleisch Wasser und somit bis zu 20 Prozent an Gewicht. Außerdem wird die Kruste nach dem Reifungsprozess weggeschnitten. Dadurch lassen sich unter dem Strich aus einem Rind weniger Steaks schneiden als beispielsweise beim Wet-Aging, bei der Nassreifung im Vakuumbeutel ohne Sauerstoff liegt das Fleisch sozusagen im eigenen Saft.

Im Durchschnitt lässt ein Gast in einem New Yorker Steakhouse 150 Dollar pro Person. Kein Wunder, dass Firmenkunden eine wichtige Klientel sind – Steakhäuser und Geschäftsessen haben eine lange Tradition. Im späten 19. Jahrhundert wurde es so richtig populär, Fleisch und Politik bzw. Fundraising für die Politik miteinander zu verbinden. Genussvoll und opulent, da glüht die Firmenkreditkarte. Steakhäuser waren aber auch immer schon ein Treffpunkt für Theaterschauspieler.

»Das gewisse Etwas«

Das »Gallaghers« etwa unweit des Broad­ways war während der Prohibition ein Speakeasy, heute ist es eine Steakhaus-Ikone der alten Garde. In seiner fast 100-jährigen Geschichte hat es unzählige Schauspieler, Sportler und Politiker angelockt. Aber auch Wallstreet-Titanen haben hier ihre Erfolge gefeiert. Historische Aufnahmen zieren die Wände des Lokals. Von außen lässt es sich nicht verfehlen, mit rotem Teppich, Baldachin und einem Kühlraum mit riesiger Glasscheibe zur Straße hin. Darin reift Fleisch im Wert von Hunderttausenden Euro, transparent für jeden. Manager im »Gallaghers« ist der Österreicher Lorenz Pretterhofer. Er erklärt, warum das »Gallaghers« auch unter jüngeren Leuten seine Fans hat: »Es ist ein uriges Lokal, hat das typische Ambiente eines New Yorker Steakhouses, wie man es nur noch selten findet. Es hat das gewisse Etwas, man kann es nicht so recht in Worte fassen.«

Dean Poll, der das Restaurant 2013 übernommen hat, renovierte es strategisch: »Es hat sich mit der Zeit schon verändert, aber wir haben die Tradition erhalten. Wenn Gäste reinkommen, sagen sie, das ist ja wie in den 1960er-Jahren, wie in der TV-Serie ›Mad Men‹. Und es ist tatsächlich alles so wie in den Sechzigern, bis auf den Zigarren- und Zigarettenrauch, den gibt es nicht mehr.«

Die U-förmige Bar zieht die Blicke im Lokal auf sich, die roten Lederbänke sind Kult. Manche Kellner arbeiten seit 40 Jahren hier und gehören fast schon zum Inventar. Gegrillt wird mit Holzkohlen, das ist einzigartig. Pro Woche werden fast 1600 Kilogramm Kohle verheizt: »Dadurch wird das Kochen etwas schwieriger als mit Gas, denn die Hitze ist nicht gleichmäßig«, meint Dean Poll.

»Gallaghers«
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»Gallaghers«

Das Steakhouse schlechthin gibt es wohl nicht. Aber es gibt für jeden das Passende. Wenn Multimilliardär und Starinvestor Warren Buffett beispielsweise ein Mittagessen mit ihm in einem New Yorker Steakhouse für wohltätige Zwecke versteigert, dann ist das bei »Smith und Wollensky« in Midtown. Außen grün-weiß mit Türsteher in Uniform. Innen eine Zeitmaschine mit gerahmten Speisekarten. Buffets Lieblingstisch ist mit einer Plexiglasscheibe von der Küche abgetrennt. Neben Steaks gehört hier eine riesige Schüssel mit Seafood zu den Vorspeisen (148 Dollar für vier Personen). Den auffälligen Namen des Lokals hat sein Gründer, Alan Stillman, in den 1970er-Jahren frei erfunden. Es war kurz vor der Eröffnung des Lokals, und er hatte noch keinen Namen, also schlug er einfach das New Yorker Telefonbuch auf und suchte nach gut harmonierenden Namen.

Die »gute alte Zeit«

Das älteste durchgehend geöffnete Steakhaus in New York und überhaupt in den USA findet man im Meatpacking District. Das »Old Homestead« hat seit 1868 seine Türen geöffnet. Eine Kuhskulptur über dem Eingang weist den Weg. Einst von deutschen Einwanderern gegründet, kamen hier früher auch die Arbeiter vom Meat Market zum Essen. Im Südwesten Manhattans schufteten einst 3000 Fleischhauer und Verkäufer. Das Rinderblut versickerte zwischen den Pflastersteinen, und die Meatpacker begannen um zwei Uhr früh ihre Arbeit. »Gegen Mittag waren sie hier zum Abendessen. Die meisten der Fleischhauer waren Gäste bei uns«, erzählt Marc Sherry, einer der Eigentümer des »Old Homestead«. Heute ist der Meat Market in der Bronx angesiedelt und der Meat Packing District ein Fashion-Viertel. Im Laufe der Jahre wurden viele berühmte Filme im »Old Homestead« gedreht, darunter auch die kultisch verehrte Mafia-Serie »Die Sopranos«. Die Hostess lacht, wenn sie darauf angesprochen wird: »Viele Leute wollen an dem Tisch sitzen, an dem die Sopranos gegessen haben.« Und ­bestellen natürlich Steak. Blutig.

»Old Homestead Steakhouse«
© Angelika Ahrens
»Old Homestead Steakhouse«

Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2023

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Angelika Ahrens
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