Der Edelbrand gehört zu den heimischen Erfolgsgeschichten. Obst, Beeren und Wurzeln in bester Qualität und ausschließlich aus Österreich werden dafür verarbeitet.

Der Edelbrand gehört zu den heimischen Erfolgsgeschichten. Obst, Beeren und Wurzeln in bester Qualität und ausschließlich aus Österreich werden dafür verarbeitet.
© Shutterstock

Tradition mit großer Zukunft: Warum die österreische Brennereiszene so beeindruckt

Edelbrände aus heimischen Früchten haben im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition. Die Resultate der Spirits Trophy 2023 zeigen, dass das Niveau dieser Brände bemerkenswert hoch ist – von Williamsbirne über Vogelbeere bis zum Kirsch.

Die Idee, bäuerliche Produkte zu »Schnaps« zu verarbeiten, ist wahrscheinlich so alt wie die Destillation selbst. Viele Grundbesitzer nahmen für sich das alleinige Recht für die Herstellung von Bränden in Anspruch, eine gesetzliche Regelung erließ Maria Theresia im 18. Jahrhundert. Nach diesem Theresianischen Brennrecht durften »rechtschaffende, fleißige und ordentliche Bauern« bis zu einem gewissen Grad die selbst angebauten Früchte zu Bränden weiterverarbeiten. Meist bezog sich das auf Fallobst von Streuwiesen, um den Verderb der Früchte zu verhindern. Noch heute finden sich Hinweise wie »vom Bauern« oder «Bauernschnaps« auf vielen Etiketten. Es manifestiert sich diese Tradition durch die hohe Anzahl an Abfindungsbrennern, die im Rahmen ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeiten eigene Erzeugnisse zu Bränden veredeln, wobei ein Maximum von 300 Litern Alkohol pro Kalenderjahr vorgeschrieben ist. Das strenge Brennrecht des Staates Österreich sieht bei einer Steuerbegünstigung der Branntweinsteuer nur eine Direktvermarktung der Erzeugnisse vor. Landwirtschaften, die sich auf das Maria-Theresien-Brennrecht berufen können, können die Brennlizenz vererben – der Verkauf derselbigen ist nicht mehr erlaubt – und dürfen 400 Liter im Jahr erzeugen. Das Recht bezieht sich auf Obst. Getreide ist – bis auf Ausnahmefälle – nicht zur Verarbeitung gestattet.

Verschlussbrennereien sind rechtlich gesehen Gewerbebetriebe, die nach einer Anmeldung ihre Tätigkeit aufnehmen können. Sie dürfen Rohstoffe zukaufen und müssen ab einer Menge von 400 Liter pro Jahr den vollen Steuersatz abführen. Hier wird auch oft die Vermarktung über Händler genutzt.

Alois Gölles erzeugt seine Edelbrände nach dem traditionellen Doppelbrennverfahren in Kupferkesseln.
© Gölles
Alois Gölles erzeugt seine Edelbrände nach dem traditionellen Doppelbrennverfahren in Kupferkesseln.

Qualitätssteigerung im 20. Jahrhundert

Während in alten Zeiten eher das Obst, das sonst nicht verkauft werden konnte, in Maischebottich und Brennblase landete, war die Qualität des Rohmaterials sekundär. Dementsprechend sahen oft auch die Ergebnisse des Brennvorgangs aus. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders ab den 80er-Jahren, setzte sich ähnlich wie im Weinbau in der Brennerszene die Erkenntnis durch, dass nur beste Ausgangsmaterialien zu besten Ergebnissen führen können. Dieser Wille zur Qualität wurde von Vorreitern wie Alois Gölles, Hans Reisetbauer, Valentin Latschen (Pfau Destillerie) und Karl Holzapfel vorangetrieben und konsequent umgesetzt. In dem von ihnen herausgegebenen »Buch vom Edel Brand – Quinta Essentia« wird die Entwicklung ausführlich dokumentiert. Weitere Ausnahmehersteller wie der Tiroler Günter Rochelt, der bereits in den 1970ern die Qualität im Fokus hatte, Martin Schosser aus Oberösterreich, Franz Miglbauer vom Sammerhof, die Familie Vogl der Brennerei Guglhof in Hallein und viele andere, die aufzuzählen den Rahmen sprengen würde, vermehrten das Renommee der heimischen Edelbrände stetig. Die Förderung der Qualität ist nicht zuletzt auch der Verbesserung von Ausbildungen, Brenntechnik und dem allgemein gestiegenen Bewusstsein für Qualität zu verdanken.

