In Köln geht längst nicht mehr nur Kölsch über die Theke.

In Köln geht längst nicht mehr nur Kölsch über die Theke.
© Brauerei Gaffel

Trinken in Köln: Es muss nicht immer Kölsch sein

Wer im Kölner Brauhaus sitzt, darf jetzt auch andere Getränke als Kölsch bestellen. Was lange als undenkbar galt, hat sich dem Trend inzwischen gebeugt und die Brauereien rüsten getränketechnisch auf.

Es gibt vieles, was für Kölsch spricht. Das obergärige Vollbier, seit Mitte der 90er Jahre eine durch die EU geschützte, regionale Spezialität, trinkt sich leicht und in bester Gesellschaft – die Kölner Brauhauskultur baut schließlich auf diesem Getränk auf. Und doch bieten die kleinen und großen  Brauereien der Stadt in den letzten Jahren immer mehr Alternativen und Experimente an. Es mag am Hype um Craftbeer liegen oder einer neuen Generation Brauer und Brauerinnen. Fakt ist, dass der scheinbar ewige Bund von Köln und Kölsch nicht mehr zwingend gilt und sich Getränketrends zur Freude der Experimentierfreudigen auch in Köln längst bemerkbar gemacht haben.

Gaffel: Aus alt mach neu

Der rheinische Marktführer exportiert zumindest Kölsch bis in die USA. Weniger bekannt sind weitere Kreationen der Brauerei, etwa das »Sonnenhopfen«. Das trübe und sommerlich-süffige Pale Ale mit trendigem Citrahopfen, nicht allzu bitter gebraut, ist inzwischen schon seit fast zehn Jahren auf dem Markt. Die neuste Kreation aus dem Hause Gaffel wird seit 2021 ausgeschenkt, aber bereits seit dem 19. Jahrhundert getrunken. Das ebenfalls naturtrübe, sogenannte »Wiess« gilt als Vorform des heutigen Kölschs und wird – ganz nostalgisch – in der guten, alten 0,33l-Euroflasche abgefüllt.

Malzmühle: Bier für Schwangere

Die letzte Brauerei der Altstadt ist nun umgezogen – dorthin, wo mehr Platz zum Brauen ist. Das Brauhaus ist geblieben und damit auch die dazugehörige Craftbeer Bar. Hier trinken Gäste Bierspezialitäten aus aller Welt, aber auch das hauseigene Champagnerbier, das mit Champagnerhefen gebraut und in hübschen Flaschen serviert wird. Eine Entdeckung ist das uralte »Koch’sche Malzbier« (Achtung, 2,4 % vol.!). Mit dieser Innovation ging es 1888 zur Weltausstellung nach Brüssel, um das Getränk vor allem Schwangeren und Stillenden als energiespendende Kraftnahrung anzupreisen. Im Einzelhandel sucht man vergebens nach einem Sixpack, am besten kauft man die Flaschen gleich im Brauhaus oder in der Brauerei.

Sünner: Kölsches Wasser in allen Farben

»Dat Wasser vun Kölle ist jot«, heißt es schon seit den 80ern im Schlager der Bläck Föös. Das weiß auch die Brauerei Sünner und verkauft ihr »Wasser« unter anderem in den Geschmacksrichtungen »pink« (Grapefruit), »grün« (Waldmeister) und »orange« (Orange). Dabei handelt es sich um alkoholfreie Limonaden, die mit kölnischem Wasser hergestellt werden. Denn die Brauerei im rechtsrheinisch gelegenen Stadtteil Kalk thront direkt über dem hauseigenen Brunnen, der sie schon seit dem 19. Jahrhundert mit Wasser versorgt.

Nolte und Zappes Broi

Pils in Köln, das gab es schon mal. Fast wäre das Kölsch auch vom Radar verschwunden, hätte Brauer und Lokalpolitiker Hans Sion nicht fleißig dagegen angekämpft und die Kölsch-Konvention mit auf den Weg gebracht. Es ist also gewissermaßen Back to the roots, wenn junge Brauer*innen heute Untergäriges brauen. Mitten in der Pandemie entstand das naturtrübe Bio-Pils »Zappes« mit dazugehörigem Lokal im Studentenviertel, das sich geschmacklich -mild und süffig - jedoch nicht ganz so weit vom Kölsch entfernt. Der Brau- und Malzmeister Paul Nolte, der gewissermaßen in Opas Brauerei (Sester Kölsch) aufwuchs, hat seinen großen Auftritt ebenfalls ausgerechnet während der Pandemie hingelegt. Sein Lagerbier schmeckt schlank, nur leicht Bitter und entfernt sich damit, ähnlich wie das Zappes Broi, nur zaghaft vom lokalen Gusto.

Valeria Scalerandi
Valeria Scalerandi
Falstaff Scout
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Von Redaktion