Sepp Reisenberger hat sich nicht nur in die Insel verliebt.

Sepp Reisenberger hat sich nicht nur in die Insel verliebt.
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S-Point auf Sylt: »Man geht skeptisch rein, aber glücklich raus«

Wie sich ein Österreicher auf der deutschen Promi-Insel seinen Traum von einem Strandlokal erfüllt hat, was kulinarische Exotik jenseits des Weißwurst-Äquators für ihn bedeutet und was er bei Sonnenuntergang alles auftischt.

Sozusagen in Pole-Position, direkt am Strandaufgang im nördlichen Westerland gelegen, erwartet man eines sicher nicht: österreichischen Dialekt. Wie sich Sepp Reisenberger mit dem »S-Point« den Traum vom eigenen Strandlokal auf Sylt erfüllt hat, erzählt er im Gespräch mit Falstaff.

Westerland, die größte Stadt und zugleich das Herzstück der Nordseeinsel Sylt, bietet einen mondänen Mix aus Küstenflair, Shopping und Kulinarik. Sie sind mit 21 Jahren durch Deutschland gereist - und gleich dort geblieben. Wie kam es dazu und wie wurde der Traum vom eigenen Strandlokal Wirklichkeit?

Lange ist es her, als ich in einer Wintersaison von einer Insel in Norddeutschland gehört habe, die als Urlaubsziel für die High Society bekannt war. Das renommierte »Restaurant zum Österreicher« in Kampen suchte zu dieser Zeit nach neuen Mitarbeitern, und ich musste die Gelegenheit einfach ergreifen. An diesem Ort habe ich auch meine Partnerin kennengelernt und einige Monate später erfahren, dass ich Vater werden würde. Heute wird unser Sohn bereits stolze 20 Jahre alt.

Im Laufe meiner Karriere in der Gastronomie habe ich mich immer wieder gefragt, warum so viel Wert auf oberflächlichen Luxus, auf Schickimicki, gelegt wird und warum man nicht einfach etwas schaffen kann, das all diese äußeren Elemente nicht benötigt. Also unkompliziert und ohne Service-Drehbuch. Das funktioniert in einer Strand-Location sehr gut, und nach knapp 15 Jahren Sylt Erfahrung hatte ich dafür die richtige Destination gefunden.

Sylt ist bekannt für seine gehobene Gastronomie und die anspruchsvolle Klientel. Wie positionieren sie ihr Lokal in diesem anspruchsvollen Markt und was unterscheidet Sie von anderen Restaurants auf der Insel?

Ich habe mir die Frage gestellt: Was möchte man im Urlaub? Diese Frage wurde wirklich intensiv behandelt, so dass man bei uns  jetzt wirklich auf verschiedene Arten relaxen kann. Das Gesamtkonzept aus lockerer aber kompetente Bedienung, abgestimmten Drinks, lässigem Seelenfutter und chilligem Sound, lässt unser ganz besonderes Beach Feeling entstehen.

Was macht Ihr Konzept so erfolgreich?

Unser Konzept vereint auf harmonische Weise Unkompliziertheit, Lockerheit und ungezwungenen Stil mit einem hohen Qualitätsanspruch. Wir haben die Erwartungen unserer Gäste gewissermaßen umgedreht, indem wir eine einfache Strandhütte geschaffen haben, in der sich unerwartete Überraschungen verbergen. Man geht skeptisch rein, aber glücklich raus. Trotz Herausforderungen wie Lieferengpässen und Preiserhöhungen legen wir nach wie vor großen Wert auf regionale Qualität. Wir nehmen uns die Zeit, alles selbst zu kochen, zu backen, zu kneten, zu schmoren und zu mixen. Dieser Aufwand wird von unseren Gästen honoriert und ist Teil unserer Philosophie.

 

Welche besonderen Herausforderungen ergeben sich für Sie als Gastronom auf Sylt im Vergleich zu ihren Erfahrungen in Österreich?

Ja, auch in Österreich, wo wir früher noch in Zimmern mit Stockbetten gewohnt haben, ist der Fachkräftemangel angekommen. Hier auf der Insel gibt es aber »niemanden auf der Ersatzbank«, wie es vielleicht in den Städten noch einigermaßen funktioniert und über eine Whatsapp Gruppe angefragt eine von 15 Personen vielleicht Zeit hat. Der Wohnraum ist knapp und teuer, Personalwohnungen können meist nur jährlich gemietet werden und müssen Brutto wegen geldwerten Vorteils versteuert werden.

Es heißt man sollte Ihre Galloway Bratwurst probieren. Was macht diese so besonders?

Die Galloway Rinder grasen hier direkt auf Sylt, der Gänsehof in Keitum produziert die Würste nach unserem Rezept. Auch die Aufmache am Tisch spielt eventuell eine Rolle, da wir das Gericht brennend servieren.

Haben Sie auch österreichische Gerichte im Portfolio?

Eher nicht, höchstens mal als Empfehlung auf unseren Empfehlungsflaschen, die wir täglich neu schreiben. Unsere Gerichte beschreibe ich als regional mit Cross-Over-Einflüssen, also durchaus kunterbunt aber stimmig.

Welche Herausforderungen haben Sie als Österreicher möglicherweise bei der Anpassung an die kulinarischen Vorlieben der Inselbewohner und Urlauber erlebt?

Die Insel wird »von ganz Deutschland« besucht, somit gibt es hier keine großartigen Vorgaben, was auf den Tisch kommen soll. Da ich immer schon ein Sea Food und Steak-Liebhaber war und mich eine gewisse kulinarische Exotik jenseits des Weißwurst-Äquators inspiriert hat, kann ich mich hier voll entfalten.

 

Sonne, Sand und Aperitif: Daran denkt man normalerweise wenn von Strandlokalen die Rede ist. Was ist das Besondere an Ihrem Sundowner Konzept?

Gute Stimmung, vernünftiges »Seelenfutter« und einen Pimms oder einen unserer Gin Tonicˋs,  ein Rhabarber Secco, eine unserer Spritz-Geschichten wie Nordish-Rosado-Basilikum-Limoncello Spritz, ein Glas »I am Not Full« vom Weingut Full (antialkoholisch), und dann ein kurzer Sprung über die Treppe, wo der Sonnenuntergang zum Greifen nahe ist: Das alles sind Garanten für einen perfekten Tagesausklang.

Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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