Der Kärntner Valentin Latschen gehört mit seinen »Pfau«-Bränden zu den Pionieren, für die nur beste Früchte gut genug für die Brennblase sind.
© Ferdinand Neumüller
Der Kärntner Valentin Latschen gehört mit seinen »Pfau«-Bränden zu den Pionieren, für die nur beste Früchte gut genug für die Brennblase sind.

Bekanntheit und Vertrieb

Trotz der hohen Anzahl an ausgezeichneten Brennern ist die Verfügbarkeit der Produkte immer wieder ein Thema. Viele Brennereien verfügen über ein spannendes Portfolio an Bränden, Geisten und meist auch Likören aus eigener Erzeugung, die Vermarktung ist meist auf Verkäufe ab Hof oder auf Wochen- und Spezialmärkten in der Region beschränkt. Das liegt oft auch an der Menge der hergestellten Produkte, denn Brände, die zwar gute Qualität aufweisen, aber nur in kleiner Menge verfügbar sind, sind für größere überregionale Handelsunternehmen, sowohl im Endkunden- als auch im Weiterverkaufsbereich, meist nicht für eine Einlistung interessant. Der Vertrieb über Onlineplattformen wie bauernladen.at kann hier ein wirksames Mittel sein, um den Verkauf breiter aufzustellen. Zahlreiche Brenner wie die Granitdestillerie Mayer, Dollfuss und Arno Pauli nutzen diese Möglichkeit bereits. Potenzielle Kunden können so nach Unternehmen suchen, die passende Produkte anbieten, und erhalten über einen Link den direkten Kontakt zum Erzeuger. Die Produkte können auch gleich online bestellt werden, entweder mit Abholung beim Erzeuger oder per Versand.

Edelbrände in der Gastronomie

Ein »Schnapserl« zum Abschluss? Eigentlich ein Klassiker nach einem guten Menü mit entsprechender Weinbegleitung. Dennoch tun sich viele Gastrobetriebe mit dem Verkauf von Digestifen schwer. Das mag viele Gründe haben: Oft wird hier ins Treffen geführt, dass Gäste nicht gerne zu Hochprozentigem greifen, da sie eventuell noch mit dem Auto unterwegs sind. Sehr vernünftig, allerdings fährt meist nur einer von zwei Gästen mit dem Auto und der Fahrer sollte auch zuvor nicht unbedingt einen Aperitif und die volle Weinbegleitung in Anspruch nehmen. Digestifverkauf, der sowohl die Gäste als auch die Gastronomen zufriedenstellt, läuft immer über die Empfehlung. Damit einher geht selbstverständlich, dass das Servicepersonal über die Produkte Bescheid weiß – eine Erkenntnis, die beim Wein schon lange selbstverständlich ist. Um so ein Niveau zu erreichen, können Ausbildungen wie etwa die zum Edelbrandsommelier herangezogen werden. Viele Brenner habe so eine Ausbildung inzwischen vorzuweisen, nun sollte man sie auch in der Gastronomie forcieren. Natürlich konkurriert man mit internationalen Produkten, die oft leichter verfügbar sind, dennoch braucht der österreichische Edelbrand in der Qualität keinesfalls den Vergleich zu scheuen. Wünschenswert wäre die aktivere Nachfrage vonseiten der Gäste.

Schnaps – next Generation

Inzwischen drängen viele junge Erzeuger auf den Markt. Zum Teil sind es die Kinder oder Schwiegerkinder, die teilweise oder vollständig die Arbeit der (Schwieger-)Eltern fortführen. So stieg Alexander Rainer 2003 in die Brennerei seines Schwiegervaters Günter Rochelt ein. David Gölles und Hans Reisetbauer jun. verfolgen eigene Projekte, die oft über das klassische Schnapsbrennen hinausgehen. Gölles konnte mit Ron Johan, Hands On Gin und Ruotkers Whiskey Erfolge feiern. Hans fertigt seine Edelbrandlinie Brandstatt und hat mit Johanna Markowitsch, ihres Zeichens Winzerstochter aus Göttlesbrunn, den Jojo Weinaperitif entwickelt.

