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Käse aus den Niederlanden und Belgien: Das gelbe Gold

Neben Tulpen, Windmühlen und Holzschuhen sind auch Käselaibe ein Symbol für die Niederlande. Ein Abstecher in das historische Käseland und zu seinem Nachbarn Belgien.

Es gibt wohl keinen anderen Käse, den man so leicht mögen kann wie den Gouda: Die Sorte wird dank ihres zugänglichen Aromas – süßlich, nussig, mild – auf Broten und Käseplatten immer gerne gesehen. Auch Kochen und überbacken kann man damit wunderbar. Und diese Vielseitigkeit macht sich im Absatz bemerkbar: Mit einem Verkaufswert von über 82 Millionen Euro (2022) ist Gouda mit Abstand die beliebteste Käsesorte der Österreicher und liegt ganze 17 Millionen vor der zweitplatzierten Mozzarella.

Das Interessante am Gouda ist aber, dass die Sorte nach einem Ort benannt ist, an dem sie gar nicht hergestellt wird. Die Stadt, die 25 Kilometer von der bedeut­samen Hafenstadt Rotterdam entfernt liegt, war vielmehr der Handelsplatz für Käse von Bauern aus der Region. Mit strengen Kontrollen sicherte die Stadtverwaltung zur Hansezeit eine hohe Qualität. Bis heute ist der Käsemarkt von Gouda eine beliebte holländische Attraktion. Er erinnert an einen florierenden Käsehandel vor mehreren Jahrhunderten. Außerdem zeigt er, dass es in der holländischen ­Käsegeschichte zu gleichen Teilen um ­kulinarisches Handwerk wie um Unter­nehmertum geht.

Käse ist nämlich ein ausgezeichnetes Exportprodukt: gesund, haltbar, kompakt und unkompliziert zu transportieren. Im Vergleich zur trinkfertigen Milch hat beispielsweise Goudakäse rund sechsmal so viele Kalorien und sogar fast zehnmal so viel Fett und Eiweiß pro 100 Gramm. Im wertvollen Käse wird also das Beste aus der Milch auf engem Raum »gespeichert« – daher der Spitzname »gelbes Gold«. ­Außerdem enthält gereifter Käse, also alle Schnittkäse- und Hartkäsesorten, keine Laktose mehr und ist damit seit jeher für mehr Menschen bekömmlich gewesen als Trinkmilch, denn Laktoseintoleranz war schon immer verbreitet.

Käsemarkt in Alkmaar. Die Gilde der Käseträger setzt sich aus 30 Männern und einem »Käsevater« zusammen. Genau wie der Markt besteht sie seit 1593.
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Käsemarkt in Alkmaar. Die Gilde der Käseträger setzt sich aus 30 Männern und einem »Käsevater« zusammen. Genau wie der Markt besteht sie seit 1593.

Schon Cäsar kannte holländischen Käse

Seit Jahrhunderten sind die Niederlande weltweit führend in der Milchproduktion. Die dortige Käseproduktion war sogar schon Julius Cäsar ein Begriff: Im Jahr 57 vor Christus berichtete er in seinen »Commentarii de Bello Gallico« vom Käse­verzehr in der Region. Der ganzjährige  Niederschlag und das üppige grüne Gras in den Niederlanden bieten beste Voraussetzungen für Milchkühe. Um die Milch haltbar zu machen, wurde daraus Käse hergestellt. Heute produzieren die Niederlande jährlich rund 650 Millionen Kilo Käse.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde der holländische Käse überwiegend auf den Höfen hergestellt. Mittlerweile haben ­Fabriken den Großteil der Käseproduktion übernommen, aber einige traditionelle ­Betriebe haben sich gehalten, etwa die ­Käserei Reypenaer in Woerden.

Einblicke in die holländische Käse­geschichte erhält man auch in Alkmaar nördlich von Amsterdam. Dort findet von April bis September jeden Freitag ein ­Käsemarkt statt, der seit über 400 Jahren Tradition hat. Am »Wiegeplatz« (Waagplein) kann man Mitglieder der 1593 gegründeten Käserzunft (Kaasdragersgilde) beobachten, die sich bis heute an strenge Verhaltensregeln und Dresscodes halten. Außerdem befindet sich in Alkmaar das holländische Käsemuseum (Hollands Kaasmuseum).

Käse aus Belgien

Obwohl das Nachbarland Belgien in Sachen Käse im Schatten der Holländer steht, haben sich auch dort schmackhafte Sorten herausgebildet. Die Lage am Meer begünstigt das Klima und die Weiden der Milchkühe, und so mancher mittelalterliche Klosterkeller wird noch als Reiferaum verwendet. Apropos Kloster: Der Herver Käse, Bel­giens einzige geschützte Sorte, wurde ursprünglich von Mönchen entwickelt. ­Später diente er als Vorlage für den in Deutschland perfektionierten Limburger.

Heute pflegen einige belgische Käsereien diese kulinarische Tradition und wagen auch den Schritt zu neuen Sorten. Während man bei Brugge Kaas auf Klassiker mit langer Reifezeit setzt, bringt die Little Cheese Farm aus Lotenhulle Abwechslung in die Käseregale: Es wird nicht nur Milch von den eigenen Kühen verarbeitet, sondern auch mit Ziegen- und sogar mit ­Büffelbauern aus der Region zusammen­gearbeitet. Die Käsekunst setzt also nach wie vor auch Unternehmergeist voraus – heute wie in der Hansezeit.


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Lisa Arnold
Autor
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