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CEO Moët Hennessy: »Für mich ist Luxus Anspruch, Perfektion zu erreichen«

Mit dem Amtsantritt des Luxemburgers Philippe Schaus Ende 2017 hat sich einiges bei Moët verändert. Im Interview spricht der Geschäftsführer über den Einsatz moderner Technologien in der Weinherstellung, erklärt, warum die Verantwortung gegenüber der Umwelt fast wichtiger ist als Kundenwünsche – und warum Luxus über finanzielle Werte hinausgeht.

FALSTAFF: Wird Moët Hennessy schon 2030 ein dezidiert »grünes« Image haben?

PHILIPPE SCHAUS: Nachhaltigkeit ist von vitaler Bedeutung. Moët Hennessy besteht aus 27 Marken, die teils bis zu 300 Jahre alt sind. Wenn wir ein Weingut an zukünftige Generationen weitergeben, übergeben wir immer auch die Böden. Nachhaltigkeit war also schon immer dabei. Aber heute ist sie wichtiger denn je: Unseren Carbon Footprint zu reduzieren, Böden zu schützen und zu regenerieren, das sind existenzielle Themen für uns.

Machen Sie das, weil die Kunden es verlangen?

Die ehrliche Antwort ist: nein. Es geht in erster Linie um uns und unsere Mitarbeiter. Wir müssen handeln und unter Beweis stellen, dass wir uns wirklich um die Böden und die Bewahrung der Güter kümmern. Wir werden auch unsere Mitarbeiter nur halten können, wenn wir nach Lösungen suchen, um künftigen Generationen eine bessere Welt zu übergeben. Und ich kriege auch zu Hause von meinen Kindern die Frage gestellt: Was macht Ihr als Unternehmen, um den Planeten zu retten? Dasselbe gilt für unsere Aktionäre: Die meisten von ihnen investieren in Organisationen, bei denen Aspekte der Nachhaltigkeit zentral für die Unternehmensstrategie sind. Und natürlich müssen wir es zukünftigen Generationen ermöglichen, den Reichtum unserer Terroirs zu genießen. Unsere Praktiken müssen sich ändern, damit unsere Produkte ihr exzellentes Niveau halten können.

Man spricht von LVMH als »Luxusgüterkonzern«. Was ist Luxus für Sie, abgesehen von rein monetärem Wert?

Man kann beim Stichwort Luxus an eine Yacht denken oder an ein Palasthotel. Aber es gibt auch Luxus, der erschwinglich ist, wie eine Flasche Veuve Clicquot oder Hennessy V.S. Für mich ist Luxus der Anspruch, Perfektion zu erreichen. Es ist wunderbar, wenn Menschen einmal im Jahr eine Flasche Krug probieren können oder auch einmal im Leben. Speziell, wenn es um Alkohol geht, kommt es ja nicht auf Menge an, er muss immer verantwortungsvoll konsumiert werden. Ganz persönlich habe ich bemerkt, dass meine Gäste sehr viel zurückhaltender trinken, um das Produkt wirklich wertschätzen zu können, wenn ich einen guten Wein zum Essen serviere. Und das schafft auch starke Erinnerungen: Auch nach ein paar Jahren erinnert man sich noch an die Erfahrung, ein Glas Krug-Champagner getrunken zu haben. Das ist Luxus, es kommt alles zusammen: mit Maßen ein hochwertiges Produkt genießen und sich Zeit für die Verkostung nehmen. Wir sprechen bei Moët Hennessy auch gerne davon, dass es unser Metier ist, Erlebnisse zu erschaffen (»Crafting Experiences«).

Sie haben unter anderem einen Ingenieurtitel in Aerospace Engineering. Braucht man als CEO von Moët Hennessy auch »Rocket Science«?

Ingenieurseigenschaften können helfen: mit Rationalität, Realismus, Pragmatismus und der Fähigkeit, Zusammenhänge zu verstehen. Aber Ingenieur--Tugenden braucht es auch ganz konkret beim Weinmachen. Wir produzieren zum Beispiel exzellente Roséweine in der Provence, wo uns Château Minuty, Château d’Esclans und Château Galoupet gehören. Die Führungsposition, die diese Weine in der Welt des Rosé einnehmen, wurde dank der Stilsicherheit unserer Mitarbeiter und mit der Hilfe von neuster Spitzentechnologie möglich. Natürlich behalten Terroir und Tradition ihre zentrale Bedeutung. Aber um das beste Produkt zu erzeugen, braucht es auch die fortschrittlichste Technologie: Um einen frischen, aromatischen, leicht zu trinkenden Wein zu garantieren, nutzen wir Temperaturkontrolle schon vom Moment der Lese der Trauben weg, was extrem wichtig ist. Technologie hilft uns auch, den Sauerstoffkontakt zu minimieren. Komplexe Pressen gestatten es, nur die für den Roséwein besten Inhaltsstoffe zu extrahieren. Ich kann jede Verbraucherin und jeden Verbraucher nur bitten, einmal eine Blindprobe zu machen zwischen Minuty, d’Esclans oder Galoupet und irgendeinem Basis-Rosé. Da werden Sie feststellen, welch großen Unterschied es macht, ob man diesen technologischen Aufwand betreibt oder nicht.

ZUR PERSON

Der gebürtige Luxemburger Philippe Schaus (*1963) war bei J. P. Morgan tätig, bei der Boston Consulting Group sowie bei Villeroy & Boch, bevor er zu Louis Vuitton Malletier und schließlich als CEO zu Moët Hennessy kam.


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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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