Das Warten fällt mit einer Tasse Tee bekanntlich leichter. 

Das Warten fällt mit einer Tasse Tee bekanntlich leichter. 
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Kulinarische Redewendungen: Abwarten und Tee trinken

Wer ungeduldig auf etwas wartet, bekommt oft zu hören: »Abwarten und Tee trinken«. Falstaff verrät, was ein Schäfer damit zu tun hat und welche Mythen sich sonst noch um die Redewendung ranken.

Sich in Geduld zu üben ist eine Kunst, vor allem, wenn man keinen direkten Einfluss mehr auf eine Situation nehmen kann: Ob man krank im Bett liegt, auf die Ziehung der Lottozahlen wartet oder sich die Verkündung von Prüfungsergebnissen herbeiwünscht. In genau solchen Fällen heißt es oft: »Abwarten und Tee trinken«. Doch welchen Hintergrund hat diese Redewendung eigentlich? 

Literaturkreise der Biedermeierzeit

Um die Herkunft der Redensart, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts etabliert haben soll, ranken sich verschiedene Mythen und Erklärungsversuche. Einer davon zielt auf die literarischen Abende der Biedermeierzeit ab: An diesen wurde traditionell Tee serviert, der von dem ein oder anderen Schriftsteller und Dichter gern mit einem Schuss Rum verfeinert wurde. Als Resultat fiel die literarische Diskussion spärlicher aus, weshalb der Tee laut Überlieferung während der Literaturkreise immer später gereicht wurde. In diesem Fall galt es also erst zu warten und dann Tee zu trinken. 

Viktorianisches Zeitalter und Nationalsozialismus

Eine andere Erklärung wird dem Viktorianischen Zeitalter zugesprochen: Damals waren die Briten nicht nur für ihre »Teatime« bekannt, sondern auch für ihre Bedachtheit und lange Beratungszeit, wodurch die Verbindung beider Eigenschaften herrühren kann. Auch im Nationalsozialismus findet sich ein Herleitungsversuch der deutschen Redewendung: Für den Gynäkologen Walter Stoeckel bestand hier eine Verbindung zum Schwangerschaftsabbruch, da der Aufguss giftiger Kräuter und deren Verabreichung zur Abtreibung eine gängige Praxis darstellte.

Kräuterheilkunde

Die wahrscheinlichste Herleitung der heute noch gebräuchlichen Redewendung soll aber auf den kräuterheilkundigen Schäfer Heinrich Ast zurückgehen, der ungeduldige Patienten dazu aufgefordert haben soll, bis zur vollständigen Genesung der Krankheit Ruhe walten zu lassen. Zur Unterstützung der schnellen Heilung riet er zu Kräutertees, die überdies die Nerven der Patienten beruhigen sollten. Dank seiner medizinischen Erfolge entwickelte sich Ast immer mehr zu einem gefragten Heiler.


Pia Schorlemmer
Pia Schorlemmer
Autorin
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