Didier Mariotti im Falstaff Talk.

Didier Mariotti im Falstaff Talk.
© Veuve Clicquot/Clos Colin

»Es geht um Struktur und Textur«: Veuve Clicquot-Kellermeister Mariotti im Gespräch

Frische und Lebendigkeit sind der Kern des Champagners. Und genau ihm setzt der Klimawandel massiv zu. So ist es kein Wunder, dass Didier Mariotti schnell vom „Food Pairing“ auf die Herausforderungen für die weltbekannte Weinregion kommt – mit überraschenden Einsichten!

Der Rahmen war passend für Veuve Clicquots Flaggschiff »La Grande Dame«: Sternekoch Tohru Nakamura war Gastgeber des eindrucksvollen »Garden Gastronomy«-Dinners in den Kräutergärten der Bio-Gärtnerei »Kinaria« in München.

Unter freiem Himmel wurden feine Speisen rund um das Thema Gemüse- und Kräutervielfalt aufgetischt, die ausschließlich für das »La Grande Dame« Menü ausgewählt wurden. »Champagner benötigt zarte und leichte Produkte«, ist auch das Credo des elften Kellermeisters in der Geschichte der bekannten »maison de Champagne«: Didier Mariotti führte vertikal durch den Vergleich der Jahrgänge bis zurück zur »La Grande Dame 1990«. Dabei gab er FALSTAFF auch Einblicke in seine Gedanken zu Assemblage, Klimawandel und Bio-Anbau in der Champagne.

Tohru Nakamura & Didier Mariotti
© Veuve Clicquot
Tohru Nakamura & Didier Mariotti

Didier Mariotti im Falstaff Talk

Falstaff: Monsieur Mariotti, seit 2019 sind Sie der verantwortliche Kellermeister im Champagnerhaus Veuve Clicquot. Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen großen Kellermeister aus?

Monsieur Mariotti: Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, zuallererst muss man passioniert sein. Wenn man nicht absolut liebt und lebt was man tut, dann verliert man seine Kreativität. Man muss zudem den absoluten Respekt für die Natur mitbringen, denn die Natur gibt uns die Früchte, die es uns erst möglich machen, einen großartigen Wein zu kreieren. Es bereitet mir eine große Freude mit meinem Team zu arbeiten, meine Vision mit ihm zu teilen, zuzuhören und weiterzubilden. Und man benötigt natürlich auch eine Vision für das Haus, für das man arbeitet.

Falstaff: Also: Was wäre denn Ihre Vision?

Monsieur Mariotti: Ich möchte die konstant hochwertige Qualität von Veuve Clicquot natürlich jedes Jahr halten, was immer wieder eine große Herausforderung ist. Der Fokus liegt auf jeden Fall auf „La Grande Dame“, welcher sich durch die ausgezeichneten Pinot Noir-Trauben von anderen Prestige-Cuvées abhebt. Und dann gibt es da auch noch ein bis zwei weitere Bereiche, wie die Nachhaltigkeit zum Beispiel.

Falstaff: Sie haben Herausforderungen angesprochen; wie hat sich der Weinbau in der Champagne durch den Klimawandel verändert?

Monsieur Mariotti: Zuerst stellt sich mir die Frage, was wir tun können, um die Auswirkungen des Klimawandels verringern zu können. Wir versuchen, so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Seit 2017 verwenden wir beispielsweise keine Herbizide mehr, was keine leichte Entscheidung war, weil wir viele Arbeitsabläufe stark verändern mussten. Am Ende erzielen wir jedoch ein besseres Ergebnis, da die Wurzeln der Rebstöcke tiefer reichen, weil sie nicht mehr gedüngt werden.
Wir betreiben noch keinen kompletten Bioanbau, aber wir haben bereits Parzellen, die komplett biologisch sind. Es ist ein langer Prozess, und wir versuchen sanfte und gut durchdachte Entscheidungen in dieser Hinsicht zu treffen und das Thema ganzheitlich zu betrachten. So werden wir zum Beispiel auch den CO2-Ausstoß und den Wasserverbrauch verringern.

Falstaff: Kommen wir zur leichteren Kost. Welche Speisen kombinieren Sie am liebsten zur „Grande Dame“?

Monsieur Mariotti: Ich liebe die Kombination mit der japanischen Küche, welche sehr pur ist und sich auf das Produkt fokussiert. Champagner benötigt stets Produkte, die sehr zart und leicht sind, wie etwa Sushi, Sashimi oder Tempura.

Falstaff: Wie würden Sie einem Novizen den „La Grande Dame 2012“ in unserem Glas beschreiben?

Monsieur Mariotti: Vertikal! Ich beschreibe Weine selten in Form von Geschmacksrichtungen. Für mich gibt es zwei wesentliche Faktoren, wenn es darum geht, den Wein zu kosten und zu fühlen: die Struktur und die Textur. Um Ihnen eine Idee zu geben, was ich damit meine: Die Struktur eines Weins ist wie die Struktur eines Stuhls. Der Stuhl kann hoch sein wie ein Barhocker oder auch sehr niedrig, und in diesem Vergleich spiegelt sich auch die Stärke und Energie des Weins wider. Die Textur beschreibt, wie man sich fühlt, wenn man auf dem Stuhl sitzt, also wie man sich fühlt, wenn man den Wein im Gaumen spürt. „La Grande Dame“ 2012 ist sehr intensiv und vollmundig, und besticht durch Charakter und Eleganz.

Falstaff: Monsieur Mariotti, vielen Dank für das Gespräch. Santé!

Julia Hamester
Mehr zum Thema