Die Jagd – eine nachhaltige Tradition. 

Die Jagd – eine nachhaltige Tradition. 
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100. Jägerball: Herbert Sieghartsleitner im Interview über die Zukunft der Jagd

Kaum ein Handwerk scheint so viel diskutiert, wie die Jagd. Warum es sich dabei um eine Notwendigkeit handelt und was die Zukunft für Wald, Wiese und Wild bringt, das erklärt Oberösterreichs Landesjägermeister und seit 1. Januar 2023 »Jagd Österreich« Präsident Herbert Sieghartsleitner.

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Jägerinnen und Jäger sind die anerkannten und kompetenten Ansprechpartner, die das Wissen über Jagd, Wild und Natur vermitteln, bewahren und erweitern. Darüber hinaus pflegen sie die Traditionen und Brauchtümer der Jagd und geben diese an nachfolgende Generationen weiter. Die Jagd ist eine der wesentlichen Säulen nachhaltiger Landnutzung in Österreich. Daher ist die Vertretung der Interessen aller rund 130.000 Mitglieder der Landesjagdverbände durch einen Dachverband sehr wichtig. Herbert Sieghartsleitner ist seit Anfang des Jahres Präsident und Vorsitzender der Landesjägermeisterkonferenz und gilt als jene Person, die das Jagdhandwerk von der Pike auf gelernt hat und darin eine ureigenste Lebenshaltung sieht.

Falstaff: Vor 42 Jahren haben Sie die Ausbildung zum Jäger gemacht und sagen selbst, die Jagd sei schon immer Teil Ihres Lebens gewesen – wie würden Sie den Begriff »Jagd« definieren?

Herbert Sieghartsleitner: Es handelt sich hierbei um das Nachstellen und Streben nach dem Wild in der freien Wildbahn. Aber nicht nur das, denn die Jagd hat viele Facetten und sie ist für mich daher das umfangreichste und größte Naturerlebnis.

Viele bezeichnen die Jagd als Hobby oder gar Sport – würden Sie dem beipflichten?

Das kann ich mit einem ganz klaren Nein beantworten. Sicherlich geht es hier um eine hohe körperliche Beanspruchung – alleine die Jagd im Hochgebirge ist schon ziemlich schweißtreibend –, doch für mich hat das nichts mit Wettkampf oder gar einer sportlichen Leistung zu tun. Genauso wenig kann ich Jagd als Hobby bezeichnen. Es geht um viel zu viel.

Was ist die Jagd dann für Sie?

Sie ist für mich eine sehr individuelle, menschliche und weitreichende Lebenshaltung. Die Jagd ist eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit und hat auch einen gesellschaftlichen Auftrag, nämlich die Wildbestände zu regulieren. Das erfordert eine hohe Kompetenz und Erfahrungswerte. Der Klimawandel wird unsere Wälder und unsere Wildbestände verändern und das gilt es anzupassen. Zudem geht es nicht um ein rücksichtsloses Töten oder »Abknallen«. Es ist eine menschliche, persönliche Entscheidung, die mit Reflexion zu tun hat.

Wie wird sich die Jagd in Zukunft verändern?

Zeitgemäße Jagd braucht klare Begründungen. Was wir als Jäger in unserem Tun und  Handeln nicht sinnstiftend erklären können, davon müssen wir uns in Zukunft wahrscheinlich verabschieden. Als Jäger lösche ich Leben aus und das mache ich nicht leichtfertig und das will ich auch vermitteln. Es braucht in Zukunft mehr dazu, zu jagen. Es ist nicht (mehr nur) eine Nahrungsmittelbeschaffung.

Was wird sich am meisten verändern?

Die Jagd wird die Auswirkungen von all den gesellschaftlichen Veränderungen spüren. Das Raumnutzungsverhalten ändert sich radikal. Durch den Tourismus und die vielfältigen Nutzungsansprüche der Menschen hat sich der Druck auf die Natur, die Wälder und auch auf das Wild gesteigert. Doch als Jäger müssen wir auch künftig viel mehr und stärker mit anderen Naturraumnutzern kommunizieren. Nebeneinander geht alles, Jagd, Wandern, Mountainbiken. Corona hat gezeigt, wie schnell es gehen kann, dass die Natur der einige Rückzugsort ist. Aber ebenso wie beim Straßenverkehr braucht es auch hier ein Regelwerk, Spielregeln. Heute gibt es über 50 registrierte Raumnutzergruppen. Doch neben ihnen haben (gerade) auch die
Wildtiere ihre Berechtigung.

Inwieweit hat der Klimawandel seine Auswirkungen auf die Jagd?

Der Klimawandel wird viel verändern in der Land- und Forstwirtschaft und somit auch in den Lebensräumen unserer Tiere. Man muss sich anpassen aber auch respektieren, dass unsere heimischen Wildtiere einen Lebensraumanspruch und eine Nutzungsberechtigung haben. Gerade das Thema »Wolf« ist größer denn je.

Inwiefern ist der Wolf ein Thema für uns?

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Der Wolf hat einen unnötig hohen Schutzstatus. Einst ausgerottet, hat er sich inzwischen in Europa etabliert und breitet sich radikal aus. Das Gesetz hierzulande wurde nie verändert und daher überlegt das EU-Parlament den Schutzstatus zu ändern. Der Wolf wird in unserer Kulturlandschaft nur schwer integrierbar sein und wir müssen dem entgegenwirken.


Lisi Brandlmaier
Lisi Brandlmaier
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