© Matteo Pavana

Italienisches Glück auf 1.000 Metern

Via Carpi ist Köchin und Bäuerin aus Leidenschaft. Über eine Politikwissenschaftlerin, ein Stadtkind und wie sie durch die Suche nach einem Motorrad das große Glück in der Natur fand.

Wie sieht eigentlich die Geburt eines Buches aus? Das erste mal gestellt hat sich diese Frage der Autor dieses Textes beim lesen von Via Carpis »Cecina e giardino«. Explizit von einer Geburt schreibt die Autorin auf den ersten Seiten. Es klingt alles ein bisschen nach Kitsch. Nach Heimatfilm. Aber eine Vorstellung davon, wie Carpi die Welt um sich herum zu begreifen scheint, wird dabei bereits zu Beginn klar. Und man nimmt ihr diese ab: »Dieses Buch ist hier auf dem Bergbauernhof geboren. Seite für Seite wächst es seither zwischen dem großen Schreibtisch in der alten Stube und meiner Selbstversorgerküche heran.« Das Schreiben eines Buchs, ein organischer Prozess, so wie alles am Hof des ursprünglichen Stadtkinds.

Gemeinsam mit ihrem Mann Renzo und ihren drei Kindern bewirtschaftet Via Carpi den Hof am Mas del Saro.
© Matteo Pavana
Gemeinsam mit ihrem Mann Renzo und ihren drei Kindern bewirtschaftet Via Carpi den Hof am Mas del Saro.

Zieht eine Geisteswisschaftlerin auf einen Berg

Studiert hat die heutige Bergbäuerin ursprünglich Poltikwissenschaften in Florenz. Erst mit 27 Jahren zog Carpi auf den Hof »Mas del Saro«. 1.000 Meter über dem Meeresspiegel, ringsum die die Natur des Südtiroler Fersentals – das Wissen zu unterschiedlichen Staatssystemen und internationalen Beziehungen helfen einem hier eher semi. »Ich hatte keine Ahnung vom Kochen«. Also lernte sie es. Besser ihre persönliche Art des Kochens. Und das im »Gleichschritt mit meinem Werdegang als Bäuerin«. 

Im Buch spricht die Autorin über ihr Leben auf dem Hof, die Arbeit auf dem Hof und in der Küche – und wie es eigentlich dazu kam.
© Matteo Pavana
Im Buch spricht die Autorin über ihr Leben auf dem Hof, die Arbeit auf dem Hof und in der Küche – und wie es eigentlich dazu kam.

Vom Motorrad zum Bauernhof

Inzwischen bewirtschaftet Carpi mit ihrem Mann und ihren drei Kindern seit 21 Jahren den Hof. Schuld an diesen über zwei Dekaden am Berg hat der Wunsch nach einem Motorrad. »Mein Mann Renzo fuhr Motorrad und mich langweilte es, immer nur hinten mitzufahren.« Bei der Such nach einem gebrauchten Motorrad stieß sie dann auf eine Anzeige mit dem Titel »Alleinstehendes Haus im Fersenteil, für echte Naturliebhaber«. Eine zufällige Begegnung, die zur großen Liebesgeschichte werden sollte. 

Neben einem Obst- und Gemüsegarten hält Carpi auch Schafe und Schweine – ihre Rezepte hält die Autorin aber bewusst eher vegetarisch.
© Matteo Pavana
Neben einem Obst- und Gemüsegarten hält Carpi auch Schafe und Schweine – ihre Rezepte hält die Autorin aber bewusst eher vegetarisch.

Treuer Begleiter 

Eine Liebesgeschichte, die, auf über 200 Seiten, eher von Rezepten unterfüttert daherkommt, als ein klassisches Kochbuch sein zu wollen. Eine Geschichte über den radikalen Schnitt im Leben eines Menschen, dem Leben jenseits der ungeteerten Straßen auf rund 1.000 Metern über dem Meeresspiegel. Und ein Weggefährte: »Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch in seiner bäuerlichen Einfachheit zu einem treuen Begleiter wird, egal ob in der Küche, im Gemüsegarten oder beim nächsten Marktbesuch.« Was das Buch in jedem Fall ist: Der Einblick in einer andere Welt – und in das Leben von Menschen, die sich zwar durch einen Zufall, aber doch ganz bewusst für dieses Leben entschieden haben.


Zwei Rezepte aus dem Buch

 

Cucina e giardino
80 Rezepte aus meinem italienischen Bauerngarten
Vea Carpi
Raeti
256 Seiten
30 Euro (D/A)
ISBN 978-88-7283-834-1

Felix Moßmeier
Felix Moßmeier
Digitalredakteur
Mehr zum Thema