Die Edelbrandverkostung

Auch dieses Jahr gab es eine erfreuliche Anzahl an Einreichungen im Bereich der Edelbrände und Geiste, die einen schönen Blick auf die vielseitige Szene erlauben. Das allgemeine Niveau der Produkte ist bemerkenswert hoch. Bei mehr als 125 Proben konnten über 40 Destillate mit mehr als 90 Punkten bewertet werden. Im Spitzenfeld finden sich sieben Produkte, die die Jury mit 98 oder mehr Punkten überzeugten. Gleich zwei Brenner aus dem Salzkammergut, das sich über das Grenzgebiet der heutigen Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Steiermark erstreckt, konnten das Maximum von 100 Punkten für ihre Produkte verbuchen. Nach Meinung der Jury kann dem Mandarinenbrand von Sammerhof und dem Kaisertröpferl Rote Williamsbirne des Edelbrandsommeliers Matthias Gasteiger aus Bad Ischl Perfektion zugesprochen werden.

Klassiker auf dem Vormarsch

Überhaupt machen die Klassiker das Rennen, weitere drei Williamsbirnen Rosner (99 P), Dopplebauer (96 P), Hans Krenn (95 P) und die Saubirne von Gölles (97 P) sind ganz weit vorne. Die Vogelbeeren von Gölles (Vogelbeere XA) und Reisetbauer erreichten beide 98 Punkte. Sammerhofs Vogelbeere im Maulbeerfass war der Jury 96 Punkte wert. Abgerundet wird der Reigen dieser klassischen Brände durch hervorragende Zwetschken: Auch hier kann Matthias Gasteiger mit 96 Punkten glänzen. Nicht weit dahinter sind Manfred Höck´s Crownhill Zwetschkenbrand und die Alte Zwetschke von Kaufmann Spirits zu finden (beide 95P).

Österreichische Vielfalt

Die Exotik hat in der Welt edler Brände und Geiste längst Einzug gehalten. Neben der erwähnten Top-Mandarine sind Orangen und Zitronen hoch im Kurs. Zu einem Edelbrand verarbeitet hat diese Manfred Höck (Crownhill Orangenbrand 96 P), mittels Vergeistung brachte es Rosners Zitrone auf die gleiche Punktzahl. Matthias Wendelins Blutorangengeist schmeckte ebenso ausgezeichnet und erhielt 93 Punkte. Aber auch Lemongrass, Ingwer, Rosmarin und Tonkabohnen wurden in Hochprozentiges verwandelt und sorgten für Begeisterung beim Verkosterkreises. Die fassgelagerte Banane kann hier auch als besonders kreativ verbucht werden. Auch aus Karotten kann exzellenter Brand gemacht werden, wie Hans Reisetbauer mit seinen Karottenbrand (94 Punkte) beweist.

Kreativität, Qualität und Lebendigkeit wird heute in der österreichischen Brennerszene großgeschrieben. Dass neben den unverwüstlichen Klassikern auch immer wieder viel Innovatives in den Gläsern der Nation landet, zeugt davon, dass dieses Kulturgut bei unseren Erzeugern gut aufgehoben ist.

Bereits seit Jahren zählen die Produkte aus der Brennerei von Hans Reisetbauer und seinem Sohn zur internationalen Elite.
© HELGE KIRCHBERGER Photography
Bereits seit Jahren zählen die Produkte aus der Brennerei von Hans Reisetbauer und seinem Sohn zur internationalen Elite.

Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Erschienen in
Spirits Special 2023

Zum Magazin

Erhard Ruthner
Erhard Ruthner
Autor
Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
Mehr zum Thema
Österreich mit seinen vielfältigen Obstbaumkulturen ist ein hervorragender Boden für Fruchtbrände.
Vienna Bar- & Spiritsfestival 2022
Von Apfel bis Zitrus
Edelbrände aus Österreich zählen national wie auch international zu den feinsten und...
Von Erhard Ruthner
Likör
Sommer-Sake-Cocktail
Dieser Drinkt stammt aus dem »The Japanese Restaurant« des »The Chedi Andermatt« in der...
Spirits
Edel & teuer: Luxus-Spirituosen
Falstaff präsentiert zehn besonders rare wie teure Spirituosen, die auf ganzer Linie für...
Von Juliane E. Reichert, Benjamin Herzog